Mit dem Titel Der Griff nach der Krone - Die Pfalzgrafschaft
bei Rhein im Mittelalter" veranstalteten die Staatlichen Schlösser
und Gärten Baden-Württemberg und das Generallandesarchiv
Karlsruhe vom 23. September bis 10. Dezember 2000 im Ottheinrichsbau
des Heidelberger Schlosses eine der wichtigsten kulturgeschichtlichen
Ausstellungen in jenem Herbst.
Am 21. August 1400 wurde Pfalzgraf Ruprecht III. auf dem
Königsstuhl
zu Rhens als Ruprecht "von der Pfalz" zum Römischen König erhoben,
nachdem man zuvor Wenzel von Böhmen als untauglich abgesetzt hatte.
Während seiner knapp zehn Jahre währenden Herrschaft wurde
das Reich für Jahrhunderte zum letzten Mal vom Rheinland aus regiert.
Dies gab Anlass, sich der Geschichte der Pfalzgrafschaft im Mittelalter
zuzuwenden und den Aufstieg dieses Territoriums zum bedeutendsten weltlichen
Kurfürstentum nachzuspüren; denn ohne solche Voraussetzungen
hätte Ruprecht den Thron nicht erlangen können.
Bild: Blick in die Ausstellung im Ottheinrichsbau des Heidelberger
Schlosses
Die
Pfalzgrafschaft als Fürstentum entwickelte sich aus dem Amt des
lothringischen bzw. rheinischen Pfalzgrafen und setzte sich nach einer
allmählichen Verlagerung der Herrschaftsgrundlagen territorial im
nördlichen Oberrheinraum mit dem Schwerpunkt Heidelberg fest. Dynastisch
war sie seit 1214 bis an ihr Ende 1803 an das Haus Wittelsbach gebunden.
Dies stellt den ersten Bereich der Ausstellung und auch das erste Kapitel
des begleitenden Kataloges dar. Der Stellung der Pfalzgrafen als Kurfürsten
widmet sich der zweite Abschnitt: Sie waren Stellvertreter des Königs,
und ihrem Hofamt des Erztruchsessen des Reichs verdankten sie die endgültig
1356 erlangte Kurwürde. Ihr durch Eheschließungen vielfach
dokumentiertes enges Verhältnis zu den jeweiligen Königen stellt
einen - freilich bisweilen auch risikoreichen - Grundzug ihrer Politik
dar. Auch Ehen mit außerdeutschen Königs- und Fürstenhäusern
gab es.
Das dritte Kapitel versucht herauszuarbeiten, was die Staatlichkeit" der Pfalz" ausmachte;
denn dieser abstrakte Begriff kam schon um 1350 zur Bezeichnung des
Landes, über das die Pfalzgrafen geboten, auf. Thematisiert
werden hier die Herrschaftssymbolik auf Siegeln, Wappen und Münzen,
das Lehnswesen als politisches Gestaltungselement, das trotz vieler
Zuwächse keineswegs geschlossene Territorium mit Burgen und
Städten, die Verwaltung und die Kanzlei als ihr Kern sowie die
Zugewinne durch zahlreiche Reichspfandschaften.
Auf das Kapitel zum Königtum Ruprechts von der Pfalz
folgt die Darstellung kultureller, gesellschaftlicher und wirtschaftlicher
Aspekte, nämlich das vielschichtige Verhältnis zur Kirche,
die Gründung der Universität Heidelberg, Hof und Residenz
als kulturelles, am Ende des 15. Jahrhunderts europaweit ausstrahlendes
Zentrum, das Verhältnis zum Niederadel, schließlich Handel,
Bergbau und Gewerbe als Grundlagen von Reichtum und Macht.
Das letzte Kapitel zeichnet die politische Entwicklung im 15. Jahrhundert
nach. Die Aufspaltung in vier Linien nach dem Tod des Königs
konnte machtmäßig bald wieder wettgemacht werden, zumal
durch die Politik Friedrichs des Siegreichen, der - einmalig in der
Geschichte der Pfalzgrafschaft - territorialen Zugewinn durch Eroberungen
machte. Seine dem Kaiser erfolgreich trotzende Politik nahm Züge
eines Vize- oder Gegenkönigtums am Rhein an; insoweit griff
auch er nach der Krone. Unter seinem Neffen und Nachfolger büßte
die Pfalz durch den Ausgang des leichtfertig angezettelten Landshuter
Krieges 1505 ihre hegemoniale Stellung wieder ein.
Bild rechts: Der Pfalzgraf bei Rhein vom Mainzer Kurfürstenzyklus,
um 1330 (Kopie) |