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Zurück in die Steinzeit - Leben wie vor 5.000 Jahren

Ausstellung 2007 - 2008

Steinzeitlicher JägerNiemand Geringeres als Gletschermann "Ötzi" empfängt die Besucher der Ausstellung "Zurück in die Steinzeit - Leben wie vor 5.000 Jahren", vom 10. Oktober 2007 bis zum 30. März 2008 im Archäologischen Museum Colombischlössle. Die lebensgroße Rekonstruktion, eine Leihgabe des Neanderthalmuseums, wurde im Auftrag der Zeitschrift GEO von der renommierten Demoplastikerin Elisabeth Daynès detailgetreu und nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen rekonstruiert.

Naturgetreu nachgebaut ist auch das drei Meter hohe, bezugsfertige Pfahlbauhaus. Es erlaubt einen Blick in den Wohnraum unserer Vorfahren. In der einfachen Feuerstelle glimmt es noch, Vorratsgefäße stehen an der sorgfältig verputzten und mit rätselhaften Mustern verzierten Wand, von der Decke hängen Felle.

Die Funde in den Vitrinen vervollständigen das Bild. Verkohlte Getreidekörner und Pflanzenreste verraten, wovon die Menschen sich ernährten. Die fast kriminalistische Untersuchung des über 7.000 Jahre alten Mülls aus einer Abfallgrube aus Opfingen lässt tägliche Aktivitäten rekonstruieren. Dank der günstigen Erhaltungsbedingungen in den Pfahlbaudörfern am Bodensee können auch Funde aus organischen Materialien präsentiert werden: ein geflochtenes, halbmetergroßes Sieb, eine Schale aus Lindenholz, Teile von Netzen. Alles sieht so aus, als wäre die Zeit stehen geblieben.

Dem Tod begegnet der Ausstellungsbesucher in zwei über 4.000 Jahre alten Gräbern der Jungsteinzeit. Sie wurden in Stetten an der Donau ausgegraben und werden so präsentiert, wie die Ausgräber sie vorfanden. Brandneue Erkenntnisse der anthropologischen Untersuchung, prachtvoller Schmuck aus Muscheln, Stein oder Knochen sowie spezialisierte Steinwerkzeuge und -waffen, welche die Verstorbenen auf ihre letzte Reise mitnehmen durften, erzählen vom Leben und Leiden - und ein wenig vom Denken der Steinzeitmenschen.

Die Toten von Stetten an der Donau, Kr. Tuttlingen
Jenseitsglaube und Krankheitsbilder aus der Zeit von 2700 - 2200 v. Chr.

steinzeitliches SkelettHeute scheuen wir uns, den Tod nahe an uns heran zu lassen. Ganz anders die Archäologen. Stammen doch viele Funde, aus denen sie die Vergangenheit rekonstruieren, aus Gräbern.

Für die Ausstellung "Zurück in die Steinzeit" hat sich das Museumsteam entschlossen, zwei jungsteinzeitliche Gräber von Stetten an der Donau so darzustellen, wie sie die Archäologen bei der Ausgrabung vorfanden.

Die Skelette einer Frau und eines Mannes wurden vom Anthropologen Martin Menninger präpariert, wissenschaftlich untersucht und ausstellungsfertig hergerichtet, bevor sie per Bahn nach Freiburg reisten. Hier wurden sie von Menninger, Zuzana Obertova und Iris Trautmann in eigens für sie angefertigte Kisten mit Sand gebettet. Auch die Beigaben fanden soweit möglich ihre ursprüngliche Lage: Je ein Tongefäß, dazu für die Frau knöcherne Schmuckknöpfe, für den Mann Pfeile.

Dass die wissenschaftliche und anthropologische Bearbeitung nicht nur Klebearbeit am Knochen ist, zeigen die Ergebnisse der Untersuchungen. So entdeckten die Wissenschaftler weitere fünf Knochenknöpfe, die an den Wirbeln der Frau festgebacken waren und während der Ausgrabungen unsichtbar waren.

Spannend und erstaunlich aktuell liest sich die Krankengeschichte der beiden Toten: Der kräftige, leicht untersetzte 35 bis 40-jährige Mann litt an heftiger Paradontose, Abzessen an den Weißheitszähnen, einer chronischen Nebenhöhlenentzündung und Arthrose. Die etwa 25 bis 30 Jahre alte Frau hatte einen Schädelbasisbruch überlebt und litt unter einem Bandscheibenvorfall.

Originalfunde aus dem Breisgau
Besucher dürfen mit Steinzeitwerkzeugen experimentieren

Steinzeit live erleben - das bietet das Archäologische Museum Colombischlössle seinen Besuchern vom 10. Oktober bis 27. Juli mit der Ausstellung "Zurück in die Steinzeit - Leben wie vor 5.000 Jahren" Und dies, ohne zwei Monate im Regen verbringen zu müssen, wie die Familien des SWR-Projektes "Steinzeit - Das Experiment". Zu dieser Sendung ist die vom Landesamt für Denkmalpflege Baden Württemberg und dem Archäologischen Landesmuseum Baden-Württemberg konzipierte Schau die Begleitausstellung.

Im Mittelpunkt der Ausstellung steht der Nachbau eines Steinzeithauses - nach einem Originalbefund aus dem Pfahlbaudorf Ludwigshafen-Seehalde am Bodensee. Mit Feuerstelle, Vorratsgefäßen und einer rätselhaften Wanddekoration erlaubt es einen Einblick in die Wohnkultur unserer Vorfahren.

Das Archäologische Museum Colombischlössle zeigt aber auch anhand zahlreicher Originalfunde aus der Region, wie die sesshaft gewordenen Ackerbauern und Viehzüchter der Jungsteinzeit lebten. Womit fällten sie Bäume, wie gerbten und bearbeiteten sie Felle und Leder, wie gestaltete sich ihr Familienleben?

Nicht der einzelne Fund steht im Vordergrund der Ausstellung, sondern die Frage, was im Steinzeitgeschirr köchelte. Tongefäße ermöglichten in der Jungsteinzeit von etwa 5.500 bis 2.200 v. Chr. eine gezielte Vorratswirtschaft. Keramikfunde aus Opfingen, Munzingen, Jechtingen und Wyhl veranschaulichen das große Verzierungsspektrum und den Ideenreichtum der frühen Töpfer. Werkzeuge aus Feuer- und Felsgestein, Knochen und Geweih dokumentieren, welch geschickte Handwerker unsere Vorfahren waren.

Erstmals zu sehen sind die vielen Schmuckstücke aus Kalkstein, Muscheln und Tierzähnen aus dem Gräberfeld von Jechtingen, Kreis Emmendingen (4.900 - 4.500 v. Chr.). Sie bekunden das uralte Bedürfnis des Menschen, sich zu schmücken.

Gegenstände aus organischen Materialien haben sich in unserer Region nur selten erhalten. Anders im Schlamm des Bodensees. Dort bargen Forscher in den Pfahlbausiedlungen (Hornstaad-Hörnle, Sipplingen und Seekirch-Achwiesen) geflochtene Körbe, Holzschalen und -löffel, Textilien und Gewebe. Sogar Reste von Getreidekörnern und Früchten haben sich dort erhalten. Sie zeigen, wie karg der Speiseplan im Gegensatz zu heute oft war.

Gut versorgt waren zumindest die Toten. Die beiden nach dem Originalbefund der Ausgrabung ausgestellten Gräber von Stetten an der Donau geben einen Einblick in uralte Jenseitsvorstellungen und Bestattungssitten. Sie zeigen auch, dass das Bedürfnis, Angehörige auch über den Tod hinaus gut versorgt zu wissen, nicht nur unter den Pharaonen verbreitet war.

Die berühmteste Mumie Europas illustriert schließlich, wie man in der Jungsteinzeit unterwegs war. Die Besucher erwartet gleich zu Beginn des Rundgangs eine originalgetreue Nachbildung des Gletschermannes "Ötzi" samt Kleidern, Ausrüstung und Gepäck.

Die Besucher der Ausstellung dürfen nicht nur schauen, sondern selbst erleben, wie gut ein Feuersteinmesser schneidet, wie man Knochen bearbeiten kann und wie mühevoll es ist, eine Handvoll Mehl auf einer steinzeitlichen Getreidemühle zu mahlen.

Das SWR-Projekt "Steinzeit - Das Experiment", versetzte im Jahr 2006 sieben Erwachsene und sechs Kinder für zwei Monate in die Welt unserer Vorfahren vor ungefähr 5.000 Jahren zurück. Abseits unserer Zivilisation lebten sie in einer eigens hierfür errichteten Pfahlbausiedlung im Hinterland des Bodensees.

Nach einer Einführung in jungsteinzeitliche Überlebenstechniken durch geübte Experimental-Archäologen, erwartete die "Steinzeit-Sippe" harter Alltag: Wohnen und Schlafen unter einem Dach, Kochen, Ernten, Sammeln und Fischen mit ungewohnten Gerätschaften. Am Schwierigsten war zu Beginn das lebenswichtige Feuermachen. Auf zwei Mitglieder der Sippe wartete ein besonderes Abenteuer: Eine Alpenüberquerung auf den Spuren Ötzis, des Mannes aus dem Eis. Vom Bodensee bis nach Bozen stapften sie in fast originalgetreuer Ötzi-Ausrüstung.

Betreut wurde das gesamte Projekt nicht nur von Archäologen. Auch Freiburger Mediziner - Schlafforscher, Psychologen, Zahnmediziner und Anthropologen - fühlten der steinzeitlichen Mundflora wortwörtlich auf den Zahn und versuchten, den von der Natur bestimmten Tagesrhythmus zu erforschen. Ein spannendes Begleitprogramm zur Ausstellung verbindet die Erlebnisse der "Steinzeitsippe" des SWR-Projektes und die wissenschaftlichen Erkenntnisse der Mediziner und Archäologen.

Nachbau einer steinzeitlichen Hütte. © Archäologisches Museum
Nachbau einer steinzeitlichen Hütte.
Alle Fotos © Archäologisches Museum

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