Was
haben elektrische Bügeleisen, Radios, Staubsauger
oder Kühlschränke mit Mode zu tun? Auf den
ersten Blick nicht viel. Schaut man aber genauer hin,
so entdeckt man eine faszinierende Verbindung: die Werbung.
Auf Plakaten, in Anzeigen oder Filmen sind es stets die
schönen Menschen in schönen Kleidern, die dem
Betrachter die Vorteile des neuen elektrischen Helfers
im Haushalt anpreisen – mal ganz direkt und mondän,
mal versteckt und bieder.
Das Museum für Energiegeschichte(n) präsentiert
in der Ausstellung „Ganz Dame und doch Hausfrau – Mode
in der Werbung für Staubsauger, Radio & Co.“ wie
es die Werbestrategen über Jahrzehnte hinweg immer
wieder geschafft haben, diese reizvolle Verbindung von
lustvoller Ästhetik und gebrauchsfertiger Technik
wirkungsvoll in Szene zu setzen. Die Sonderschau ist als
Teil des großen Kooperationsprojektes „Hannover
Goes Fashion“ vom 31. August 2008 bis 28. Februar
2009 zu sehen.
Elegante Dame oder biedere Hausfrau? In der Werbung, die
den Siegeszug der Elektrizität ab den 1890er Jahren
als Gesellschaftsrevolution begleitete und beförderte, übernahmen
die Frauen die Vorreiterrolle.
In ihrer unangefochtenen Stellung als Hausfrau, Familienversorgerin
und Mutter sollten sie nach den Vorstellungen der Gerätehersteller
von der fortschreitenden Elektrifizierung der Haushalte
profitieren und ihr Wirken fortschrittlich und selbstverständlich
mit den neuen Errungenschaften in Einklang bringen. Im
täglichen Umgang mit den Anforderungen durch Haushalt,
Familie und Freizeitvergnügen stehen typisierte Werbefiguren.
Die Mode wird als Vehikel benutzt, um den Aktualitätsbezug
herzustellen, Identifikationsmuster zu schaffen und eine
bestimmte Zielgruppe anzusprechen.
Die „brave Hausmutti“ und der „mondäne
Vamp“ – beide von der Werbeindustrie als anscheinend
repräsentative Vertreterinnen gewählt, um den
modernen Lebensstil der Zeit selbstbewusst und im Einklang
mit den an die Frau gestellten Anforderungen zu versinnbildlichen.
Das aufgespannte Bild der Frau zwischen beiden Polen stellt
den zentralen Aspekt in der Ausstellung dar.
Originalplakate, Anzeigen und Prospekte sowie historische
Werbefilme werden den darin beworbenen Geräten im
Original gegenübergestellt. Der Wandel in der Bewerbung
und das Bild der Frau, wie es sich in der Kleidung und
in der Umgebung der dargestellten Personen ausdrückt,
wird in einzelnen Themeninseln in Aspekten aufgegriffen
oder zu Lebenswelten verdichtet. Es gilt der Frage nachzugehen,
inwieweit Frau und Familie als modisch vorbildliche Ideale
ihrer Zeit zu identifizieren sind. Um es vorweg zu nehmen:
Dem Manne kommt dabei in der Darstellung eine deutlich
untergeordnete Rolle zu.
Der mondäne Vamp mit Staubsauger Exemplarisch greift
die Ausstellung Themen und Typen im historischen Wandel
heraus: Zum Beispiel repräsentiert die junge Dame
in den 1920er Jahren den selbstbewussten, sinnenfreudigen
Geist ihrer Zeit. Mit schlanker Silhouette, in Kleider
mit tief sitzender Taille gewandet und mitunter lasziv
lächelnd, scheint sie eher mit den Geräten zu
spielen, denn eine Arbeit damit zu verrichten: Die eher
peinliche Situation, sich mit Dienstboten-Arbeit abzugeben,
wird durch die Inszenierung von Haushaltsszenen durch Filmschauspielerinnen
ins erstrebenswerte Gegenteil verkehrt. Sinnbild dieses
neuen, selbstbewussten Frauentypus verkörpert die
Schauspielerin Edmonde Guy, die als mondäner Vamp
in schillernder Abendgarderobe das Staubsaugen mit dem
ersten handlichen Kleinstaubsauger „AEG-Vampyr“ ganz „en
passant“ anstelle des Hausmädchens erledigt.
Zwischen Küchenradio, Waschmaschine und Familie Das
ideologisch geprägte „heile Familienbild“ hingegen
erscheint in den dreißiger Jahren als erstrebenswertes
Ideal. In der Küche oder im Wohnzimmer bilden zunächst
das Rundfunkgerät und später der Fernsehapparat
zunehmend den neuen familiären Mittelpunkt. Die Damen
tragen mit kurzen Haaren und „Quetschwellen“ Einheitsfrisuren,
die jüngeren sind braun gebrannt, meist sportlich
gekleidet und strahlen lachend gesunden Optimismus aus.
Der Vertreterin des mondänen Lebensstils im unpraktischen,
aber eleganten Outfit gegenüber steht die durchschnittliche
Hausfrau in gut sitzender, jedoch schlichtfunktionaler
Garderobe, wie sie in den 1950erJahren als brave Köchin
und Mutter an Topf, Waschmaschine und Herd hantiert. Was
eine gute Hausfrau, die eine perfekte Ehefrau und Mutter
zu sein hat, benötigt, wird hier vorgeführt und
als erstrebenswert in Aussicht gestellt. Wo der Waschautomat
als neues Familienmitglied begrüßt wird, ist
die Kleidung der Frau nicht mehr ausschließlich schmucklos
und zweckmäßig, sondern darf sich im verhaltenen
Chic gerne auch einmal modern folkloristisch geben.
Diese beispielhaft aufgeführten Rollenklischees werden
exemplarisch vorgestellt und stets mit einem leichten Augenzwinkern
auf ihre Allgemeingültigkeit hin hinterfragt: Wo wandeln
sich die Frauenbilder, wo prägen sie die Mode? Und
wie und wo werden sie von ihr geprägt? Mit den Antworten
auf diese Fragen gibt die Ausstellung „Ganz Dame
und doch Hausfrau“ einen amüsanten Rückblick
auf die modischen Werbewelten von Staubsauger, Radio und
Co.
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