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2006

Schloss Mannheim - Wo das Mannheimer Kunstgut schlummert

Einblicke in laufende Restaurierungsmaßnahmen
Von den rund 800 Originalobjekten, die ab Ende März 2007 die Prunkräume des Mannheimer Residenzschlosses in neuer Pracht erstrahlen lassen, wird ein großer Teil noch vor der Rückkehr sorgfältig restauriert. Die Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg (SSG) gewährten einen umfassenden Einblick hinter die Kulissen des Badischen Generaldepots in Karlsruhe.

Hier wird intensiv für die Wiedereinrichtung der Beletage des Schlosses Mannheim gearbeitet. Es werden Restaurierungsarbeiten koordiniert, die Leistungsbeschreibungen erstellt und Aufträge an freie Restaurierungswerkstätten erteilt. Darüber berichteten der Leiter des Depots, Restaurator Werner Hiller-König, und sein Kollege Thomas Merkl.

Immerhin geht es um das größte, seit Gründung der SSG 1987 und des Depots 1990, in Angriff genommene Projekt: Die Koordination der fachgerechten Restaurierung der 243 Möbel und Holzobjekte, der 22 großformatigen Tapisserien, 34 Gemälden, 31 Porzellan- und 158 Metallobjekte erfolgt nach einem genau definierten Zeitplan. So verlässt seit einigen Jahren kostbares Kunstgut die unterschiedlich klimatisierten Lagerräume des Depots, um in Fachwerkstätten in ganz Deutschland gereinigt, gesichert und liebevoll restauriert zu werden.

Einige Objekte, wie die bis zu 20 qm großen Tapisserien, reisen sogar ins Ausland. Im belgischen Mechelen, der einzigen europäischen Teppichmanufaktur, die Wirkteppiche dieser Größe reinigen kann, werden die Tapisserien von Verunreinigungen befreit und auf die Restaurierung in Deutschland vorbereitet.

Das Badische Generaldepot ist vor allem eine lebendige, gut funktionierende Werkstatt, was die zahlreichen Mannheimer Objekte, die von den drei Restauratoren der Schlösserverwaltung gerade im wahrsten Sinne genau unter die Lupe genommen werden, beweisen.

Monika Bürger, technische Volontärin im Depot, demonstrierte an einem reich geschnitzten Konsoltisch, wie viel Geduld und Fingerspitzengefühl für jedes Objekt aufgewendet werden müssen. Das Prunkstück ist vermutlich in Mannheim um 1750/55 entstanden und war vor 60 Jahren im damaligen Schlossmuseum zu sehen. Als Kunstschreiner wird der kurpfälzische Hofbildhauer Matthäus van den Branden (1717-1787) vermutet. Im nächsten Jahr wird der kostbare Tisch erstmals gemeinsam mit seinem Gegenstück, einem mit Jagdszenen verziertem Tisch, der bis zur Schließung des Schlosses 2003 den Trabantensaal geschmückt hatte, präsentiert. Während bei dem einen Tisch nur die braune Farbschicht abgenommen und die darunter befindliche Vergoldung freigelegt werden müssen, wird das Gegenstück lediglich konservierend behandelt, erläuterte die Restauratorin. Mit Wattestäbchen reinigt sie jeden Winkel der prächtig geschnitzten Rokoko-Ornamente und sichert die zum Teil gelöste Vergoldung.

Nach dem von Oberkonservator Dr. Wolfgang Wiese erarbeiteten Einrichtungskonzept werden beide Tische gemeinsam mit zwei Konsolspiegeln aus dem 18. Jahrhundert im Gelben Saal aufgestellt und bilden dort ein einzigartiges Ensemble.

Werner Hiller-König und Thomas Merkl führten abschließend durch die zahlreichen Räume auf drei Etagen (insgesamt rund 3.000 qm), wo das Mannheimer Kunstgut momentan noch unter Stoffhüllen und in Stahlschränken schlummert. Auf seinen großen Auftritt im Mannheimer Jubiläumsjahr müssen die 800 Objekte nun nicht mehr lange warten. Zu Beginn des Jahres 2007 werden sie ihre bedeutendste und hoffentlich letzte Reise antreten, um in die wiederhergestellte Beletage der Mannheimer Residenz zurückzukehren.
 

Ein lebensgroßes Gemälde Kaiser Napoleons III. für das Mannheimer Schloss

"Wenn Ende März 2007 die neu eingerichteten Prunkräume des Barockschlosses Mannheim ihre Türen für die Besucher öffnen werden, wird die Beletage wieder in neuem Glanz erstrahlen. 800 Originalobjekte zeigen dann, wie kostbar die ehemalige Residenz eingerichtet war. Zu den wertvollen Kunstgegenständen wie Tapisserien, Möbeln und Porzellanen gesellt sich nun ein prominenter Gast: Auch Kaiser Napoleon III. zieht ins Mannheimer Schloss", so Finanzstaatssekretär Gundolf Fleischer am Freitag (11. August 2006) in Stuttgart anlässlich des Ankaufs des Ganzfigurenportraits von Kaiser Napoleon III.

Das Porträt zeigt den französischen Kaiser (1808-1873) im repräsentativen Ornat vor einem mit rotem Samt behängten Tisch, auf dem die Kaiserkrone liegt. In der Hand hält Napoleon III. den Marschallsstab. Das nun für Schloss Mannheim angekaufte Gemälde wurde nach einem Bildnis des berühmten Hofporträtisten Franz Xaver Winterhalter (1805-1873), der Kaiser und Könige in Europa wie beispielsweise Elisabeth ("Sisi") von Österreich oder Victoria von England malte, angefertigt.

Schloss Mannheim war im 19. Jahrhundert eine nicht unwesentliche Schaltstelle europäischer Politik. Entscheidenden Anteil daran hatte Großherzogin Stephanie von Baden, Adoptivtochter Kaiser Napoleons I. und Gemahlin des Großherzogs Karl von Baden. Die Fürstin war 1819, nach dem Tode ihres Gatten, als Witwe ins Mannheimer Schloss eingezogen. Zusammen mit ihren Töchtern pflegte sie eine kleine, aber für Mannheim wichtige Hofhaltung. Neben Prinzen und Prinzessinnen des deutschen und europäischen Adels waren auch Mitglieder der Familie Napoleon immer wieder bei der Großherzogin-Witwe zu Gast, um hier Rat und Hilfe der geschätzten Verwandten einzuholen. War sie doch die einzige Person der napoleonischen Familie, die nach der Abdankung Kaiser Napoleons I. und der Vertreibung seiner Geschwister aus Frankreich in ihrem Stand verblieben war. So galt sie als eine der Integrationsfiguren der vergangenen Dynastie und wurde vor allem vom kaiserlichen Erben Louis Napoléon, dem späteren Kaiser Napoleon III., sehr geschätzt.

Als eine "große Bereicherung für das Quartier der Großherzogin-Witwe in der ehemaligen Mannheimer Residenz" bezeichnete Gundolf Fleischer den jüngsten Bilderwerb. Besonders erfreut zeigte sich der Staatssekretär darüber, dass die Toto-Lotto GmbH diesen Kauf finanziell ermöglicht hat. "Ohne die großzügige Unterstützung von Toto-Lotto hätten wir uns diesen Kunsterwerb nicht leisten können. Unser besonderer Dank gilt daher der Toto-Lotto GmbH, die seit langem in vorbildlicher Weise die Arbeit der Staatlichen Schlösser und Gärten unterstützt", so der Finanzstaatssekretär abschließend.

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