In Folge des Napoleonischen Feldzuges nach Ägypten 1798 –1801
begann die wissenschaftliche, wirtschaftliche, politische und
kulturelle Aneignung des Orients durch den Okzident. Dabei kamen
Künstler zunächst als Begleiter militärischer
Kampagnen, diplomatischer Missionen oder adliger Entdeckungsreisender
ins Morgenland.
Die Blütezeit der sogenannten Orientmalerei, deren Käufer
Mitglieder des Groß- und Bildungsbürgertums sowie
Vertreter des Adels wurden, lag erst in der zweiten Hälfte
des 19. Jahrhunderts, vor allem in den 70er – 90er Jahren.
Als Teil des europäischen Historismus erfolgte wie in der
Literatur eine zunehmende Trivialisierung der Kultur des Orients,
seiner Sujets und Formensprache. Er wurde zu einem Ort der Sinnlichkeit
und Dekadenz, beliebt waren vor allem Haremsszenen und türkische
Bäder.
Zunächst prägten vorrangig französische und englische
Künstler wie Delacroix, Decamps oder Fromentin die Orientmalerei,
deren Nationen die Kolonialisierung aktiv betrieben. Einer der
frühesten Künstler dieses Genres in Deutschland war
Heinrich von Mayr, der zunächst eine Ausbildung zum Genre-,
Schlachten- und Pferdemaler bei seinem Stiefvater Christian Friedrich
Fues und bei Albert Reindel erhalten hatte, bevor er 1838 Kabinettmaler
des reiselustigen Herzogs Maximilian von Bayern wurde, Vater
der späteren österreichischen Kaiserin Elisabeth, gen.
Sissi. Der Künstler begleitete ihn im gleichen Jahr auf
eine achtmonatige Reise nach Nubien, Ägypten, Palästina,
Syrien und Malta, aus der zwei Veröffentlichungen erwuchsen: „Malerische
Ansichten aus dem Orient“, 1839, und „Genrebilder
aus dem Orient“, 1846 – 50. Ihre lithographischen
Illustrationen nach Zeichnungen Heinrich von Mayrs hatten dokumentarische
Funktion, sollten aber auch dem Vergnügen und der Bildung
dienen: Orientalische Landschaften und Sehenswürdigkeiten,
Volks- und Straßenszenen, besondere Architekturen wie Tempel,
Pyramiden oder Ruinen.
Für die beim Publikum beliebten Darstellungen des orientalischen
Alltags mit einer größeren Anzahl von Figuren boten
sich, wie in der hier ausgestellten Ansicht verwrklicht, die
meist vor den Toren der Städte gelegenen Marktplätze
an, auf denen Händler, Käufer und Tiere unterschiedlichster
Herkunft und Art zusammentrafen. Heinrich von Mayr erzählt
hier aber keine figurenreiche Anekdote, zentrales Motiv seines
Gemäldes ist vielmehr eine Gruppe ruhig rastender Tiere
und Menschen, die vor der fast monochromen Farbigkeit der Umgebung
durch bunte Farbakzente und von rechts einfallendes Sonnenlicht
herausgestellt ist.
Nach Textvorlage von Annette Frese |