Die europäischen Hunnen
Der Beginn der Völkerwanderung
Zur Zeitenwende beherrschten indogermanische Stämme aus
der Gruppe der mit den Skythen verwandten Sarmaten die Steppe
Osteuropas (Iazygen, Roxolanen, Alanen), im 3. Jahrhundert
kamen die Goten dazu.
Das änderte sich, als ein Teil der so genannten "Schwarzen
Hunnen" in den 70er Jahren des 4. Jahrhunderts die große
Völkerwanderung auslöste. Als Grund wird eine Klimaänderung
vermutet, so dass die Nahrung für die Herden, die Lebensgrundlage
der Nomaden, knapp wurde. Darüber, sowie über die genaue
Herkunft dieser Hunnen, sind jedoch nur Spekulationen möglich.
Unter ihrem Führer Balamir (oder Balamber, dessen historische
Existenz aber zweifelhaft ist) überschritten die Hunnen
die Wolga. Dort zerschlugen sie gegen 374 das Reich der
Alanen im Gebiet der Wolga und des Kaukasus und schlossen
ein Bündnis mit ihnen. Auf der Tauris-Halbinsel (Krim) zerstörten
sie 375 das Reich der Greutungen Ermanarichs (vgl. vor allem
Ammianus Marcellinus, 31, 2f.). Teile der Greutungen flohen
jedoch vor dem Zugriff der Hunnen nach Westen.
In der Folgezeit erreichten die Hunnen die Grenzen des
oströmischen Reiches, so dass die Terwingen ca. 394 aus
dem Schwarzmeergebiet flohen. Zu dieser Zeit scheinen auch
einige hunnische Teilstämme bis in die ungarische Tiefebene
vorgedrungen zu sein. Die oströmische Bevölkerung gab den
Schwarzen Hunnen nun einen Namen, mit dem später alle asiatischen
Reitervölker bezeichnet wurden: Tartaros = Tartaren. (Dieses
Wort können wir mit: "die Teuflischen" übersetzen, da es
vom griechischen tartaroi = "Hölle" oder "Unterwelt"
abstammt.) Mit den Hunnen kam auch eine asiatische Krankheit
nach Europa: die Pocken.
Die Schwarzen Hunnen haben einen geradezu dämonischen Eindruck
auf ihre Feinde gemacht: Bei ihnen war es, nach Angaben
des Jordanes, Sitte, den männlichen Kleinkindern die Gesichter
zu zerschneiden, um den Bartwuchs zu verhindern. Die Krieger
schmierten sich Schwarzerde in die Kampfwunden, damit sich
dort dickhäutige Narben bildeten. Auch praktizierten sie
die Sitte der Schädeldeformation, weshalb viele Hunnen hohe
Turmschädel aufwiesen. Derartig deformierte Schädel wurden
sowohl in Thüringen als auch am Talas (Kirgisistan) gefunden.
Der Oberkopf wurde als äußeres Zeichen ihrer Unterwerfung
kahlgeschoren, da nur der als "Khagan" bezeichnete Hordenführer
das Recht besaß, langes Haupthaar zu tragen.
Bezüglich der Kampftechnik zu Pferde waren die Hunnen den
Europäern weit überlegen: Wie alle zentralasiatischen Reiterhirten
waren auch sie außerordentliche Reiter und Bogenschützen.
Die besten Bogenschützen trugen bunte Bänder in ihren langen
Zöpfen. Mit den Hunnen kam eine revolutionäre Erfindung
nach Europa: stabile Sättel mit eingearbeiteten Steigbügeln.
Die Römer kannten zwar auch leichte Sättel, aber keine Steigbügel.
Durch den stabilen Halt und die Steigbügel war die hunnische
Reiterei in der Lage, beidhändig vom Pferde aus zu kämpfen,
da sie dieses nun mit den Schenkeln lenken konnten. Zwar
führten auch die Europäer einen eingeschränkten Kampf zu
Pferde, doch sie bevorzugten den Kampf von Mann gegen Mann.
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