In den ersten Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts wird Europa von
einer sozialen Krise erschüttert, welche die Einheit und
Macht der Kirche in Frage stellt und einen tiefgreifenden Wandel
der politischen Lage, aber auch des Denkens und der Kunst mit
sich bringt. In weiten Teilen Süddeutschlands und der Schweiz,
insbesondere in Straßburg und Basel, entstehen reformierte
Kirchen, die sich von der Amtskirche lossagen. Die Heiligenbilder,
die in großer Zahl in den Gotteshäusern aufgestellt
sind, werden als Symbole einer überholten Auffassung vom
Gottesdienst Opfer methodischer und weitreichender Zerstörung.
Aber nicht nur die Reformation mit ihren liturgischen Erneuerungen
hat das Antlitz der Kirchen grundlegend verändert und zahlreiche
Bilder zerstört. Eine ähnliche Krise ist beispielsweise
auch in der Gegenreformation zu beobachten.
Im ersten Teil der Ausstellung wurde die Frage nach den Ursprüngen
des christlichen Bildes und der Verehrung der Heiligenbilder im
Mittelalter gestellt. Der zweite Teil dokumentierte die Kritik,
die diese Bilder erfuhren, und ihre Zerstörung zu Beginn der
Neuzeit, aber auch im Laufe der Gegenreformation und der Französischen
Revolution. Bruchstücke von Hochaltären, versprengte
Ensembles, vergrabene Statuen, zerkratzte Bilder, zerschlagene,
verunstaltete oder veränderte Plastiken legten Zeugnis ab
von einer bewegten und oft nicht mehr gekannten Vergangenheit.
Kopf des Bischofs Albrecht von Nürnberg, um 1510
- 1520. Bern, Charnier des Sculptures, Museée Hist.
Bern
Organisiert wurde die Ausstellung in Zusammenarbeit mit dem Historischen
Museum von Bern und unter Mitwirkung eines internationalen Forscherteams,
dessen Arbeiten im Ausstellungskatalog veröffentlicht wurden.
Der Katalog erschien in französischer und deutscher Sprache.
Schließlich rief diese Zusammenarbeit die alten Beziehungen
in Erinnerung, welche die beiden Städte seit dem Mittelalter
pflegen. Beziehungen, die sich nicht auf den Bau der jeweiligen
Münster beschränkten, sondern die gerade während
der Reformation besonders eng waren. Die Exponate aus den reichhaltigen
Sammlungen der beiden Museen wurden durch Meisterwerke aus öffentlichen
und Privatsammlungen ergänzt. Sie alle bürgten für
die Qualität der Ausstellung.
Die Ausstellung stand unter der Schirmherrschaft des Generalsekretärs
des Europarats Klaus Schumann, der französischen Kulturministerin
Catherine Tasca und der schweizerischen Kulturministerin Ruth Dreifuss.
Bildersturm. Leben und Tod des mittelalterlichen Bildes
Musée de lOeuvre Notre-Dame Strasbourg, 2001 |