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Die Päpste und die Einheit der lateinischen Welt

Bevor Katholiken und Protestanten getrennte Wege gingen, verband sie 1500 Jahre gemeinsamer Geschichte. Dieser widmet sich anlässlich des 500. Reformationsjubiläums die kulturhistorische Sonderausstellung „Die Päpste und die Einheit der lateinischen Welt" in den Mannheimer Reiss-Engelhorn-Museen. Weltweit erstmalig beleuchtet eine Ausstellung die faszinierende Entwicklung des Papsttums. Anhand hochkarätiger Leihgaben aus dem Vatikan und weiteren renommierten Museen spannt sie den Bogen von den Anfängen in der Antike über das Mittelalter bis an die Tore der Reformation, von Petrus bis zu den Renaissancepäpsten. Neben kostbaren Exponaten ziehen einzigartige filmische Rekonstruktionen die Besucher in ihren Bann. Die Schau ist vom 21. Mai bis 31. Oktober 2017 im Museum Zeughaus C5 zu sehen. Die Schirmherrschaft für das Projekt hat Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert übernommen. Hauptförderer der Ausstellung ist die Baden-Württemberg Stiftung.

Seit nahezu 2000 Jahren nehmen die Päpste vom Stuhle Petri aus Einfluss auf die Geschicke Europas und der Welt. Das Papsttum ist damit eine der ältesten, bestehenden Institutionen. Die Sonderausstellung geht der Frage nach, wie das Papsttum entstanden ist, wie es sich durch die wechselhaften Zeiten behauptet hat und welche Rolle es für die westliche Kultur spielt. Wie stieg das Christentum von einer kleinen Gemeinschaft im Osten des Römischen Reiches zu einer der großen Weltreligionen auf? Die wichtigsten Phasen werden in der Präsentation am Beispiel herausragender Päpste und ihres Wirkens vorgestellt.

Bei der in Kroatien gefundenen Capsella di Samagher handelt es sich um ein kostbares Reliquienkästchen. Seiten und Deckel des Reliquiars sind mit geschnitzten Dekorationen versehen. Darunter befindet sich die frühste Darstellung der Petrusmemorie mit ihrem Baldachin auf gedrehten Säulen.Die Ausstellung „Die Päpste und die Einheit der lateinischen Welt“ vereint auf ca. 2500 Quadratmetern rund 330 Kunst- und Kulturschätze. Darunter befinden sich seltene Zeugnisse der frühen Kirche, kostbare Textilien, reich illustrierte mittelalterliche Schriften wie der Papst- Kaiser-Rotulus, der in der Ausstellung erstmals in seiner vollen Länge von fast 7 Metern zu bewundern ist, sowie prachtvolle Papstbildnisse – von Tizian bis Francis Bacon. Die Besucher dürfen sich auf Exponate freuen, die teils noch nie nördlich der Alpen zu sehen waren. Dank der Kooperation mit wissenschaftlichen und musealen Einrichtungen des Vatikans kommen einzigartige Objekte nach Mannheim. So adelt beispielsweise die berühmte Biblioteca Die Päpste und die Einheit der lateinischen Welt Seite 2 von 2 Apostolica Vaticana die Präsentation mit außergewöhnlich vielen Leihgaben. Auch weitere namhafte europäische Museen und Sammlungen unterstützen das Projekt.

Die Schau bietet aber nicht nur eine Fülle an hochkarätigen Originalen aus 1500 Jahren Kulturgeschichte, sondern lockt mit aufwändigen Inszenierungen und speziell für die Ausstellung erstellten filmischen Rekonstruktionen. Drei cineastisch-anmutende Filme illustrieren die Entwicklung Roms von der Antike bis zur Renaissance und zeigen eindrucksvoll, wie eng das Wachstum der Stadt am Tiber mit dem Schicksal der Päpste verbunden war. Ein besonderer Höhepunkt ist eine Rekonstruktion, die den Besuchern die einmalige Gelegenheit bietet, einen Rundgang in der monumentalen Basilika St. Peter zu unternehmen, die im 4. Jahrhundert an der Stelle des heutigen Petersdoms erbaut wurde. Hier begegnen sie der für das Selbstverständnis der Päpste und Christen so wichtigen Petrusmemorie – ein Anblick, der sich selbst bei einem Rombesuch nicht eröffnet.

Die Reliquienkrone von Namur wurde für die Aufbewahrung von Splittern der Dornenkrone Christi gefertigt.

Oben: Plakat der Ausstellung © rem

Die Capsella di Samagher mit der frühsten Darstellung der Petrusmemorie
Venedig, Museo Archeologico Nazionale, Inv. Avori n. 279/52,
um 450
© Capsella di Samagher: Venezia, Museo Archeologico Nazionale. Su concession del Ministero dei beni e delle attività culturali e del turismo – Polo museale del Veneto

St. Paul vor den Mauern. Digitale Rekonstruktion. Filmbild © Faber-Courtial, Darmstadt

Die „Krone von Namur“, Reliquienkrone
Namur, Musée diocésain et Trésor de la cathédrale Saint Aubin
Maas-Gebiet(?) / Paris(?), Anfang des 13. Jahrhunderts
© Musée diocésain et Trésor de la cathédrale Saint Aubin, Foto: Guy Focant - B5020 Vedrin

Papst Leo X. mit den Kardinälen Giuliano de' Medici und Innocenzo Cybo
Rom, Galleria Nazionale di Arte Antica di Palazzo Barberini, 901. 1519/20
© Gallerie Nazionali di Arte Antica di Roma, Palazzo Barberini

Die Geschichte des Papsttums verläuft keineswegs geradlinig. Die Anfänge der jungen Kirche in der Antike waren bestimmt vom Ringen ums Überleben. Ein wichtiger Einschnitt war die Anerkennung durch Kaiser Konstantin im 4. Jahrhundert, mit der der Aufstieg des Christentums seinen Anfang nahm.

Das Gemälde des Künstlers Giuliano Bugiardini zeigt den kunstsinnigen Medicipapst Leo X.,Es dauerte aber fast ein Jahrtausend bis sich das Papsttum zu einer anerkannten, zentralen Instanz in Europa entwickelte. Erst im Hochmittelalter, im 11. bis 13. Jahrhundert, war der Einfluss der Päpste auf seinem Höhepunkt. Nicht nur religiöse, moralische und kirchenrechtliche Normen Roms durchdrangen weite Teile Europas, sondern auch die politische Formung Europas erfolgte in hohem Maße unter Beteiligung der Päpste. Das päpstliche Gericht wurde zu einer Art oberstem Gerichtshof und die Wissenschaften und Universitäten wurden von den Päpsten in beispielloser Weise gefördert. Das 14. und frühe 15. Jahrhundert war geprägt vom rapiden Niedergang des päpstlichen Ansehens. Das Konzil als oberstes Organ der Kirche schien sich durchzusetzen. Doch noch einmal machten die Päpste der Renaissance in einem unglaublichen Kraftakt Rom zum glänzenden Mittelpunkt päpstlicher Autorität, bevor reformatorische Strömungen und politische Interessen die Einheit der lateinischen Welt im Sinne einer von Rom „gesteuerten“ Welt um 1530 auseinanderbrechen ließen.

Das Ausstellungsprojekt entstand unter der Leitung der Reiss-Engelhorn-Museen und der Universität Heidelberg mit der gemeinsamen Forschungsstelle „Geschichte und Kulturelles Erbe“. Das Vorhaben wurde in Deutschland durch das Erzbistum Freiburg und die Evangelische Landeskirche in Baden unterstützt. Wichtige Impulse kamen von führenden Wissenschaftsinstitutionen in Deutschland und Italien. Das wissenschaftliche Fundament der Ausstellung wurde auf vier interdisziplinären Tagungen in Mannheim und Rom gelegt.

Anlässlich der Schau haben die Reiss-Engelhorn-Museen die kulturtouristischen Netzwerke „Papstgeschichten im Südwesten“ und „Mannheimer Papstgeschichten“ ins Leben gerufen. Die Partner laden Einzel- und Gruppenreisende zu einer spannenden Spurensuche im Zeichen der Päpste ein und bieten damit die perfekte Ergänzung zum Ausstellungsbesuch in Mannheim.

Der umfangreiche Katalog sowie vier Tagungsbände und ein Reiseführer sind beim Verlag Schnell und Steiner erschienen. Zur Ausstellung bieten die Reiss-Engelhorn-Museen ein abwechslungsreiches Begleitprogramm an.


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