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Herausragende Exponate und Inszenierungen

Rekonstruktion der Basilika Alt-St. Peter und der Petrusmemorie

Ein absoluter Höhepunkt erwartet die Besucher gleich zu Beginn der Ausstellung. Der erste Bereich widmet sich der Verehrung des Apostelfürsten Petrus, den Jesus Christus selbst zum Oberhaupt seiner Kirche ernannt haben soll und in dessen Nachfolge sich die Päpste sehen.

Petrus soll zur Zeit Kaiser Neros in Rom gewesen und im Jahre 64 oder 67 als Märtyrer gestorben sein. Von Petrus‘ Anwesenheit, Lehre und Märtyrertod in Rom leitete die römische Gemeinde ihre Vorrangstellung gegenüber anderen christlichen Gemeinden ab. An das Grab des Petrus erinnerte die sogenannte Petrusmemorie, deren Verehrung bereits seit dem 2. Jahrhundert nachweisbar ist.

Wie sich dieses Denkmal im Laufe der Jahrhunderte verändert hat, beleuchtet die Ausstellung.

Rekonstruktion der Petrusmemorie des 2. Jh. n. Chr. unter dem Petersdom. © rem

Eine originalgetreue Rekonstruktion gibt den Stand Ende des 3. Jahrhunderts wider. Im 4. Jahrhundert ließ Kaiser Konstantin die monumentale Basilika St. Peter errichten, in die die Petrusmemorie integriert wurde. An ihrer Stelle steht heute der Petersdom. Wie prachtvoll die spätantike Kirche und die Umgestaltung des Grabmals waren, präsentiert eine filmische Rekonstruktion, die im Museum Zeughaus im 1. Obergeschoss zu sehen ist. Diese wurde von dem renommierten Archäologen Prof. Dr. Dr. Hugo Brandenburg und seinem Sohn, dem Architekten Dr. Konstantin Brandenburg, verwirklicht und spiegelt den aktuellen Forschungsstand wider. Der Film bietet den Besuchern die einmalige Gelegenheit, einen der ersten prachtvollen Kirchenbauten der Christen zu betreten und zu bestaunen.

Den eindrucksvollen Rekonstruktionen stehen kostbare Originale zur Seite. Die Capsella di Samagher, ein Elfenbeinkästchen aus dem 5. Jahrhundert, ziert die früheste Darstellung der Petrusmemorie und ist damit für die Forschung eine überaus wichtige Quelle. Sie kommt aus Venedig nach Mannheim und war noch niemals zuvor in einer Ausstellung nördlich der Alpen zu sehen.

Älteste Fragmente der Vulgata-Übersetzung der Evangelien

Die sogenannte Vulgata-Übersetzung der Bibel des Kirchenvaters Hieronymus (gestorben 420) war ein Meilenstein. Erstmals lag eine zuverlässige und verbindliche lateinische Bibelübersetzung vor, die nach und nach die zahlreichen vorherigen Versionen der Heiligen Schrift ablöste. Die Neufassung des Hieronymus avancierte zur maßgeblichen Bibelfassung des Mittelalters und der Neuzeit. Auch der erste Bibeldruck von Johannes Gutenberg basierte auf ihr. Der Name Vulgata kam mit Beginn der wissenschaftlichen Bibelforschung im 16. und 17. Jahrhundert auf und bedeutet verbreitet. Den Auftrag für die Revision – zunächst der vier Evangelien – erhielt Hieronymus von Papst Damasus I. (366-384). Bei seinen Übersetzungen griff er auf die griechischen Urtexte zurück.

Papyrusfragment mit der ältesten Überlieferung des Glaubensbekenntnisses von
Nicäa
Oxford, Sackler Library, P.Oxy.XVII 2067 (Egypt Exploration Society)
Ägypten, 5. Jahrhundert, Papyrus
© Courtesy of the Egypt Exploration Society and Imaging Papyri Project, Oxford

In der Stiftsbibliothek St. Gallen wurden 110 kleinere und größere Fragmente aus der ältesten erhaltenen Abschrift der Evangelien über die Jahrhunderte hindurch bewahrt. Sie zählen zu den wertvollsten Schätzen der ehemaligen Klosterbibliothek. Ihre Größe reicht von wenigen Quadratzentimeter großen Schnipseln bis hin zu fast vollständigen Blättern. Die Fragmente stammen wahrscheinlich vom Anfang des 5. Jahrhundert. Die Reiss-Engelhorn-Museen präsentieren in der Päpste-Ausstellung ein außergewöhnlich gut erhaltenes Blatt des Matthäus- Evangeliums. In der Ausstellung sind auch weitere bedeutende Dokumente zu sehen, darunter ein Papyrusfragment des Glaubensbekenntnisses von Nicäa oder der Erste Clemensbrief in koptischer Sprache.

Die Grablege Clemens‘ II. – das einzige Papstgrab nördlich der Alpen

Das einzige Papstgrab nördlich der Alpen darf in der großen Päpste-Schau nicht fehlen. Dank einer originalgetreuen 3D-Rekonstruktion wird die Grablege von Papst Clemens II. (1046-1047) aus dem Bamberger Dom ins Museum geholt. Dabei erwartet die Besucher in Mannheim eine Besonderheit: Hier werden zwei Elemente zusammengeführt, die im Bamberger Dom räumlich getrennt sind – der eindrucksvolle Marmor-Sarkophag und eine Skulptur des Papstes. Diese Figur ist normalerweise oben an einem Pfeiler angebracht, ein Kissen und der Faltenwurf der Kleidung weisen sie jedoch als Liegefigur aus. In Mannheim wird sie auf dem Sarkophag liegend gezeigt. Auf diese Weise können die Besucher Papst Clemens II. ins Antlitz schauen.

Einzigartige Originale steuert das Diözesanmuseum Bamberg zur Präsentation bei. Es handelt sich um Textilien und Beigaben, die 1942 im Rahmen einer kriegsbedingten Kunstgutsicherung aus dem Clemensgrab entnommen wurden. Zu sehen sind unter anderem ein Paar Pontifikalstrümpfe aus Seidengewebe mit Greifen- und Panther-Muster, eine Stola, zwei Palliumskreuze, ein Grabkelch sowie Haare von Clemens II.

Papst-Kaiser-Rotulus

Die Ausstellung vereint zahlreiche bedeutende, reich illustrierte Schriften aus dem Mittelalter.

Ein besonderer Höhepunkt ist der Papst-Kaiser-Rotulus, der in der Mannheimer Präsentation erstmals in seiner vollen Länge von 6,67 Metern zu bewundern ist. Er ist eine Leihgabe der Staatsbibliothek zu Berlin und entstand zwischen 1431 und 1433 vermutlich im Rhein-Main- Gebiet.


Papst-Kaiser-Rotulus Berlin, Staatsbibliothek zu Berlin, Preußischer Kulturbesitz
Entstanden 1431-1433, vermutlich im Rhein-Main-Gebiet Pergamentrolle, 15 zusammengeklebte Blätter H. 18,5-20,5 cm, B. 667 cm
© Berlin, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz

Die schmale Pergamentrolle besteht aus 15 zusammengeklebten Blättern und präsentiert Universalgeschichte über mehr als 1400 Jahren in grafischer Form. In zwei übereinanderliegenden Längsreihen stehen oben 232 Papstbilder und unten 133 Bilder von Kaisern und Königen. Die kolorierten Brustbilder oder Dreiviertelfiguren sind mit Beischriften bezeichnet. Der Anfang der Rolle ist zerstört. Am Beginn der geistlichen Reihe stehen Jesus Christus, Petrus und Paulus. Sie endet mit Papst Eugen IV. (1431-1447). Die Folge der Könige und Kaiser reicht von Caesar und Octavian / Augustus bis Sigismund (1410-1437). Auch die legendäre Päpstin Johanna findet sich auf dem Rotulus. Sie ist zwischen Leo IV. (847-855) und Benedikt III. (855-858) abgebildet und mit „Johannes von mencz“ beschriftet. Durch Haarlocken und Kopftuch unter der Tiara wurde sie als Frau kenntlich gemacht und von späterer Hand als „fraw hulda“ benannt. Einzige Frau in der Herrscherreihe ist die oströmische Kaiserin Irene (gestorben 803).

Ornat des Papstes Nikolaus V. (1447-1455)

Im Bargello in Florenz wird ein besonderer textiler Schatz aufbewahrt: ein Ornat von Papst Nikolaus V. (1447-1455). Kaum ein Papstornat hat so komplett die Jahrhunderte überdauert. In Mannheim sind ein Pluviale, eine Dalmatik, zwei Stolen sowie ein Kelchvelum zu sehen. Die Stücke entstanden um 1450 in einer Werkstatt in der Toskana.

Parament Papst Nikolaus V.
Florenz, Museo Nazionale del Bargello, Inv. 74 V
Florenz, ca. 1450, Samt, Bouclé, Seidenstickerei, Goldfaden
© Firenze, Museo Nazionale del Bargello, inv. 74 V.
Su concessione del Ministero dei beni culturali e delle attività culturali e del turismo

Der Ornat spiegelt das spätmittelalterliche Bedürfnis nach Repräsentation am Papsthof wider. Quellen belegen, dass Kardinäle und Päpste zahlreiche Kleidungsstücke zu liturgischen, nicht-liturgischen und repräsentativen Zwecken besaßen und diese von hohem Wert waren. Dieses Ornat hat die Stadt Siena für die Heiligsprechung des Bernhardin von Siena in Auftrag gegeben, die am 24. Mai des Jubeljahres 1450 stattfand, und ihn bei diesem Anlass an Papst Nikolaus geschenkt. Dies war auch die erste Gelegenheit, bei der er getragen wurde.

Der Ornat besticht durch seine aufwändige Gestaltung. Der Grundstoff ist golddurchwirkter roter Samt, in den durch Musterung große Medaillons mit Granatapfeldekor eingearbeitet sind.

Einzelne Teile sind mit Seiden- und Goldfaden bestickt. Auf der Dalmatik ist dargestellt, wie der Gottessohn auf dem Wasser wandelt und Petrus die Hand reicht, um ihn vor dem Ertrinken zu retten. Auf der Klappe des Pluviale wurde in einem Medaillon der ungläubige Thomas, der Christus in die Seitenwunde fasst, eingestickt. Außerdem zieren ihn acht, in bunter Seide und Gold gestickte Heilige. Wenn das Pluviale geschlossen ist, reiht sich der Träger unter diesen ein. Das ikonografische Programm weist Papst Nikolaus V. als Apostelnachfolger und Stellvertreter Christi aus.

Papst-Porträts – von Tizian bis Francis Bacon

Die Ausstellung versammelt eine ganze Reihe eindrucksvoller Pabst-Porträts. Stilbildend bis in unsere Zeit ist ein neuer Typus, der in der Renaissance mit den Amtsporträts von Julius II. (1503-1513) seinen Anfang nahm. Der greise Papst blickt den Betrachter nicht an, sondern wird im Dreiviertelprofil dargestellt. Sein Blick ist fest nach unten gerichtet. Gezeigt wird eine Audienzsituation, in der der sitzende Papst eine rote Kappe und einen Schulterumhang trägt.

Als erster hat der Maler Raffael Julius II. in dieser für damalige Verhältnisse ungewöhnlichen Pose festgehalten. Von seinen Werken ließ sich Tizian inspirieren. Aus den weltberühmten Uffizien in Florenz kommt eines seiner Gemälde nach Mannheim.

Bildnis des Papstes Julius II. (1503-1513)
Florenz, Gallerie degli Uffizi, Galleria Palatina
Tiziano Vecellio (um1477/1490-1576), 1545-1546 Öl auf Holz; H. 99 cm, B. 82 cm
© Su concessione del Ministero dei beni culturali e delle attività culturali e del turismo

 

credits: Icon in der Navi-Leiste:
© Universitätsbibliothek Heidelberg,
Cod. Pal. Germ. 149, fol. 115v
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