1. Weltkrieg 1914 - 1918


Im Osten Neues

Archäologie des Ersten Weltkriegs im Elsass und in Lothringen

Archäologische Erkenntnisse über den Alltag der Soldaten

Ernährung

In den Abfallgruben unweit der Schützengräben wurden zahlreiche „zivile“ Geschirrteile aus lackiertem Ton oder Keramik gefunden. Daneben weisen die zutage geförderten Behältnisse auf den Konsum eines breiten Spektrums an Getränken hin. Klares Wasser durften die Soldaten nicht trinken, da es häufig verschmutzt war und die Gefahr von Epidemien bestand. Wein und Bier waren in Tonkrügen und Glasflaschen abgefüllt. Jeder Soldat hatte auch einen Flachmann. Vor den Angriffen wurden große Mengen an hochprozentigem Alkohol an die Truppen verteilt. Verbreitet waren Schnaps und Rum, an den deutschen Frontlinien wurden auch regionale Spezialitäten gefunden: Heidelbeerwein aus Nürnberg, Wacholderschnaps, Kümmelschnaps, Danziger Goldwasser (ein Gewürzlikör mit Blattgoldflocken). Großen Absatz fanden auch Mineralwasser, Brause und Limonade. Sie waren in speziellen Kugelverschlussflaschen abgefüllt, die sich dank der Kugel von allein wieder verschlossen. Chabeso wurde ab 1914 produziert. Dabei handelte es sich um eine milchsäurehaltige Limonade mit Fruchtgeschmack.

Bild links: Bier- und Weinflaschen

Ab 1917 tauchten Essigessenz-Messflaschen auf. Die 80%ige Essigsäure-Essenz wurde mit Wasser verdünnt als Würzmittel verwendet, aber auch gegen Flöhe eingesetzt!

 

Hygiene und Gesundheit

Der schlimmste Feind der Soldaten in den Schützengaben, die sich bei Regen in regelrechte Kloaken verwandelten, war neben der Kälte der Schlamm. Er war überall, wie in vielen Kriegsromanen ausführlich beschrieben. Für die Soldaten, die lange in vorderster Frontlinie ausharren mussten, kam erschwerend hinzu, dass sie zahlreich auf engstem Raum zusammenlebten, kein Wasser für die Körperhygiene zur Verfügung hatten und die Unterwäsche nicht wechseln konnten. Hygiene und Gesundheit litten unter Parasiten, vor allem Flöhen, und unter den vielen Ratten. Nur in Kampfpausen hatten die Soldaten die Möglichkeit, sich in sanitären Einrichtungen im Fronthinterland zu waschen und Unterwäsche und Kleidung in Ordnung zu bringen.

Latrinenanlagen waren in den militärischen Vorschriften eindeutig geregelt. Bei einer Parasitenuntersuchung der Nutzschichten eines auf der deutschen Frontseite ergrabenen Latrinenhauses in Geispolsheim wurden mehrere Parasiten ermittelt: Spulwürmer, Peitschenwürmer und Bandwürmer.

Diese Wurmerkrankungen des Verdauungstraktes führen zu schweren Verdauungsstörungen und Unterleibsschmerzen und lassen auf den schlechten Gesundheitszustand der Soldaten an diesem Frontabschnitt schließen. Zurückzuführen sind solche Parasiten im Allgemeinen auf mangelnde Sauberkeit und eine unausgewogene Ernährung, was natürlich angesichts der Knappheit und der schlechten Qualität der verfügbaren Lebensmittel nicht verwundert.

Zeitvertreibe

Zwischen den Bombardierungen und den kurzen Angriffen auf die feindlichen Stellungen vergingen lange Wartezeiten. Um die damit verbundene Angst und Langeweile zu töten, war es in den Schützengräben oder auch im Hinterland überlebenswichtig, sich in diesen Ruheperioden die Zeit zu vertreiben. Die Soldaten bastelten alle möglichen Gegenstände, spielten Karten und Domino, würfelten und lasen, um den zermürbenden Alltag für eine Weile zu vergessen. Viele korrespondierten auch mit ihren Angehörigen, und die erhaltenen Briefe waren für sie ein unverzichtbarer moralischer Rückhalt.


Tintenfläschchen und Schreibzeug

Neben Wein bot auch Tabak den Soldaten die Möglichkeit, der Wirklichkeit für eine Weile zu entfliehen. Verweise darauf finden sich bei vielen Schriftstellern, von Barbusse über Dorgelès und Cendrars bis hin zu Genevoix. Der Staat verteilte kostenlose Tabakrationen, doch aufgrund der Mangelwirtschaft wurde die Qualität des Tabaks im Laufe der Monate immer schlechter. Tabakersatz wurde mit dem Laub von Buchen, Eschen, Nussbaum oder auch Rhabarberblättern gestreckt. Nach wenigen Monaten in den Schützengräben zogen die meisten Soldaten der Zigarette die Pfeife vor, da diese länger brannte und im Winter die Hände wärmte.

Bestattungsarten

Aufgrund der prekären sanitären Verhältnisse kamen besondere Bestattungsformen zum Einsatz. Durch die sorgfältige Ergrabung zufällig entdeckter Soldatengräber lässt sich immer genauer auf deren Einzelheiten schließen. Von der furchtbaren Brutalität der Kämpfe zeugen durch Detonationen verstümmelte Körper, die zwischen den Schützengräben liegengelassen oder in Bombenkratern unter wenigen Zentimetern Erde begraben wurden. Solche Notbestattungen fanden in den Kampfgebieten statt, wenn der Abtransport der Leichen ins Hinterland nicht möglich war. Bei einem Angriff oder einer Bombardierung gefallene Soldaten der gleichen Einheit wurden in Gruppengräbern (wie dem des Schriftstellers Alain-Fournier und seiner Kameraden, das 1991 in Saint-Rémi-la-Calonne, Meuse, freigelegt wurde) oder in Massengräbern beigesetzt.

Auf würdigere Art konnten die Toten im Fronthinterland bestattet werden. Hier wurden die Gräber befestigt, und man setzte die Angehörigen einer Einheit auf improvisierten Friedhöfen gemeinsam bei. Die anfänglich zur Markierung der Gräber aufgestellten einfachen Holzkreuze wurden später teilweise durch steinerne Stelen ersetzt, die die Soldaten für ihre gefallenen Kameraden in Auftrag gaben. Bereits gegen Ende des Krieges begann man mit der Zusammenlegung der Kriegsgräber. Die damit beauftragte Bestattungsbehörde ließ in der Folge große nationale Soldatenfriedhöfe anlegen. Doch unter dem Bombenhagel und in den weiteren Kriegsjahren wurde die Existenz bzw. der Standort vieler Gräber einfach vergessen.

Religion und Glaubensvorstellungen

Durch die ständige Konfrontation mit dem Tod lebten die Soldaten in einem permanenten Gefühl der Angst und Bedrohung. Viele wandten sich deshalb der Religion zu und suchten im Glauben Beistand und Trost. Mit religiösen Anhängern, Kreuzen, Rosenkränzen, Heiligen- und Marienfiguren, die getragen oder in die Kleidung eingenäht wurden, erbaten sie den Schutz Gottes. Auch viele Glücksbringer in Form von durchlöcherten Münzen oder anderen Glückssymbolen wurden gefunden. An den Rückzugsorten wurden einfache Kapellen errichtet, im Freien abgehaltene Messen und Gottesdienste fanden großen Zuspruch.



 
Startseite | Geschichte | Service | Aktuelles | zur ZUM | © Badische Heimat/Landeskunde online 2013