Brüssel / Bruxelles / Brussel


Kurze Geschichte der Stadt

  

Brüssel wird erstmals 966 als „Bruocsella“ in einer Urkunde Ottos des Großen erwähnt. Nach lokaler Tradition soll Herzog Karl von Niederlothringen 977/979 auf einer Insel im Flüsschen Senne eine Burg samt Kapelle errichtet haben, in deren Schutz sich die Siedlung entwickelt haben soll. Diese Meinung wird jedoch von den meisten Stadthistorikern nicht mehr geteilt.
Nach der Vita der heiligen Gudula, wie sie zwischen 1047 und 1053 im Kloster Lobbes niedergeschrieben wurde, ließ Herzog Karl die Reliquien der Heiligen in die Kirche Saint-Géry auf der Senneinsel bringen. Die Heilige wurde später Stadtpatronin und ist heute die Patronin des Landes Belgien. Eine erste Stadtbefestigung wird im 11. Jahrhundert angelegt, die Stadtbefestigung des 14. Jahrhunderts ist in den Boulevards des kleinen Rings erkennbar.

Um 1100 errichtete der Graf von Louvain auf dem Coudenberg genannten Hügel eine befestigte Residenz (an der Stelle der heutigen Place Royale). Hier bauten die Herzöge von Brabant im 13. Jahrhundert ihr Stadtschloss, das alle ihre Nachfolger im Herzogtum Burgund, in der spanischen und österreichischen Statthalterschaft bis hin zur heutigen Monarchie weiterbauten und nutzten.

Durch sein Gewerbe und seinen Hafen am Fluss Senne wurde die Stadt ein wichtiger Markt im internationalen Handel. Von dem dadurch erreichten Wohlstand legt der Beginn der Arbeiten an der Stiftskirche Sainte-Gudule (1225), der das romanische Kirchengebäude durch einen gotischen Neubau ersetzte, Zeugnis ab.

In den folgenden Jahrhunderten wuchs der Reichtum der Stadt. Handel und Gewerbe spezialisierten sich auf Luxusstoffe, die nach Frankreich, Italien und England gehandelt wurden. Zum Oberherrn, dem römisch-deutschen Kaiser, bestanden beste Beziehungen, die 1183 zur Erhebung des Grafen Heinrich I. von Louvain und Brüssel (1190-1235) zum Herzog von Brabant führten. Dieser umgab die Stadt mit der ersten Mauer, einer Befestigung von 4 km Länge, die die Insel Saint-Géry und den Senne-Hafen, den Markt, der später die Grand Place von Brüssel wurde, das Stift Sainte-Gudule und die Burg Coudenberg einschloss.

Im Gegensatz zu Flandern, das sich gegen seinen Lehnherrn, den König von Frankreich, erhob, erreichte die Stadt vom römisch-deutschen Kaiser zahlreiche Privilegien, die seine Stellung stärkten und die Politik des Herzogs unterstützten, darunter 1229 das erste bekannte Strafgesetzbuch.

Die Herrschaft in der Stadt lag in den Händen von sieben patrizischen Familien, die auch den Handel kontrollierten. Ihre Privilegien wurden 1306 vom Herzog bestätigt. Die Zünfte erhielten erst in der 2. Hälfte des 14. und im 15. Jahrhundert eine Teilhabe an der Macht in der Stadt.

Die Stadt, Hauptresidenz des Herzogtums Brabant, behielt diese Stellung auch, als 1430 Philipp der Gute, Herzog von Burgund, das Herzogtum Brabant erbte. Die Stadt blühte im Einzugsbereich des burgundischen Hofs auf und gab zahlreichen Künstlern und Kunsthandwerkern Arbeit und Lohn. Künstler wie Pieter Brueghel der Ältere und Rogier van der Weyden ließen sich in der Stadt nieder. Mit der Ehe der Enkelin des Herzogs Philipp des Guten, Maria, mit dem Habsburger Maximilian werden Brabant und die burgundischen Niederlande habsburgisch und von Statthaltern regiert. Margarete von Österreich verlegte zu beginn des 16. Jahrhunderts die Residenz nach Mechelen, doch wird Brüssel 1531 erneut Sitz des Hofs.

Mit der Teilung des Habsburgerreiches unter die Söhne des Kaisers Karl V., Ferdinand und Philipp, kamen die Niederlande zu Spanien und wurden weiterhin durch einen Statthalter mit Sitz in Brüssel regiert. Sowohl aus religiösen als auch aus wirtschaftlichen Gründen kam es zu Erhebungen gegen die spanische Herrschaft, unter anderem unter der Führung bei beiden Grafen Hoorn und Egmont, die 1568 auf dem Marktplatz in Brüssel hingerichtet wurden. Der Aufstand weitete sich jedoch in der 1578/79 gegründeten Union von Utrecht zu einem achtzig Jahre dauernden Unabhängigkeitskampf der nördlichen, calvinistischen, Niederlande aus. Angesichts der blutigen Verfolgung der Protestanten, vor allem durch den spanischen Herzog von Alba, erlitten die spanischen Niederlande einen Exodus der wirtschaftlichen und geistigen Elite in di nördlichen Provinzen.

Brabant und die Stadt Brüssel konnten den wirtschaftlichen Niedergang jedoch durch eine Verlagerung auf Kunst und Kunsthandwerk wettmachen, so dass der Rang der Stadt in der europäischen Kultur ungeschmälert blieb.

Nach der definitiven Anerkennung der Unabhängigkeit der nördlichen Provinzen im Westfälischen Frieden von 1648 blieben die südlichen Niederlande unter spanischer Herrschaft, waren allerdings seit 1677 den französischen Angriffen in den verschiedenen Reunionskriegen ausgesetzt. Westflandern und der Hennegau (Hainaut) wurden in dieser Zeit französisch.

Im so genannten Pfälzischen Erbfolgekrieg (eigentlich Krieg der Augsburger Liga) wurde Brüssel im August 1695 drei Tage lang französischem Artilleriebeschuss ausgesetzt, um die Namur belagernden gegnerischen Armeen abzulenken. Der Turm des Rathauses diente als Ziel, aber die Kanonen zerstörten statt seiner die Häuser der Grand Place und einen großen Teil der Stadt – nach dem Quellen ein Drittel der Stadt mit 3800 bis 5000 Gebäuden -, das Stadtzentrum mit dem großen Markt versank in Schutt und Asche. Die europäischen Höfe reagierten, ebenso wie bei der Zerstörung von Heidelberg zwei Jahre vorher, mit Entrüstung.

Zeichen sowohl des weiterhin vorhandenen wirtschaftlichen Wohlstands der Stadt und ihrer Bürger als auch des bürgerlichen Selbstbewusstseins – durchaus auch gegenüber dem regierenden Patriziat der Stadt – ist der schnelle Wiederaufbau des Zentrums mit den Zunfthäusern am Großen Markt. Das Rathaus, das nur ausgebrannt war, wurde im originalen Zustand wieder aufgebaut. An der Stelle der alten Münze ließ der spanische Gouverneur Max Emanuel von Bayern 1700 das alte Hôtel des Monnaies, Vorgänger des heutigen Theatre de la Monnaie, errichten.

Der Friede von Rijswijk 1697 brachte die Rückgabe der französischen Eroberungen an Spanien. Ergebnis des kurz darauf ausbrechenden spanischen Erbfolgekriegs (1701 – 1714) war jedoch der Übergang der südlichen Niederlande, die jetzt bereits mit dem Namen Belgien bezeichnet wurden, an Österreich, das das Land wieder durch Statthalter in Brüssel regieren ließ.

Die habsburgischen Niederlande waren während der ersten Jahre der französischen Revolution sowohl der Fluchtort für emigrierte französische Adlige als auch der Hort der gegenrevolutionären Bestrebungen. Traditioneller französischer Politik entsprach es, wenn die Revolutionstruppen 1794 als erstes Land Belgien eroberten und der französischen Republik eingliederten.

Mit dem Ende Napoleons 1815 und der Regelung seines politischen Erbes auf dem Wiener Kongress wurden die südlichen Provinzen wieder im Königreich der vereinigten Niederlande mit dem Norden vereinigt. Die zunehmenden Spannungen zwischen dem reich entwickelten protestantischen Norden und dem katholischen Süden führten jedoch zum Aufstand von 1830, in dem sich der Süden fast kampflos vom Norden löste und unter Mitwirkung der europäischen Mächte als Königreich Belgien konstituiert wurde. Um künftige Machtgelüste Frankreichs auszuschalten und das Sicherheitsbedürfnis Großbritanniens auf dem ihm gegenüberliegenden Festlandsufer zu befriedigen wurde Belgien in der Konferenz von London 1830/31 für neutral erklärt. Die Neutralität wurde von Frankreich, Großbritannien und Preußen garantiert. Hauptstadt des neuen Landes blieb Brüssel, Prinz Leopold I. von Sachsen-Coburg begründete das neue belgische Königshauses.

Über Brüssel in der Neuzeit siehe den entsprechenden Wikipedia-Artikel

     

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