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Revolution! Für Anfänger*innen

Ein Überblick in einfacher Sprache*

1. Ursachen

Schaut man aus späterer Zeit auf die Zeit vor einer Revolution zurück, dann erkennt man oft in einem politischen System schwere Spannungen. Die haben sich schon über längere Zeit aufgebaut. Solche Spannungen entstehen zum Beispiel, wenn Bürger eines Landes wirtschaftlich stark sind, aber keine Rechte zur politischen Mitbestimmung haben. Aus diesem Missverhältnis entsteht tiefe Unzufriedenheit.  Eine solche Unzufriedenheit kann auch entstehen, wenn Nutzen und Lasten eines Staats ungleich oder sogar ungerecht verteilt sind. Die einen zahlen dann Steuern, haben aber keinen Nutzen, weil alles, was der Staat tut, nur denen zu Gute kommt, die ohnehin schon reich sind.

Die Regierenden sind so sehr davon überzeugt, mit ihrer Haltung im Recht zu sein, dass sie keine Reformen und Neuerungen verweigern. Weil damit die Unzufriedenheit weiter wächst, muss der Staat weitere Mittel aufwenden, um die Bürger unter Kontrolle zu halten – und muss schließlich Gewalt anwenden. Damit aber verliert die Regierung noch mehr Rückhalt in der Bevölkerung.

Kommen dann noch äußere Krisen hinzu, Wirtschaftskrisen, Naturereignisse oder Schwierigkeiten mit den Nachbarstaaten, die die Regierenden nicht bewältigen können, verschärft sich die Krise des Staats weiter.

2. Auslöser

Wenn in einem Land Möglichkeiten, Erfolg und politische Mitsprache ungefähr gleich verteilt sind, spricht man von einem stabilen System. Kleinere Krisen können dann aufgefangen werden – manchmal kostet das Mühe, manchmal geht das mühelos. Sind aber die Ungleichheiten und Benachteiligungen sehr stark und werden auch so von der Bevölkerung empfunden, kann ein kleiner Auslöser schon die Menschen veranlassen, eine Besserung ihrer Lage mit Gewalt zu erzwingen. Es können aber auch Befürchtungen oder Ängste sein, die den Menschen das Gefühl geben, so könne es nicht weiter gehen.

Gehen die Menschen auf die Straße und fordern öffentlich eine Änderung der Verhältnisse, spricht man von Demonstranten. Wichtig ist, dass es viele sind, die auf die Straße gehen – sie können entweder von der Regierung eine Änderung fordern, sie können aber auch fordern, dass die Regierung zurücktritt.

Es ist hinterher schwer, ein bestimmtes Ereignis zu benennen, das „das Fass zum Überlaufen brachte“. Ebenso schwer ist es, den einzelnen Moment zu bestimmen, an dem eine Revolution genau ausbrach. In der Wirklichkeit sind dafür zu viele Einzelbedingungen und Ereignisse mit einander vernetzt.

3. Umsturz

Das entscheidende Merkmal einer Revolution ist der Umsturz selbst. Wenn man sagt, „das System bricht zusammen“, dann können sich die Regierenden nicht mehr ihre Machtmittel sichern – ihre Macht endet. Das kann die Einsicht sein, dass es so nicht weitergehen kann, dann tritt die Regierung zurück. Es kann auch vorkommen, dass die Demonstranten durch Gewalt die Regierung zum Rücktritt zwingen, dann wird die Regierung abgesetzt.

In einer „friedlichen Revolution“ legen die Regierenden dann ihre Ämter nieder, in einer gewaltsamen Revolution werden sie verhaftet. Will man sie nicht mehr im Land haben, müssen sie in einem anderen Land ins Exil gehen. Traut man ihnen nicht zu, dass sie es ernst mit ihrem Rücktritt meinen, kommen sie vor Gericht und ins Gefängnis oder werden auch umgebracht.

Jetzt übernimmt eine kleine Gruppe, die sich darauf vorbereitet hat, die Macht, das heißt, sie besetzt mit ihren Leuten die wichtigsten Stellungen in der Regierung und der Verwaltung. Der Tag, an dem das geschieht, bleibt als „Tag der Revolution“ im Gedächtnis.

Die Symbole, mit denen die Regierenden sich und ihre Macht dargestellt haben, werden entfernt und zerstört. Das feiern die Menschen als Zeichen, dass das alte ungerechte System überwunden ist. Statuen werden gestürzt, Abzeichen der alten Machthaber werden abgeschlagen, manchmal auch Gebäude zerstört.

4. Flitterwochen

Dem Umsturz folgt meist eine Zeit der freudigen Erregung, in der alles möglich erscheint. Die alten Beschränkungen sind weg, die Menschen träumen von einer Gesellschaft ohne Einschränkungen und ohne Herrschaft, der sie unterworfen sind. Viele sprechen über ihre Ideen, wie eine bessere Welt aussehen könnte. Weil solche Ideen noch nicht an den wirklichen Verhältnissen überprüft sind, nennt man sie Utopien.

Bald aber müssen die Menschen wieder in den Alltag zurück, müssen arbeiten und einkaufen, dann stellt sich die Frage, was sich wirklich geändert hat oder was sich wirklich noch ändern muss. Jetzt haben die, die sich vorher gegen die Ungerechtigkeiten gewehrt haben, das Sagen, sie haben jetzt Macht und Herrschaft inne. Was wird mit den Idealen, für die die Menschen auf die Straße gegangen sind? Sind sie durchsetzbar? Halten sie in der Welt der Wirklichkeit stand?

5. Beteiligte

Eine Revolution ist nicht denkbar ohne die Menschen, die daran beteiligt sind. Da gibt es die Anführer, die mit großer Begeisterung die Ideen der Revolution vertreten und zu denen die Menschen aufschauen. Sie werden als Helden gefeiert, sie stehen für die Revolution, ihre Forderungen und ihre Ergebnisse.

Sie sind selten „einfache“ Leute, sondern haben gute Schulbildung und angesehene Berufe. Sie müssen aber die Menschen dazu gewinnen, sie zu unterstützen, denn alleine können sie nichts ausrichten.

In jüngeren Revolutionen ist es schwer, einen Anführer zu erkennen. Hier ist die protestierende Menge selbst die „Hauptperson“ – sie scheint sich selbst zu organisieren, verabredet sich über das Internet oder durch persönlichen Kontakt.

Anführern und demonstrierenden Menschen gegenüber stehen die, die bisher die Macht hatten und die sie nicht hergeben oder teilen wollen. Auch sie haben Menschen, die sie unterstützen.

Was allerdings die Menschen, die einfach abwarten oder denen das, was die Demonstranten fordern, gleichgültig ist, denken, lässt sich nur schwer sagen.

6. Gewalt

Die, die bisher regiert und bestimmt haben, wer was darf und wer was nicht darf, geben selten ihre Macht freiwillig ab. Sie schicken „ihre“ Polizei oder auch „ihre“ Armee gegen die, die demonstrieren. Dagegen wehren sich die Demonstranten. Sie besorgen sich Waffen und wenden ihrerseits Gewalt an.

In manchen Revolutionen kämpfen auch Vertreter der neuen Ideen selbst gegeneinander. Sie sind für sich so überzeugt davon, dass sie Recht haben, dass sie sich nicht auf Diskussionen mit den anderen einlassen wollen und können.

Wenn nun nur eine kleine Gruppe die Revolution angeführt hat, dann muss sich diese Gruppe ihre Macht gegenüber den Menschen des Landes sichern. Sie denken, dass ihre Ziele die besten sind, dass aber die Menschen vielleicht zufrieden wären, wenn es ihnen einfach besser ginge. Deswegen befürchtet diese Gruppe, dass die Menschen ihnen nicht weiter folgen, und muss die eigene Bevölkerung – auch wieder mit Gewalt – dazu zwingen, ihre Macht anzuerkennen.

Wenn aber die, die vorher an der Macht waren und in der Revolution gestürzt werden sollten, zu stark sind und zu viele Mittel haben, um ihre Macht zu behalten, dann scheitert die Revolution. Die alten und neuen Regierenden bestrafen dann die Revolutionäre, verhaften sie, stecken sie ins Gefängnis oder lassen sie hinrichten.

7. Kommunikation

Kommunikation ist in allen Stadien der Revolution wichtig. In der Zeit der Unzufriedenheit müssen die Beschwerden erfasst und veröffentlicht werden, ebenso müssen die Forderungen der Revolutionäre dem Volk bekannt gemacht werden, damit sie möglichst viele Unterstützer bekommen. Wenn Zeitungen oder andere Veröffentlichungen zur Verfügung stehen, dann werden die Ereignisse berichtet und kommentiert. Das geschieht natürlich nicht sachlich und neutral, sondern im Sinn der demonstrierenden Menschen. Auf der anderen Seite nutzen die Regierenden ebenfalls die gleichen Mittel.

Zuerst waren das Flugblätter, die schnell in großer Zahl gedruckt wurden, später berichtete man in den Zeitungen, heute sind es die Sozialen Netzwerke – es kommt darauf an, dass diese Medien billig und leicht verfügbar sind.

Eine Meinung kann auch durch eine bestimmte Kleidung oder bestimmte Farben ausgedrückt werden. das gibt den Menschen das Gefühl und die Sicherheit, dazu zu gehören. Wichtig sind auch Lieder, die zusammen gesungen werden. Auch sie stärken das Gefühl der Gemeinschaft.

8. Ansteckung

Manchmal sind nicht nur die Menschen eines einzelnen Landes unzufrieden oder werden unterdrückt. Dann bekommen die Menschen in einem anderen Land mit, was in dem einen Land vorgeht. Manchmal nehmen sich die Menschen in dem einen Land auch das, was in dem anderen Land geschieht, zum Vorbild – oder sie sagen sich, dass sie das SO auf gar keinen Fall wollen.

Die Revolutionäre können auch ihre Ideen in ein anderes Land bringen, um dort die Menschen von ungerechter Herrschaft zu befreien.

Es kann auch vorkommen, dass im Zentrum eines Landes, in der Hauptstadt, die Regierung noch genügend Macht hat, um sich zu halten. Dann demonstrieren die Menschen in einer andren Gegend des Landes gegen ihre Lebensbedingungen und hoffen, dass sie die Menschen in der Hauptstadt dazu bringen, ihnen zu folgen.

9. Spaltung

Unter den Revolutionären besteht häufig Uneinigkeit darüber, wie weit eine Revolution gehen soll. Dann stehen sich gemäßigte Kräfte und radikale Kräfte gegenüber. Gemäßigte Kräfte sind dafür dass eine neue politische Ordnung, die mehr Gerechtigkeit verspricht, eingerichtet wird. Sonst wollen sie nicht viel ändern – vor allem das nicht, was sie selbst für gut halten. Radikale dagegen wollen außer der politischen Ordnung auch die gesellschaftlichen und die wirtschaftlichen Verhältnisse tief greifende verändern. Da das die meisten Menschen nicht mitmachen wollen, muss man sie umerziehen und zu „Neuen Menschen“ machen. Sie wollen der Bevölkerung jetzt ihre Ideale aufzwingen – notfalls wieder mit Gewalt.

10. Neuordnung

Revolutionen wollen meistens eine neue Ordnung schaffen, aber das gelingt nicht immer. Die Gründe dafür sind zum Beispiel, dass sich die, die die Revolution machen, nicht einig sind. Oder die neue Ordnung ist nicht auf Dauer stabil, selbst wenn eine neue Verfassung verabschiedet und eine neue Regierung gewählt ist. Wenn die Lebensumstände wegen anderer Ursachen zu schwierig werden oder wenn die Menschen nicht einsehen, dass die neue Ordnung tatsächlich besser ist als die alte, dann kann die Revolution scheitern. Das bedeutet, dass das, wofür die Menschen damals auf die Straße gegangen sind, nicht bleibt, sondern wieder abgeschafft wird. Dennoch ist bisher noch keine Revolution völlig umgedreht worden, irgendetwas von den Fortschritten bleibt immer bestehen.

11. Ergebnisse

Obwohl immer wieder Rückschläge und Schwierigkeiten auftreten, haben viele Revolutionen am Ende ihr Ziel doch erreicht. Große Demokratien wie die USA oder Frankreich berufen sich bis heute darauf, dass sie durch Revolutionen begründet wurden. Man muss aber abwarten, ob sie auch auf weitere Zeit ihre Ideale von damals behalten.

Bei jüngeren revolutionären Bewegungen wie dem Arabischen Frühling ist die weitere Entwicklung noch nicht abzusehen, die momentane Situation erscheint zwiespältig.

In Deutschland hatte man lange Zeit Schwierigkeiten mit den Revolutionen in der eigenen Geschichte. Man sah nicht, was sie zum Guten verändert haben. Dabei beruht unsere heutige Demokratie wesentlich auf dem, war 1848, 1918 und 1989 durchgesetzt wurde. Manchen erscheint aber immer noch das System der westlichen Demokratien unvollkommen. Für sie muss die Revolution weitergehen.

12. Bewertung

Wenn jemand Ereignisse selbst miterlebt hat, berichtet er unmittelbarer, aber auch aus persönlicher Betroffenheit. Wissenschaftler dagegen beobachten kritisch und aus der Entfernung. Journalisten vertreten manchmal einen bestimmten Standpunkt, schreiben aber oft auch kritisch, ohne eine der Parteien zu bevorzugen. Das Bild von Revolutionen kann daher sehr verschieden sein. Die Ausstellung lädt dazu ein, diese verschiedenen Stimmen selbst mit zu erleben.

13. Erinnerung

Revolutionen bleiben nachhaltig in der Erinnerung der Menschen. Diese Erinnerung versuchen die Revolutionäre in ihrem Sinn zu beeinflussen, indem sie ihre eigenen Erfolge feiern. Damit vermitteln sie als Botschaft, dass sie recht mit ihrer Revolution hatten. Diese Botschaft hält aber meist nicht sehr lange vor – sie muss unter Umständen in großen Inszenierungen immer wieder zur Schau gestellt und erneuert werden.

Das Gefühl der Menschen wird mit Legenden und Geschichten aus der Revolution berührt, Symbole der Revolution werden vermarktet und spiegeln vor, dass immer noch Menschen sich für die Revolution begeistern – obwohl sie nur das Symbol selbst toll finden. Wenn Künstler sich mit den Symbolen oder Geschehnissen der Revolution beschäftugen, regen sie eher zum Nachdenken an.

14. Und wir?

Was wäre, wenn wir selbst etwas tun müssten? Wenn wir uns selbst gegen ungerechte Verhältnisse wehren müssten? Wenn wir eine ungerechte Herrschaft stürzen sollten? Wie würden wir uns verhalten? – Oder was wäre, wenn wir selbst zu denjenigen gehören würden, die über mehr Rechte als andere verfügen, über Macht und Besitz: Würden wir etwas davon abgeben, wenn andere sagen, das wäre ungerecht? Wie würden wir uns also in der Situation einer revolutionären Änderung der Verhältnisse verhalten, auf welcher Seite wir dann auch immer stehen mögen? Ein Spiel, das die Besucher durch die Ausstellung begleitet hat und am Ende ausgewertet wird, kann Antworten auf diese Frage liefern.

 


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