2.11.18

Badisches Landesmuseum Karlsruhe - Revolution!

Die Rastatter Guillotine

(blm) Das größte Exponat der Sonderausstellung „Revolution! Für Anfänger*innen“ (21.4.–11.11.2018) löst bei den meisten Besucherinnen sicher zwiespältige Gefühle aus: die sogenannte „Rastatter Guillotine“. Sie verkörpert die Themen Gewalt und Terror, die in der Geschichte oft mit Revolutionen verbunden waren. So sind z. B. alleine während der Französischen Revolution mehr als 16.000 Menschen auf einer Guillotine hingerichtet worden.

Was uns heute kaum mehr nachvollziehbar erscheint: die Einführung der Tötungsmaschine galt zunächst als Fortschritt – Denn die bis dato praktizierten Hinrichtungsmethoden, die sich je nach Verbrechen und Gesellschaftsstand der Delinquenten sehr unterschieden, bedeuteten für die
Verurteilten oft einen langen und qualvollen Tod. Deshalb propagierte der französische Arzt Joseph-Ignace Guillotin die vergleichsweise humane Tötungsmethode mittels einer Hinrichtungsapparatur. Die revolutionäre Nationalversammlung Frankreichs folgte seiner Argumentation und legte 1792 die Hinrichtung durch die Guillotine als einzige Form zur Vollstreckung der Todesstrafe fest. Auch im Tod sollten nun alle gleich sein. Doch in den Händen der radikalen Eiferer unter Maximilien Robespierre wurde die Guillotine zu einem Schreckensinstrument des revolutionären Terrors – dem am Ende die Eiferer selbst zum Opfer fielen.



Aber wieso wird die in der Ausstellung gezeigte Guillotine als „Rastatter Guillotine“ bezeichnet? Gab es auch in Baden revolutionäre Tribunale, die ihre Urteile damit vollstreckten? Tatsächlich stammt die Guillotine, die sich seit 1979 im Besitz des Badischen Landesmuseums befindet, nicht aus der Zeit der Französischen Revolution, sondern ist sehr viel jüngeren Urspru-ngs: Sie wurde nach dem 2. Weltkrieg angefertigt. In diesen Jahren wurden vor Gerichten der alliierten Besatzungsmächte zahlreiche Prozesse über die Verbrechen des nationalsozialistischen Regimes geführt. Die sogenannten „Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse“ sind die bekanntesten. Aber auch in der französischen Besatzungszone wurde eigens ein Gericht zur Verurteilung von NS-Verbrechen gegründet. Dieses Tribunal hatte zwischen 1946 und 1956 seinen Sitz im Rastatter Schloss, die Verhandlungen fanden dort im zentralen Festsaal statt.

Im Oktober 2018 wird sich ein Vortrag im Rahmen der Ausstellung „Revolution! Für Anfänger*innen“ mit diesen als „Rastatter Prozesse“ bekannt gewordenen Verfahren beschäftigen. Referentin Elisabeth Thalhofer, Leiterin der Erinnerungsstätte für die Freiheitsbewegungen in der deutschen Geschichte im Rastatter Schloss, konnte im Rahmen ihrer Dissertation Einblick in die in französischen Archiven verwahrten Unterlagen der Rastatter Prozesse nehmen, die eigentlich noch einer Sperrfrist unterliegen.

Aufgrund dieser Restriktionen beim Zugang zu den französischen Archiven ist es nur schwer möglich, sich einen Überblick über die in Rastatt gefällten Todesurteile zu verschaffen. Tatsächlich sind solche aber gefällt und auch vollstreckt worden – mittels der Guillotine, die sich heute im Badischen Landesmuseum befindet. Für genau diesen Zweck wurde die Guillotine nach dem Krieg neu angefertigt, denn eine zuvor in Baden vorhandene Guillotine war während des Zweiten Weltkriegs verloren gegangen. Aufgestellt wurde sie in einer ehemaligen Bastion der Festung Rastatt, woher sie später ihren Namen bekam: die „Rastatter Guillotine“.

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