Museum im Ritterhaus, Offenburg


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Rückblick: Gurs. Ein Internierungslager Südfrankreich 1939-1943
 

Aquarelle, Zeichnungen und Fotografien
Sammlung Elsbeth Kasser

Aus Anlass des 70. Jahrestages der Deportation der Juden Badens und der Pfalz ins südfranzösische Internierungslager Gurs zeigt das Museum im Ritterhaus Aquarelle, Zeichnungen und Fotografien aus der Sammlung Elsbeth Kasser. Die rund 150 Exponate sind in den Kriegsjahren von Künstlern geschaffen worden, die im französischen Internierungslager Gurs inhaftiert waren. Sie geben Einblick in den Lageralltag und künden von den schwierigen Bedingungen, unter denen sie entstanden sind.

Julius C. Turner, Warten auf die Abendsuppe, Aquarell, 27 x 36 cm, signiert: Gurs julius C. Turner 1941. Repro Museum Ritterhaus
Julius C. Turner, Warten auf die Abendsuppe, Aquarell, 27 x 36 cm, signiert: Gurs julius C. Turner 1941. Repro Museum Ritterhaus

Elsbeth Kasser (1910 - 1992) war von 1940 bis 1943 als Krankenschwester im Lager Gurs tätig. Dort engagierte sie sich, neben ihrer pflegerischen Tätigkeit, vor allem auch für Bildung und Kultur. Wegen ihres humanitären Engagements wurde sie "der Engel von Gurs" genannt. Ihre Sammlung wird heute durch die 1994 gegründete Elsbeth Kasser-Stiftung betreut und ist im Archiv für Zeitgeschichte der ETH Zürich öffentlich zugänglich. Ausstellung, Katalog und Plakat wurden teilweise von Studierenden der Hochschule Luzern – Design & Kunst konzipiert und gestaltet.

Die Deportation nach Gurs
Am 22. Oktober 1940 wurde die gesamte jüdische Bevölkerung Badens und der Pfalz von den Nationalsozialisten ins südfranzösische Internierungslager Gurs deportiert. Insgesamt 6 538 Menschen waren betroffen, fast 100 aus Offenburg. Ohne Vorwarnung hatte man sie aus ihrem Leben gerissen und ins Elend gestoßen.

Vorausgegangen war ein Beschluss des badischen Innenministers vom 15. Oktober 1940, der bestimmte, "alle transportfähigen Volljuden festzunehmen und abzutransportieren". Ausgenommen waren lediglich ausländische "Nichtarier" und Juden, die in Mischehen lebten. Über Belfort schob man die Deportierten nach vielem Hin und Her ins unbesetzte Frankreich ab. Die französische Regierung der freien Zone in Vichy wurde von den Vorgängen völlig überrascht und forderte die Rückführung der Deportierten nach Deutschland. Zunächst brachte man diese provisorisch im Internierungslager Gurs unter. Doch aus dem Provisorium wurde eine Dauereinrichtung und statt Rückführung nach Deutschland wurden ab 1942 – als Folge der Wannseekonferenz – Deportationen von Gurs in die Vernichtungslager im Osten, besonders nach Auschwitz, durchgeführt.

Das Lager Gurs war zur Internierung von spanischen Bürgerkriegsflüchtlingen errichtet worden und hatte von April 1939 bis Mai 1940 von zur Unterbringung von insgesamt 27 350 Flüchtlingen gedient, die über die Pyrenäen nach Frankreich geflohen waren.

Von Ende Mai bis Ende September 1940 hielt die französische Regierung dort 14 795 deutsche und österreichische Frauen und Kinder fest, die als Zivilpersonen in Frankreich gelebt hatten, und durch den Kriegseintritt zu "unerwünschten Personen" geworden waren. Unter diesen Frauen waren auch Jüdinnen, die zuvor aus Deutschland oder Österreich geflohen waren, sowie Französinnen, die mit einem Deutschen verheiratet waren. Als die deportierten badischen und Pfälzer Juden im Lager ankamen, waren dort noch etwa 700 spanische Bürgerkriegsflüchtlinge und mehrere tausend "unerwünschte Ausländer" interniert.

Die Lebensbedingungen im Lager Gurs sind als katastrophal zu bezeichnen. Eng zusammengepfercht in fensterlosen Baracken ohne Heizung, die lediglich mit Strohsäcken ausgestattet waren, überlebten viele der Internierten den ersten Winter nicht. Das Lager versank in Regen und Schlamm, die Verpflegung war schlecht und knapp und Krankheiten breiteten sich aus.

Die humanitären Hilfsorganisationen versuchten vor allem die Kinder aus dem Lager herauszuschmuggeln. Die Offenburgerin Eva Mendelsson (geb. Cohn) konnte zusammen mit ihrer Schwester auf diese Weise aus dem Lager Gurs gerettet werden. Anlässlich der Eröffnung der Ausstellung wird sie über die Deportation und das Leben im Lager Gurs berichten.

Musik und Kunst gehörten zu den wenigen Dingen, die den grauen Lageralltag aufhellen konnten und die halfen, die harten Lebensbedingungen zu ertragen. Viele Künstler und Musiker waren im Lager interniert und pflegten ihre Kunst, so gut es ging. Die Bilder der Ausstellung geben eindrucksvoll Zeugnis davon.

24. Oktober 2010 bis 30. Januar 2011

    Text: Museum

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