Die
2008 bis 2010 im Pergamonmuseum in Berlin gezeigte Schau
hatte zwei Anlässe. Der eine war der 50. Jahrestag
der Rückgabe „kriegsbedingt verlagerter Kunstgüter“ aus
der damaligen Sowjetunion an die DDR im Jahre 1958, was
sich mit der durch die Restaurierungsarbeiten auf der
Berliner Museumsinsel verursachten Möglichkeit traf,
die in den Depots liegenden Schätze der Antikensammlung
zu heben und der Öffentlichkeit zu präsentieren.
Eine zweifache „Rückkehr der Götter“ also.
Der zweite Anlass war eine sehr konstruktive Zusammenarbeit
mit der brasilianischen Fundação Armando
Alvares Penteado (FAAP) in São Paulo, einer 1947
gegründeten private Stiftung mit verschiedenen angegliederten
kulturellen Einrichtungen – Bibliotheken, Theatern,
Museen –, die ihre Kernaufgabe in der Bildungsarbeit
in einem weit verstandenen Sinne sieht. Diese Kooperation
brachte den Berlinern die Möglichkeit, die für
ein Ausstellungsprojekt vorgesehenen Stücke zunächst
zu restaurieren und dann noch die Finanzierung für
die Ausstellung zweiter Ausstellungskuratoren zu sichern
Höhepunkte der am 20. August 2006 im Museu de Arte
Brasileira in São Paulo eröffneten Ausstellung
waren eine Teilrekonstruktion des Pergamonaltars mit originalen
Skulpturen, Friesfragmenten und Gipsabgüssen, ein
der Aufstellung in der Rotunde des Alten Museums nachempfundener
Reigen von Götterstatuen sowie ein römischer
Villengarten mit marmornen Skulpturen und Ausstattungsgegenständen.
Die Ausstellung konnte in drei Monaten über 257.000
Besuchern zählen. Angesichts dieses Erfolges wurde
noch eine reduzierte Fassung der Ausstellung in der Nähe
von Rio de Janeiro als zweiter Station realisiert und zog
weitere 50000 Besucher an.
Im November 2008 schließlich wurde, nach Abschluss
der Bauarbeiten im Pergamonmuseum und anderer Ausstellungsprojekte
der Berliner Staatlichen Museen, die „Rückkehr
der Götter“ im Pergamonmuseum in ihrer durch
den Architekten Günter Krüger inszenierten Berliner
Version realisiert.
Hauptmonument der Berliner Ausstellung ist natürlich
der Pergamonaltar selbst, der seinerzeit dem Museum seinen
Namen gegeben hatte und 50 Jahre vor Ausstellungseröffnung
wieder nach Berlin zurückgekommen war. Die brasilianischen
Ausstellungsorte mussten sich hier mit Nachbildungen begnügen.
Doch die „Rückkehr der Götter“ hatte
auch noch, wie einleitend erwähnt, einen anderen,
pragmatischeren und zeitgenössischen Aspekt. Zahlreiche
Exponate, unter ihnen vor allem Dutzende von großformatigen
Marmorskulpturen, waren seit Jahrzehnten der Öffentlichkeit
unzugänglich in den Depots gelagert und auch der Fachwelt
nur in sehr eingeschränktem Maße bekannt. Dafür
waren neben konservatorischen Gründen auch andere
Faktoren verantwortlich: Veränderte Sehgewohnheiten
und Geschmackspräferenzen hatten viele Skulpturen,
die in der alten königlichpreußischen Kunstsammlung
und in der Frühzeit des 1830 gegründeten Königlichen
Museums noch hohes Ansehen genossen, in den Hintergrund
treten lassen. Unter dem Eindruck der neuen Grabungsfunde
aus Kleinasien und spektakulärer Einzelankäufe
griechischer Originale erschienen vor allem die römischen
Kopien nach griechischen Vorbildern und die kaiserzeitlichen
Ausstattungsgegenstände als zweitrangig. Ihre erneute
Wertschätzung war erst mit dem massiven Paradigmenwechsel
möglich, der sich in der archäologischen Forschung
seit den späten 1960er Jahren vollzog und der römischen
Kunst Eigenständigkeit und Eigenwert zubilligte.
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