Das Badische
Landesmuseum Karlsruhe widmet sich - wann auch immer es sich mit
den Sammlungsbeständen verbinden lässt - der Vermittlung fremder
Kulturen und interkultureller Tendenzen. So findet zu Beginn des
Jahres 2004 in der Außenstelle im Museum beim Markt eine Ausstellung
mit türkischen Fayencen statt.
Diese Sonderausstellung mit modernen Stücken eines alten Kunsthandwerks
zeigt die lange Traditi-on und hohe Kunstfertigkeit der türkischen
Fayencemalerei. Im Zentrum stehen Werke von vier zeitgenössischen
türkischen Künstlerinnen. Sie stammen aus Kütahya und Eskisehir,
zwei mittelgroße, im Westen Inneranatoliens gelegene Universitätsstädte.
Vor allem Kütahya positionierte sich durch seine Vielzahl von
Ateliers, Werkstätten und Ausbildungszentren an der Spitze der
kulturell wie wirtschaftlich bedeutenden türkischen Keramikindustrie.
Die vier ausgestellten Künstlerinnen wurden dort ausgebildet und
auf internationalen Ausstellungen ausgezeichnet. Bis auf eine
Ausnahme sind sie freiberuflich oder lehrend als Fayencemale-rinnen
tätig.
Ausgestellt werden etwa 80 Arbeiten von Fügen Özer (geb. 1982),
Hacer Özkaya (geb. 1972), Sevcan Vatansever (geb. 1978) und Zehra
Serbest (geb. 1974). Deren Schaffen liegt im Spannungsfeld zwischen
traditionell islamischer Ornamentierung sowie eigenwilliger Gestaltung
und ironischer Rezeption. Özer und Özkaya bemalen ihre Teller,
Fliesen, Kannen und Platten in Anlehnung an den traditionellen
seldschukischen und osmanischen Stil. Ihre polychromen oder kobaltblauen
Keramiken mit floralem Dekor (Tulpen, Nelken, Hyazinthen, Saz-und
Lanzettblätter, Blattranken, Arabeske) bzw. geometrischem Orna-ment
(Rosetten, Spiralen, Schuppen-, Wolken- und Wellenmotiven, Rhomben,
Kreise etc.) bestechen durch die Präzision der Zeichnung und ihre
leuchtende Farbigkeit. Sevcan Vatan-severs Arbeiten sind geprägt
von der Kunst der Kalligraphie. Ihre fast meditative Malerei in-szeniert
die islamische Schriftkunst und geht weit über das rein Dekorative
hinaus. Zehra Serbest schließlich zitiert in ihren keramischen
Objekten die traditionelle Ornamentik und kombiniert sie mit klassisch
moderner Form und Gestaltung.
Ganz bewusst stellt die Ausstellung diese modernen türkischen
Fayencen auch in ihr entstehungs-geschichtliches Umfeld. So belegen
historische byzantinische, persische, chinesische und osmanische
Keramiken die Ausbildung des islamischen Keramikstils. Andere
Stücke aus der Zeit des französischen Historis-mus und Jugendstils
(19. Jh.) hingegen zeigen die Einflüsse der islamischen Dekorationskunst
auf das westliche Kunstgewerbe auf. Dem Besucher bietet sich so
ein breiter Fächer von der historischen Dimension, europäischen
Rezeption und dem ornamentalen Zauber traditioneller wie moderner
islamischer Keramik.
Die Ausstellung wird begeleitet von einem breitgefächer-ten interkulturellem
Rahmenprogramm. Sie endet mit einer Finissage im Rahmen der 17.
Eu-ropäischen Kulturtage Karlsruhe 2004 "Istanbul" am 18. April,
an der auch die vertretenen Künstlerinnen beteiligt sein werden.
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