Bilder des Orients


Biografien

  

Der Fotograf Antoine-Khan Sevruguin (ca. 1840–1933)
Er studierte Malerei in Tiflis/Georgien in den 1869er Jahren. Dort traf er den russischen Fotografen Dmitri Iwanowitsch Jermakow, bei dem er Fotografie erlernte. Etwa 1870 ging er mit zwei Brüdern nach Täbris, wo er ein Fotoatelier eröffnete und ausgedehnte Fotoreisen nach Aserbaidschan, Kurdistan und Luristan unternahm. Ein paar Jahre später verlegten er und seine Brüder Wohnsitz und Atelier nach Teheran in die Ferdousi-Avenue. Er arbeitete als Porträt-Fotograf in seinem Atelier, unternahm aber auch weiterhin Reisen durch Iran. Schah Naser Ad-Din machte ihn zum offiziellen Hoffotografen und verlieh ihm den Titel „Khan“ sowie den „Sonne und Löwe-Orden“. Auf zahlreichen internationalen Fotoausstellungen gewann Antoine-Khan Preise und Medaillen, z. B. in Brüssel 1897 und in Paris 1900. Deutsche Archäologen druckten seine Fotografien der antiken Stätten bei Persepolis in ihren Büchern ab, z. B. Friedrich Sarre in „Iranische Felsreliefs“ 1910. Während der Jungpersischen Revolution wurde der größte Teil seiner umfangreichen Glasnegativ-Sammlung zerstört. Den verbliebenen Rest konfiszierte später Schah Reza und ließ ihn vernichten. Ein Koffer voll geretteter Negative konnte allerdings auf Initiative der Tochter Mary Sevruguin außer Landes gebracht werden und ist heute Eigentum der Smithsonian Institution in Washington D.C./ USA.

Der Maler André „Darvish“ Sevrugian (1894–1996)
Der Sohn von Antoine-Khan Sevruguin studierte in Paris an der „Academie des Beaux Arts“ Malerei. Bekannt wurde er durch 416 Illustrationen des Schahname, dem persischen Nationalepos „Buch der Könige“, verfasst von dem persischen Dichter Ferdousi im 11. Jahrhundert. Im Ferdousi-Jahr 1934 bekam er im Zusammenhang mit einer großen Ausstellung in Teheran den Persischen Kulturorden verliehen. 1935 zeigte er die Schahname-Illustrationen in drei großen Ausstellungen in Indien (Kalkutta, Bombay und Hyderabad). Der Fürst von Hyderabad kaufte 100 Illustrationen für sein Museum. 1936 folgten Ausstellungen in London und Berlin. Kurz vor dem Zweiten Weltkrieg siedelte Sevrugian mit seiner Familie von Teheran nach Wien um, wo er vor allem an Illustrationen der „Vierzeiler“ des berühmten Dichters und Philosophen Omar Chajjam (11. Jahrhundert) arbeitete. Die kriegsbedingte Zerstörung seines Hauses in Wien zwang ihn und seine Familie zur Flucht. Durch die Wirren des Krieges gelangten die Sevrugians nach Stuttgart und später nach Heidelberg. Bis zu seinem Tod 1996 im alter von 103 Jahren schuf André „Darvish“ Sevrugian ein außerordentlich umfangreiches künstlerisches Werk mit Illustrationen u. a. der Werke großer persischer Dichter, Philosophen und Mystiker. Allerdings konnte er in Deutschland nicht mehr an seine großen Erfolge in Iran und Indien anknüpfen.

Künstlerisches Schaffen und Familiengeschichte
Die Fotografien und Illustrationen werden vor dem Hintergrund der Geschichte der Sevrugians gezeigt, einer seit vielen Generationen im Iran lebenden armenischen Familie. Die Sevrugians gehörten zur gebildeten Oberschicht Irans und können als armenisch kosmopolitische Weltbürger beschrieben werden. Die Familiengeschichte macht deutlich, dass der Umgang mit eigener und fremder Kultur keineswegs ein neues Phänomen ist, auch wenn es in der heutigen Zeit transnationaler globaler Migration so erscheinen mag. Der Urgroßvater von Emanuel Sevrugian hatte in St. Petersburg Orientalistik studiert, bevor er als Armenier mit russischem Pass an die Botschaft Russlands in Teheran kam, wo auch sein Sohn Antoine geboren wurde. Er pflegte einen regen geistigen Austausch mit europäischen Intellektuellen und Wissenschaftlern, ebenso mit einheimischen Stammesfürsten und islamischen Gelehrten.

Das Familienleben im Hause Sevrugian war geprägt durch vielfältige kulturelle Aktivitäten wie Dichterlesungen oder Diskussionsrunden. Sowohl Antoine als auch sein Sohn André sprachen neben ihrer Muttersprache Armenisch mehrere europäische Sprachen und natürlich auch Persisch. Literatur lasen sie in den Originalsprachen. Sie waren geschichtlich bewandert und gehörten verschiedenen intellektuellen Zirkeln an. Dieser offene geistige Horizont war sicher die Voraussetzung dafür, die Weltbilder und Lebensweisen von zwei Kulturen sowohl im Alltag zu verknüpfen als auch künstlerisch umzusetzen.

So wie die Künstler zugleich in der armenischen und der persischen Kultur zuhause waren, ist auch ihr künstlerisches Werk durchdrungen von der Zugehörigkeit zu beiden Kulturen. Antoine und André hegten eine tiefe Liebe für die persische Kultur, ja fühlten sich in vielerlei Hinsicht als Iraner. Zwar blieben sie ihr Leben lang Christen, geistige Orientierung fanden sie aber auch in der Mystik des Islam.

     
   

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