Revolution 1848/49

Waren die Lahrer Streithammel?

Lahr. Oberbürgermeister Wolfgang Müller eröffnete am Sonntag die Ausstellung zur Revolution "(K)ein Michel unterm Storchenturm". Nachdem er in seinem Grußwort zunächst die "badische Revolution" ins rechte Licht gerückt und festgestellt hatte, daß damals nicht nur in Baden, sondern in ganz Europa der Freiheitsgedanke zu Veränderungen und auch Aufständen geführt hatte, stellte er die Frage, die vielleicht viele Lahrer bewegt hatte: War denn damals überhaupt etwas los in Lahr? Nach einem ersten Rundgang könne er nun feststellen, daß "wir" stolz sein könnten auf so viel lokalen Anteil am Geschehen. Die Ausstellung veranschauliche, daß wir in einem geschichtlichen Kontext lebten, daß das Heute immer nur von damals her zu verstehen sei.

Thorsten Mietzner, der die Ausstellung initiiert habe, könne den Lahrern nur zeigen, was da los war. Viele Nachfahren der handelnden Männer lebten heute noch in Lahr. Auch deshalb sei es gut, daß Lahr die Entscheidung für eine eigene Ausstellung getroffen habe. Aufgehorcht haben wohl auch manche der Anwesenden, als (OB) Müller nach dem Lob auf die schönen Räume im Alten Rathaus die Hoffnung äußerte, daß schon bald Pläne für die Nutzung des Hauses konkretisiert werden können. Erfrischend kurz faßte sich nach dem OB auch Thorsten Mietzner. Seine Frage sei gewesen "Waren die Lahrer Streithammel?", sein Ziel, dem kollektiven Gedächtnis der Lahrer auf die Sprünge zu helfen, das allerdings sei in Sachen Revolution bescheiden, wenn nicht gar falsch gewesen.

Bescheiden stellte er fest, daß seine Arbeit keineswegs zu einem objektiven Bild geführt habe, auch einen roten Faden gebe es nicht. Die Grenzen hätten ihm seine eigenen Vorlieben, Abneigungen und auch seine Fähigkeiten gesetzt. Im Mittelpunkt der Objekte stehe der Konflikt. Man habe über beinahe alles gestritten. Aber das eben sei ein Stück demokratischer Entwicklung, Demokratie habe viel mit Streiten zu tun. Gezeigt werde vor allem Schriftliches, die meisten Exponate seien aus dem Archiv - Briefe Druckschriften, Zeichnungen und Bücher, aber auch Abbildungen. Seine Empfehlung für den Besucher: Nicht unbedingt alles zu lesen, aber sich hin und wieder in eines der Exponate zu vertiefen und es vollständig zu lesen.

Beim Gang durch die Ausstellung konnte man einen ersten Eindruck gewinnen. Selbst wer sich in Lahr auskennt, kann viele Schätze entdecken, so der nur kurze Zeit und als Konkurrenz zum eher gemäßigten Wochenblatt erschienene "Schutterbote", der in allen Ausgaben ausliegt. Ein Glückwunsch dem Thorsten Mietzner, der sich mit dieser Ausstellung als ein Lahrkundiger, aber auch als ein geschickter Ausstellungsmacher und eigentlich als unentbehrlich für Lahr erwiesen hat.

Copyright Lahrer Zeitung, 23.6.98

 

   
   

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