„Der
Straßburger Kunstgewerbeschule gebührt das Verdienst,
die erste in Deutschland gewesen zu sein, die mit dem Kopieren
sämtlicher Stile brach", schreibt 1907 der Kunsthistoriker
Georges Ritleng über die Entwicklung des Kunstgewerbes
in Elsass-Lothringen. Damit fasst er das Verdienst jenes
Künstlers und akademischen Lehrers zusammen, mit dessen
Name der Jugendstil im Elsass eng verknüpft ist: Anton
Seder (1850-1916). Ihm ist es zu danken, dass Straßburg
einen exzeptionellen, noch weithin unbekannten Beitrag
zur letzten großen Reformbewegung der Moderne leistete.
Der Jugendstil, diese große Reformbewegung der Moderne,
mit seinen Ausprägungen im Elsass, in der Schweiz
und im Süden Deutschlands steht im Mittelpunkt des
Ausstellungsprojekts des Badischen Landesmuseums Karlsruhe:
Ab dem 18. April 2009 präsentiert die Sonderausstellung „Jugendstil
am Oberrhein - Kunst und Leben ohne Grenzen“ die
Kunst um 1900 in ihrem vielschichtigen. Die Ausstellung
zeichnet das Porträt einer Kulturlandschaft, in der
Kunst, Politik, Geschichte und Wirtschaft eng miteinander
verflochten sind und Moderne und Tradition aufeinander
treffen. Anhand unterschiedlichster Kunstgattungen, geschichtlicher
Ereignisse und persönlicher Schicksale soll das Trennende
und das Gemeinsame innerhalb dieses Gebietes visualisiert
werden.
Die Ausstellung ist Teil der Reihe „Der Oberrhein
um 1900", die anlässlich des zehnjährigen
Jubiläums des Oberrheinischen Museumspasses von zahlreichen
Mitgliedsmuseen ausgerichtet wird.
„Jugendstil am Oberrhein" zeichnet das Porträt
einer Kulturlandschaft, in der Kunst, Politik, Geschichte
und Wirtschaft eng miteinander verflochten sind, und in
der Moderne und Tradition aufeinander treffen. Sie zeigt
die Kunst um 1900 in ihrem vielschichtigen Erscheinungsbild
und in ihren regionalen Ausprägungen im Dreiländereck.
Anhand unterschiedlichster Kunstgattungen, geschichtlicher
Ereignisse und persönlicher Schicksale wird das Trennende
und das Gemeinsame innerhalb dieses Gebietes visualisiert.
Erstmals wurde in diesem Projekt umfangreiche Forschungsarbeit
zu den Spuren des Jugendstils im Dreiländereck angestellt.
Dabei ist es gelungen, bislang unbekannte Künstler
im Kontext des Jugendstils neu zu entdecken. Hans Sandreuter
(1850 - 1901) gründete beispielsweise in Basel mit
Künstlerkollegen bereits 1888 die „Künstlergesellschaft" und
wandte sich im europäischen Zusammenhang sehr früh
dem Jugendstil zu. Der französische Künstler
Charles Spindler (1856 - 1938) aus St. Leonard ist in der
Ausstellung mit feinst gearbeiteten Intarsienstücken
vertreten. Zusammen mit dem „Kreis von St. Leonard" steht
Spindler für das Elsass, dem durch seine Lage im Grenzbereich
zweier Kulturen eine besondere Rolle in der Ausstellung
zukommt.
Die so entstandene kulturhistorische Ausstellung präsentiert
rund 700 Objekte vielfältiger künstlerischer
Techniken: Möbel, Malerei, Grafik, Metallkunst, Schmuck,
Textil, Mode, Keramik, Farbglasfenster, zeitgenössische
Fotos und Dokumente. Eine inszenierte Jugendstilwohnung
mit Salon, Speisezimmer, Veranda, Herren- und Schlafzimmer
veranschaulicht mit ihren Ensembles nicht nur die typische
Möblierung der Jahrhundertwende, sondern gibt einen
Eindruck vom Zeitgeist und dem Leben der damaligen Bewohner.
Die besonderen lokalen Ausprägungen des Jugendstils
in Leben, Kultur und Kunst am Oberrhein demonstrieren Objekte
der drei wichtigsten Jugendstilzentren Straßburg,
Karlsruhe und Basel. Der Bogen reicht von einem Basler
Aktienschein mit Elementen des floralen Jugendstils über
die bekannten Darstellungen der Elsässerinnen von
Jean-Jacques Waltz, besser bekannt als „Hansi“,
bis hin zu Keramiken, kunstvoll gearbeiteten Glasfenstern,
dekorativer Werbegrafik und erlesenem Schmuck aus Pforzheim.
Auch Themen wie Frauenemanzipation, technische Errungenschaften,
Unterhaltung, Konsum, Mode und Ess- und Trinkkultur finden
ihren Platz in der vielfältig konzipierten Ausstellung,
die sowohl wissenschaftliche Dokumente als auch humoristische
Erzeugnisse zur Darstellung der kulturhistorischen Phänomene
zu Rate zieht.
Zahlreiche namhafte Künstler des europäischen
Jugendstils – darunter Hermann Billing, Curjel & Moser,
Max Laeuger, Charles Spindler oder Hans Sandreuter – werden
mit hochkarätigen Werken gewürdigt. Etwa 80 verschiedene
Leihgeber aus Frankreich, der Schweiz und Deutschland stellen
ihre kostbaren Objekte für die Ausstellungszwecke
zur Verfügung, darunter die Basler Plakatsammlung,
das Historische Museum Basel, das Museum für Gestaltung
Zürich, im Elsass die Museen der Stadt Straßburg,
das Musée Hansi in Riquewihr, das Musée du
papier peint Rixheim und das Musée de l´Impression
sur Étoffes Mülhausen. Baden ist mit der Staatlichen
Kunsthalle Karlsruhe, dem Augustinermuseum Freiburg, dem
Kurpfälzisches Museum Heidelberg und dem Museum für
Technik und Arbeit Mannheim vertreten.
Neben diesen eindrucksvollen Leihgaben sind Exponate aus
dem Bestand des Badischen Landesmuseums zu sehen. Einige
im Zuge der Vorbereitungen entdeckte Werke wurden eigens
für die Ausstellung angekauft, so beispielsweise der „Teutonen"-Ofen
des Großherzoglichen Hoflieferanten Geißendörfer
von 1905 aus der Ersteinrichtung einer Karlsruher Wohnung.
Ein Glasfenster aus Emil Großkopfs Werkstatt in Karlsruhe
steht für das Phänomen der Glasfenster in Privathäusern,
ein neu erworbenes Esszimmer-Buffet von Hermann Billing
gilt als eines der wenigen Einzelmöbel aus dessen
Oeuvre.
Ein umfangreiches Begleitprogramm mit Experten- und Kostümführungen
sowie exklusiven Abendevents entführt die Besucher
in die spannende Zeit der Jahrhundertwende. Ein gan-zes
Wochenende zum Thema „Jugendstil ist grenzenlos!
Feiern und Leben am Oberrhein“ bietet das Museumsfest
vom 19. – 21.6.2009 im und vor dem Karlsruher Schloss.
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