Revolution 1848/49

(K)ein Michel unterm Storchenturm

Lahr im Vormärz und während der Revolution von 1848/49

In 55 Einzelaspekten rollt der Autor Thorsten Mietzner ein Panorama der Verhältnisse zwischen 1818 und 1849 in Lahr auf. Die Stadt erweist gerade in der Zeit des Vormärz ihrem Rang als einem der ersten Handelsplätze Badens Ehre, indem sie durchaus die Strömungen, die die Zeit im großen durchziehen, im kleinen Rahmen abbildet. Fabrikanten und Unterschichten, Lesegesellschaften und Bürgerwehr, Zensur und Kalender, das sind nur einige wenige der Pole, zwischen denen sich das Bewußtsein der städtischen Gesellschaft bewegt. Sie alle sind aus den Beständen des Lahrer Stadtarchivs und des Museums im Stadtpark auf eine erstaunliche Weise illustriert, die verdeutlicht, dass die Revolution im März 1848 nicht vom Himmel fiel, sondern aus vielen vielen Quellen entsprang.

Der zweite Teil des kleinen Bandes ist den Ereignissen der Revolutionszeit in Lahr gewidmet, die - ebenso wie im Land - von der tiefgreifenden Spaltung des liberalen Lagers in Radikale und Gemäßigte gekennzeichnet ist. Auch hier schafft es Mietzner, anhand einer Vielzahl von Zeitungsmeldungen, Abbildungen und Objekten ein lebendiges und spannendes Bild zu zeichnen. Der Bogen spannt sich hier vom Wiedererscheinen des radikalen "Schutterboten" am 18. März über die Wirrnisse von Heckerzug und Struveputsch bis zum Aufruf zur Bürgerversammlung vom 10.Mai 1849, die einen vorsichtigen - eben gemäßigt liberalen - Schritt zu Gunsten der Reichsverfassung beschloss.

Die Ereignisse brandeten dann allerdings ebenso über Lahr hinweg wie über das ganze Land. Die Stadt rüstete noch ein Freiwilligenaufgebot aus, das am 14. Mai in Karlsruhe ankam, ein zweites Aufgebot allerdings ließ schon erheblich weniger Einsatzbereitschaft erkennen. Die politische Lage innerhalb der Stadt war labil, immer noch standen sich Radikale und Gemäßigte gegenüber. Als Mitte Mai Gemeinderat und Bürgermeister gewählt wurden, war die Wahlbeteiligung schlecht, was auf erhebliche Ressentiments, von welcher Seite auch immer, schließen lässt.

Der kleine Band ist mehr als ein Katalog zur gleichnamigen Ausstellung im Alten Rathaus der Stadt. Über die Aktualität des Revolutionsjubliäums  hinaus ist er geeignet, die Erinnerung sowohl an einen demokratischen und liberalen Aufbruch als auch das über Jahre hinaus zu beobachtende Engagement der Bürger zugunsten ihrer politischen Freiheit für die Nachwelt zu dokumentieren und im Gedächtnis zu halten. Zugunsten dieses Zieles sind auch im Anhang des Bandes sieben Texte abgedruckt, vom Bericht über das Verfassungsfest 1843, von Texten über soziale Fragen über die "Motion Baum" mit der Forderung des direkten Wahlrechts für Baden bis hin zu Berichten über die Endzeit der Revolution . Hier kommen führende Beteiligte, wie Wilhelm Schubert, der Bürgermeister der Revolution oder Ludwig Fehsenbeckh, der Anführer der gegenrevolutionären Aktion am Dinglinger Bahnhof, selbst zu Wort.

Einen Bericht über die Eröffnung der Ausstellung veröffentlichte die Lahrer Zeitung am 23.6.98

 

   
   

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Revolution topografisch 
Mit Zorn und Eifer

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