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Schuldig

Verbrechen. Strafen. Menschen

Die Ausstellung in der Barfüßerkirche des Historischen Museums Basel zeigt vom 20. September 2012 bis zum 7. April 2013 in dreißig Fallgeschichten Delikte mit ihren Täterinnen, Tätern und Opfern. Diese Geschichten werden in den jeweiligen gesellschaftlichen, politischen, sozialen und religiösen Zusammenhang gestellt. Die Ausstellung geht auch auf das Gerichtswesen, die Folter, die Strafpraxis, die Gefängnisgeschichte, die Polizei usw. ein. Dadurch ist sie ein Stück Kulturgeschichte Basels und der Schweiz.

Porträt des Scharfrichters Theodor Mengis (1839-1918). Emil Beurmann, 1903. Foto: HMB Peter PortnerDie Ausstellung
Dreißig Fallgeschichten zeigen Menschen im Konflikt mit dem Gesetz: Hooligans verursachen bei einem Fußballspiel hohen Sachschaden, Jugendliche fordern ein Autonomes Jugendzentrum. Schülerinnen, Studenten und Lehrlinge sitzen auf die Tramschienen, stören den öffentlichen Verkehr und demonstrieren für ein Gratistram. Paul Kopp begeht für 15 Franken einen Raubmord. Sandweg und Veite versetzen Basels Bevölkerung während Wochen in Angst und Schrecken; wegen ihnen sterben sechs Menschen, am Ende richten sie sich selbst. Untertanen erheben sich gegen die Obrigkeit und werden dafür hingerichtet. Anna Maria Seiler bringt ihr neugeborenes Kind um, wird enthauptet und seziert. Margret Graf-Vögtlin wird als Hexe angeklagt. Susanna Schaub vergiftet nacheinander ihre drei Ehemänner und wird auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Der Dominikanerpater Heinrich von Rheinfelden belästigt Bäckerjungen sexuell. Zeitlich spannt sich der Bogen vom Spätmittelalter bis zur Gegenwart, geografisch über Basel und die Region. Einige Fallgeschichten sind so eng mit Basel verbunden, dass sie Teil der Geschichte Basels geworden sind.
Kurze Darstellungen über den Henker, das Hexenwesen, die Folter, die Gerichte, die Strafen, das Gefängniswesen und die Polizei bieten spannende Einblicke in den Alltag gegenwärtiger und früherer Generationen. Die Normen, die Definitionen von Recht und Unrecht, von Schuld und Unschuld spiegeln die Vorstellungen von Recht und Gerechtigkeit einer Zeit oder einer Gesellschaft wider. Sie sind je nach Epoche und Kultur unterschiedlich ausgeprägt. Kaum etwas definiert eine Gesellschaft und eine Epoche anschaulicher als das, was sie als Abweichung von der Norm und als Vergehen bezeichnet und wie sie mit Nonkonformisten und Gesetzesbrechern umgeht. Kriminalitätsgeschichte ist deshalb immer auch Kulturgeschichte.

Bild: Porträt des Scharfrichters Theodor Mengis (1839-1918). Emil Beurmann, 1903. Foto: HMB Peter Portner

Die Publikation
Das Buch zur Ausstellung ist in vier Teile gegliedert. Die beiden ersten Teile bieten einen reich bebilderten Überblick zur Entwicklung des Gerichts- und Strafwesens in Basel und der Schweiz vom Spätmittelalter bis zur Gegenwart. Die Leitobjekte der Ausstellung werden darin in einen größeren Zusammenhang eingebettet und es wird eine Geschichte von den Gottesstrafen des Mittelalters bis hin zum modernen Strafvollzug mit elektronischer Fußfessel erzählt. Dabei wird besonders deutlich, wie sich die gesellschaftlichen Anschauungen zu bestimmten Delikten über die Jahrhunderte gewandelt haben und welch große Veränderungen die Ideen der Aufklärung
des 18. Jahrhunderts später auch im Strafwesen bewirkten. Teil drei der Publikation bilden die in der Ausstellung gezeigten Fallgeschichten. Anhand von Einzelschicksalen werden Delikte und die Konsequenzen von Regel- und Normverstössen vorgestellt. Täterinnen, Täter und Opfer erhalten ein Gesicht. Abschliessend werden im vierten Teil in vierzehn Aufsätzen, für die externe Autoren gewonnen werden konnten, verschiedene Themen vertieft behandelt. Die Experten beleuchten mit ihrem historischen, juristischen und praktischen Fachwissen Themen wie die moderne Opferhilfe, die Arbeit eines Gerichts, das Vorgehen der Staatsanwaltschaft und der Rechtsmedizin, die Abschaffung der Todesstrafe in der Schweiz oder die Erschiessung von siebzehn Landesverrätern in der Schweiz während des Zweiten Weltkriegs.

Doppelzelle aus dem Rathaus von Appenzell
Doppelzelle aus dem Rathaus von Appenzell. Appenzell, 1577 oder später. Museum Appenzell. Foto: HMB Peter Portner

Das Begleitprogramm
Das umfangreiche Rahmenprogramm vermittelt die Ausstellung für unterschiedliche Interessensgruppen, führt mit Stadtspaziergängen und Rundgängen im Gefängnis Waaghof aus dem Museum hinaus in die Stadt hinein und knüpft zudem mit der siebenteiligen Reihe „Justiz im Gespräch" und zwei grossen Diskussionsrunden an Fragen der Gegenwart an. Zwar leben wir vermutlich in der sichersten aller Zeiten, dennoch scheint das Sicherheitsempfinden der Menschen angeschlagen. Regelmässig verlangen politische Vorstösse die Verschärfung von Strafnormen und ein Film in der Ausstellung zeigt: Viele Menschen in Basel würden spontan die Wiedereinführung der Todesstrafe befürworten. In neun Veranstaltungen lädt das Museum deshalb Fachleute ein, die in der Ausstellung über Themen rund um Sicherheit, Strafe, Recht und Gerechtigkeit diskutieren.

Fotografie der Korbflechterei im Gefängnis Schellenmätteli. Basel, um 1950. Polizeimuseum Basel-Stadt. Fotograf unbekannt
Fotografie der Korbflechterei im Gefängnis Schellenmätteli. Basel, um 1950. Polizeimuseum Basel-Stadt. Fotograf unbekannt

 


 

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