Die Franken - Wegbereiter Europas

Ein geschichtlicher Hintergrund zur Ausstellung im Reiß-Museum Mannheim

Die Franken und die römischen Städte

 

Erste Begegnungen mit der römischen Welt
Verschiedene Völkerschaften im Frankenreich,
Das Childerichgrab in Tournai,
Chlodwig als Erbe römischer Traditionen
,
Der Aufstieg der Hausmeier,
Die Franken und die römischen Städte
Und die Moral von der Geschicht?

Die römischen Großstädte und Verwaltungszentren wurden von den Franken weitgehend weitergenutzt. Die Mitteilung, die Tacitus von der Lebensweise der Germanen machte, daß sie die städtischen Ansiedlungen mieden und sich lieber auf dem freien Land ansiedelten, kann für den nordgallischen Raum nicht bestätigt werden. Dafür waren die Franken zu nachhaltig mit der römischen Kultur in Berührung gekommen, als daß sie auf die Annehmlichkeiten des städtischen Lebens verzichten wollten.

In der Ausstellung sind Paris, Trier und Köln thematisiert.

Paris, das in der Mitte des 3. Jahrhunderts seinen Namen vom antiken Lutetia zu dem vom gallischen Stamm der Parisii übernommenen modernen Namen ändert, erwarb seine Hauptstadtfunktion für das neue Reich der Merowinger vor allem durch die enge persönliche Beziehung zwischen der Familie König Chlodwigs und der heiligen Genovefa, die bis zu ihrem Tod 502 auch für den ungetauften Chlodwig eine hohe Ausstrahlung ausübte.

In der Anlage der über dem Grab der Heiligen errichteten Basilika zeigt sich bereits der Rang, den Chlodwig einzunehmen gewillt ist: Er bestimmt sie zur Grablege seiner Familie, weiht sie den Aposteln Peter und Paul und knüpft damit bewußt an die Grabkirche Kaiser Konstantins in Konstantinopel an.

Das politische Zentrum von Paris befindet sich seit der römischen Zeit auf dem linken Seine-Ufer, in merowingischer Zeit entsteht auf der Ile de la Cité der Bischofsbezirk mit seinem Kranz von Kirchen. Es kennzeichnet die besondere Stellung von Paris, daß die Stadt seit Chlodwig Hauptstadt des Merowingerreiches und später Frankreichs war, und auch in den Zeiten der Teilung des Reichs immer gemeinsame Königshauptstadt blieb.

Das antike Trier, das zunächst in der Mitte des 5. Jahrhunderts noch zum Bereich des römischen Statthalters Syagrius gehörte und von einem fränkischen Militärbefehlshaber Arbogast verwaltet wurde, ändert mit dem Eindringen der Franken sein Erscheinungsbild und seine innere Struktur wenig, höchstens die Siedlungsfläche innerhalb des antiken Mauerrings geht zurück. Für die Topographie der Stadt charakteristisch ist, daß einige Großgebäude kontinuierlich - allerdings mit anderer Zweckbestimmung - weiterbenutzt werden - die Aula Palatina Konstantins, die Thermenanlagen, der Speicherbau am Moselufer und schließlich der Dombezirk selbst. Der Dom zeigt heute noch bis über die hohen Fenster hinaus römisches Mauerwerk, die Südkirche wurde erst im gotischer Zeit durch den Neubau von Liebfrauen ersetzt. Erst der Normanneneinfall 888 zerstörte auch topographisch die römische Struktur der Stadt, die auch in karolingischer Zeit noch ein Zentrum der galloromanischen Bevölkerung des Moseltals war.

In den vier ausgestellten Grabsteinen aus Trier zeigt sich sowohl das Nebeneinander von Germanen und Romanen in der Stadt als auch der allmähliche Verlust der klassischen Eleganz in Sprache und Schrift.

Das römische Köln wurde um 460 zum Königssitz der Rheinfranken, die sich damit dem Brauch der anderen fränkischen Kleinkönigtümer anschlossen, die römischen Strukturen soweit wie möglich weiterzupflegen - wiel sie ja eben sich selbst in der römischen Kontinuität stehend ansahen. Auch hier wurden, wie in Trier, die römischen Großbauten kontinuierlich weiterbenutzt und verschwanden nach und nach erst im Lauf der hohen Mittelalters. Unter den Nachfolgern Chlodwigs lebte die rheinfränkische Tradition weiter, jüngere Söhne, die den östlichen Reichsteil erhalten sollten, wurden aus rheinfränkischem Namengut benannt, immer wieder hielten sich austrasische Könige hier auf.

Einer der Bauten, das römische Prätorium am Rheinufer, wurde von den Frankenkönigen als Regierungssitz weitergenutzt - und blieb mit allen Nachfolgebauten bis heute Sitz staatlicher Verwaltungen. Als nach dem 2. Weltkrieg der heutige Neubau errichtet wurde, stieß man auf die römischen Grundmauern und ließ sie im Keller den Neubaus zur Besichtigung frei. Mit dem Fahrstuhl gelangt der heutige Besucher dorthin - und der Fahrstuhl hat dem Buch von Rudolf Pörtner, in dem er die Überreste der Römerzeit in Deutschland beschreibt, den Namen gegeben - "Mit dem Fahrstuhl in die Römerzeit".

Was das Childerichgrab in Tournai für die Salfranken des 5. Jahrhunderts ist, ist das Damengrab unter dem Kölner Dom für die Rheinfranken des 6. Jahrhunderts.

Seine Auffindung unter dem Chor des Kölner Doms war eine Sensation in vielerlei Hinsicht. Der Leichnam selbst bestand zwar nur noch aus einzelnen Zähnen, einzelnen Röhrenknochen und Knochenresten, vermutlich vom Schädel, aber die außergewöhnlich reichen Beigaben erlaubten die sichere Identifizierung als das Grab einer Frau.

Vier Münzen lieferten einen Anhaltspunkt für die Datierung um 535. Auffallend war der reiche, überwiegend goldene Schmuck: eine golddurchwebte Stirnbinde, beide Ohrringe, einen Armring, ein umfangreicher Halsschmuck mit Gold-, Glas- und Bernsteinperlen, dazu Almandin und Münzanhänger, zwei Rosettenfibeln mit Goldkette, ein Armreif und zwei Fingerringe, die beiden Bügelfibeln von typisch langobardisch-thüringischer Form mit typisch langobardischem Ziergehänge, dann beide Schuhschnallen und Wadenbindenriemenzungen. Nägel und Holzreste beweisen, daß die Dame in einem Sarg beigesetzt war. Außerhalb des Sargs befanden sich Bronzebecken, Glasschalen und -flaschen, eine davon in einem Eimer. Eine Flasche enthielt noch Wasser in einer Qualität, die selbst heutige Chemiker vor Rätsel stellt. Nüsse und Kerne weisen auf eine Speisebeigabe hin. In einem Holzkasten mit Bronzebeschlägen befanden sich Spinnwirtel und ein Schuh. Eine Wolldecke lag auf dem Sarg.

Obwohl jeder Hinweis auf den Namen der Toten fehlt, spricht vor allem der Bestattungsplatz innerhalb der Stadtmauer neben der Bischofskirche dafür, daß sie eine Angehörige des merowingischen Königshauses war. Auf Grund der Datierung und dem langobardisch beeinflußten Schmuck ist es recht wahrscheinlich, daß hier Wisigarde, die zweite Frau Theudeberts, bestattet wurde.

Alle Abbildungen sind dem Katalog zur Mannheimer Ausstellung "Die Franken, Wegbereiter Europas" entnommen. Wir danken dem Reiß-Museum, Mannheim, für die Genehmigung zur Veröffentlichung.


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