17.7.19

Blog: Schlösser an der Loire

Schloss Plessis-Bourré

Schloss Plessis-Bourré, Ansicht über den Wassergraben von OstenBereits in Burgund war sowohl die Burg von Posanges als auch das Schloss in Bussy-Rabutin aufgefallen und dem burgenkundigen Frankreichfahrer sind die rechteckigen Burgen mit den vier Eckrondellen ohnehin vertraut. Jetzt kam mit dem Schloss in Plessis-Bourré noch eine dritte Anlage dazu. Solche Anlagen wurden bereits im 13. Jahrhundert gebaut und die Renaissance fand Gefallen an der Regelmäßigkeit und der geometrischen Ausrichtung. Schloss Posanges wurde ab 1437 errichtet und war 1490 fertig, Schloss Bussy-Rabutin entstand in seiner heutigen Form im 14. Jahrhundert.

Schloss Plessis-Bourée entstand 1468 – 1473 und geht auf den Schatzmeister des französischen Königs Ludwig XI., Jean Bourré, zurück. Der König sah dieses Schloss, machte aus seiner Begeisterung keinen Hehl und ernannte Bourré zum königlichen Baumeister. Plessis-Bourré hat (wie auch das Schloss Posanges) noch alle Merkmale einer spätmittelalterlichen Festung, ist aber im Innern durchdrungen vom neuen Raumgefühl der Renaissance. Vielleicht hat Pfalzgraf Ludwig, der Sohn des Kurfürsten Philipp, bei seinem Frankreich-Aufenthalt in den frühen 1490er Jahren speziell dieses Schloss nicht gesehen, aber unzweifelhaft war die Kenntnis von diesem regelmäßigen und geometrisch strukturierten Schlosstyp in Frankreich verbreitet.

Eigenartigerweise sind sowohl die Burg von Posanges als auch Schloss Plessis-Bourré nicht genau regelmäßig gebaut, ihr Grundriss ist vielmehr etwas aus dem rechten Winkel verschoben. Hatte man das bei den stauferzeitlichen Anlagen in Südwestdeutschland noch als eine Demutsgeste vor der unerreichbaren Allmacht Gottes interpretieren können, dürfte sie hier die Frage stellen, ob das nicht vielmehr eine Demutsgeste vor dem König war. Was wiederum im Selbstverständnis des französischen Königs auf das Gleiche heraus kam. Wer allerdings „seinen“ Marstall in Heidelberg ebenso aus dem rechten Winkel verschob, war besagter Ludwig, als Kurfürst Ludwig V.

Den Geist der Renaissance atmen in Schloss Plessis-Bourré der Akadengang im Hof, die großen Kreuzstock-Fenster, der Wohnkomfort in den Räumen sowie die Enfilade, der an einer Achse aufgereihte Zugang zu den Räumen. Absolut bemerkenswert ist die Kassettendecke im großen Gardesaal (Salle de Garde) des Schlosses. Alle ihre 24 Felder sind mit Malereien geschmückt: 16 dieser Gemälde zeigen alchemistische Themen, ausgehend von den drei hautsächlich wirkenden Prinzipien Quecksilber, Schwefel und Salz, die anderen acht stellen sprichwörtliche Szenen dar, die auf zeitgenössische Literatur zurückgehen. Die Decke entsprach im 18. Jahrhundert nicht mehr dem Zeitgeschmack und wurde hinter einer abgehängten Decke verborgen. Nach 150 Jahren wurde sie wieder freigelegt und zeigte noch einen ausgezeichneten Zustand der Deckenmalereien.

In Plessis-Bourré lässt sich – wie später auch noch am Schloss in Langeais – die Funktionsweise der Zugbrücke erkennen. Bei der hier gebauten Art, der so genannten Schwungrutenbrücke, sind keine Winden und keine Kraftanstrengungen nötig, die Brücke selbst befindet sich mit der Konstruktion der inneren Wippbäume im Gleichgewicht, so dass ein Mann (oder eine Frau, sofern sie an die Kette kommt) genügt, um die Brücke hoch zu ziehen. Beim Aufziehen der Brücke schwingt dann der Wippbaum in den Eingangsbereich und versperrt diesen zusätzlich. Von außen sind Schwungrutenbrücken an den senkrechten Aussparungen für die Schwungbalken zu erkennen.

Die Funktionsweise dieser Brücke wird bei Themenführungen für Kinder erklärt. Ich nahm mir die Freiheit, sie selbst auszuprobieren. Nicht ganz, aber so, dass deutlich wurde, mit welcher Leichtigkeit die Brücke hochgezogen werden konnte.

 

www.plessis-bourre.com/

Eintritt 6 - 9,50 €

Infoblatt in deutscher Sprache im Eintrittspreis enthalten

credits:  
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