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Früher Bergbau im südlichen Schwarzwald

Das Badische Landesmuseum Karlsruhe zeigt vom 29. Januar bis zum 25. Juni 2000 die Studio-Ausstellung ,,Früher Bergbau im südlichen Schwarzwald" im Karlsruher Schloss. Die vom Museum für Ur- und Frühgeschichte in Freiburg konzipierte Schau gewährt einen Einblick in die im mittelalterlichen Bergbau angewendeten Arbeitsverfahren und -geräte, die gesuchten Erze und die Fertigprodukte der Metallgewinnung.

Die im Jahr 1987 erstmals einsetzenden systematischen archäologischen Untersuchungen durch das Institut für Ur- und Frühgeschichte der Freiburger Universität zum mittelalterlichen Bergbau dieser Region galten zunächst vorwiegend den Metallen Blei, Silber und Eisen. Durch das Hinzuziehen naturwissenschaftlicher Methoden, ergaben sich neue Erkenntnisse: hier standen weniger die Erschließung der einzelnen technischen Schritte im Vordergrund, als vielmehr die negativen Einflüsse des Bergbaus auf Menschen und Umwelt im Mittelalter, die Lebensumstände der im Bergbau tätigen Menschen, und schließlich die politischen und rechtlichen Voraussetzungen des Bergbaus, wo große Gewinne auf Seiten der herr-schaftlichen Minenbetreiber zu konstatieren sind. So verdankt das Freiburger Münster seine Errichtung den Erträgen aus diesem Wirtschaftszweig.

In der Vorbergzone des Schwarzwaldes im Markgräflerland gab es Bergbau auf Eisenerze und ihre Verhüttung bereits in keltischer Zeit. So konnte in Liel aus einem großen Schlackeklotz ein latenezeitlicher Schachtofen rekonstruiert werden, dessen Besonderheit darin bestand, dass er an einem Ort jeweils nur ein Mal genutzt werden konnte. Demgegenüber kann die Erforschung des römerzeitlichen Bergbaus mehr von den Begleitumständen ausgehen, die sich eindeutig interpretieren lassen: Direkte Hinweise auf römerzeitlichen Bergbau lassen sich anhand von Gangmaterialien und Erz- und Schlackenpartikeln gewinnen, die im Mörtel römischer Bauwerke (wie den römischen Bädern von Badenweiler und Sulzburg) nachweisbar sind.

Neben dem schon länger erforschten jungsteinzeitlichen Bergbau auf Feuerstein am Isteiner Klotz (4. Jahrtausend v. Chr.) bot jedoch der Bergbau auf Hämatit, das zu den frühesten von Menschen genutzten Mineralien gehört, eine besondere Überraschung. Hämatit oder Roteisenstein ist ein Farbstoff, der bereits in der Altsteinzeit für kultische Zwecke genutzt wurde. Während eine Fundstelle im Münstertal nur über Fundparallelen in die Zeit der Michelsberger Kultur (4200 - 3500 v. Chr.) datiert werden kann, ist der Hämatitbergbau bei Sulzburg durch die 14C-Datierung in die Zeit der linearbandkeramischen Kultur (5500-4800 v. Chr.) zu datieren. Damit stellt der Hämatitbergbau im südlichen Schwarzwald den ältesten bisher nachgewiesenen Untertagebergbau dar und steht am Anfang der organisierten bergmännischen Gewinnung von Rohstoffen im jungsteinzeitlichen Mitteleuropa.


Mittelalterliche Stollenprofile in den Gruben des Bergbaureviers am Birkenberg bei St.Ulrich (Breisgau). 18 ist eine ehem. Haspelstube über einem Förderschacht

 
Der hochmittelalterliche Bergbau ging nicht mehr, wie der keltische und römische Bergbau, auf Eisenerz, sondern auf Silber und Blei. Hier gibt auch die einsetzende schriftliche Überlieferung keine weiteren Anhaltspunkte, so dass nach wie vor die wenigen Nennungen in Königsurkunden (so wie 1028 für das Bistum Basel) genügen müssen. Aus anderen schriftliche Quellen ist jedoch die große Summe an Silber bekannt, die in Umlauf war. Die archäologische Forschung konnte hier zum Teil sehr detailliert nachweisen, wie intensiv die Suche nach dem Münzmetall Silber betrieben wurde, sie konnte weiterhin nachweisen, wie sehr sich die planmäßige - und erfolgreiche - Such nach dem begehrten Edelmetall in Stadtgründungen und Stadtbefestigungen (in Sulzburg, Münstertal und Prinzbach) niederschlug.

Ein besonderes Juwel der Montanarchäologie bietet der mittelalterliche Silberbergbau bei St. Ulrich, 10 km südlich von Freiburg. Hier hat sich ein mittelalterliches Bergbaurevier unbeeinflusst von späteren bergmännischen Aktivitäten erhalten, so dass der gesamte Umkreis des Abbaus, vom Streckenvortrieb mit Feuersetzen und mit Schlägel und Eisen bis zur Sicherung des Reviers mit einer kleinen Burganlage der Freiburger Besitzer nachzuvollziehen ist.

Ein weiteres Kapitel beschäftigt sich mit den Umwelt- und Lebensbedingungen der im Bergbau beschäftigten Bevölkerung von Sulzburg. Die Altersverteilung der 86 gefundenen Skelette des hochmittelalterlichen Friedhofs entspricht der üblicherweise beobachteten hohen Kindersterblichkeit, an den Skeletten konnten Faktoren der Lebens- und Arbeitsbedingungen wie Mangelkrankheiten, degenerative Krankheiten des Knochenbaus durch starke Belastung (auch bereits im jugendlichen Alter), besonders aber die schleichende Bleivergiftung beobachtet werden. Sie ist nicht nur eine Folge der Arbeit im Bergbau, sondern auch der Aufnahme bereits mit Schadstoffen belasteter Nahrung im Bergbaurevier.

Schwermetallbelastungen sind auch in den Sedimenten der die Bergbaureviere entwässernden Bachläufe zu beobachten. Man schätzt, dass im Schwemmbereich des Sulzbaches, der von Sulzburg her kommt, ca. 50 t Silber und 6800 t Blei im Boden liegen - Abfallprodukt von Abbau und Verhüttung, besonders der „naßmechanischen" Aufbereitung. Gegenüber der für das Sulzburger Revier geschätzten Gesamtproduktion von 75 t Silber und 3750 t Blei bedeutet das einen nicht unerheblichen Schwund. Für diese Menge an Metall mussten insgesamt über 220 000 t Erz abgebaut werden - allerdings über die gesamte Zeit des römischen, mittelalterlichen und neuzeitlichen Bergbaus, also über 850 Jahre. Eine jährliche Produktion von 55 - 60 kg Silber im Sulzburger Revier und 70 - 75 kg Silber im Revier St. Ulrich/Birkenberg erscheint wahrscheinlich.

Übrigens: Zwerge, wie sie in den Märchen als Bergleute vorkommen, konnten nicht nachgewiesen werden - wohl aber Stollenquerschnitte, die so klein sind, dass dem unbefangenen Beobachter nur Zwerge zu ihrer Herstellung in Frage kommen. Das ist der Arbeitsplatz des mittelalterlichen Bergmanns.

Zur Ausstellung ist eine Begleitschrift erschienen:

Früher Bergbau im südlichen Schwarzwald. Archäologische Informationen aus Baden-Württemberg 41. Stuttgart 1999. 19,— DM.

zur Seite 2
siehe auch: Früher Bergbau im Südschwarzwald
(Archäologische Nachrichten 61/62, 1999)

siehe auch:

Badische Heimat e.V.
Bezirksgruppe Bergstraße - Neckartal (Heidelberg)


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