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Heidelberg im Konfessionellen Zeitalter

 Reformation: Luthertum und Calvinismus | Dreißigjähriger Krieg

Reformation: Luthertum und Calvinismus

Martin Luthers Auftritt bei der Heidelberger Disputation des Jahres 1518 half, die Ideen der Reformation deutschlandweit bekannt zu machen. Auch am Kurpfälzer Hof verbreitete sich das Gedankengut Luthers. Die Kurpfalz war indes nicht aktiv am Reformationsgeschehen beteiligt, wenn auch die Pfälzer Kurfürsten der reformatorischen Bewegung schon in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts zumindest duldeten. Kurfürst Friedrich II. (1544-1556) ging zwischenzeitlich zu einer reformatorischen Politik über, musste aber auf Druck des Kaisers zum Katholizismus zurückkehren.[20] Erst unter Kurfürst Ottheinrich (1556-1559) wurde die Kurpfalz dann endgültig lutherisch. Ottheinrich löste die Universität Heidelberg vom Einfluss der katholischen Kirche und vereinigte die Buchbestände der Universität, der Stiftsbibliothek in der Heiliggeistkirche und der Schlossbibliothek der Kurfürsten zur Bibliotheca Palatina. Auch führte er durch die Errichtung des Ottheinrichsbaus, des ersten Renaissance-Bauwerks in Deutschland, den unter seinen Vorgängern begonnenen Umbau der kurfürstlichen Residenz von einer eher schmucklosen Burg zum prunkvollen Schloss fort.

Nach der Einführung des Luthertums durch Ottheinrich wechselte die Kurpfalz nach dem Grundsatz cuius regio, eius religio ("wessen Herrschaft, dessen Religion") bis ins 18. Jahrhundert insgesamt siebenmal die Konfession. Ottheinrichs Nachfolger Friedrich III. (1559-1576) wandte sich dem Calvinismus zu. Er machte die Kurpfalz zu einem streng calvinistischen Staat, in dessen Kirchen ein strenges Bilderverbot herrschte und das Fluchen unter Strafe stand. Die Bedeutung Heidelbergs als Hochburg des reformierten Glaubens wird am 1563 entstandenen Heidelberger Katechismus, einem bis heute wegweisendem Glaubenskenntnis der Calvinisten, deutlich. Unter dem nächsten Kurfürsten Ludwig VI. (1576-1583) kehrte Heidelberg zwischenzeitlich zum lutherischen Protestantismus zurück, ehe Friedrich IV. (1583-1610) wieder den Calvinismus einführte. Bei jedem Wechsel wurde die Universität dabei von nicht genehmen Professoren gesäubert. Zur Zeit der lutheruischen Universiät gründete Pfalzgraf Johann Casimir in Neustadt an der Weinstraße eine calvinistische Konkurrenzuniversität. Friedrich IV. war auch Bauherr des nach ihm benannten Friedrichsbaus auf dem Heidelberger Schloss und Gründer der Festung Friedrichsburg (1606) und der Stadt Mannheim (1607). Als prominentester der calvinistischen Fürsten im Reich war er das Haupt der 1608 gegründeten Protestantischen Union. [nach oben]

Dreißigjähriger Krieg

Unter der Herrschaft von Kurfürst Friedrich V. (1610-1623) erlebte Heidelberg zunächst eine Zeit höfischer Prachtentfaltung. Um seiner Gattin, der englischen Königstochter Elisabeth Stuart, ein standesgemäßes Hofleben bieten zu können, ließ Friedrich das Heidelberger Schloss umgestalten. Den Auftakt bildete die Fertigstellung des frühbarocken Englischen Baus und des Elisabethentors. Wenig später wurde begonnen, den berühmten Hortus Palatinus, eine prachtvolle Schlossgartenanlage nach französischen und italienischen Vorbildern, anzulegen - allerdings kam es nie zu dessen Vollendung.

Auf politischem Terrain sollte aber die Herrschaft Friedrichs in einem Debakel enden. Als Führer der protestantischen Union versuchte er die Kurpfalz zur protestantischen Vormacht im Heiligen Römischen Reich zu machen. Nach dem Prager Fenstersturz 1618 setzten die böhmischen Stände den Katholiken Ferdinand II. ab und wählten Friedrich am 26. August 1619 zum böhmischen König. Friedrich hatte gezögert, die Krone anzunehmen, weil er befürchtete, sich gegen die Habsburger militärisch nicht durchsetzen zu können. Tatsächlich konnte er - unter anderem, weil ihm die protestantische Union die Unterstützung versagte - seine Herrschaft nur 13 Monate behaupten, und so ging er auch unter dem Spottnamen "Winterkönig" in die Geschichte ein. Am 8. November 1620 unterlag er in der Schlacht am Weißen Berg den Truppen des Kaisers und der katholischen Liga und musste ins Exil in die Niederlande fliehen. Der Kaiser entzog Friedrich V. die Kurwürde und übertrug sie auf Herzog Maximilian von Bayern.

Im Sommer 1621 ging das Heer des Feldherrn Tilly unterstützt von spanischen Truppen daran, die Kurpfalz zu erobern. Nach einer fast drei Monate währenden Belagerung gelang am 19. September 1622 die Eroberung Heidelbergs. Während der folgenden bayrischen Besatzungszeit wurden der Katholizismus zwangsweise eingeführt und die Universität aufgelöst. Die Bibliotheca Palatina wurde auf Veranlassung Maximilians nach Rom verschleppt und Papst Gregor XV. geschenkt. Bis heute wird sie in der Vatikanischen Bibliothek aufbewahrt. 1631 griffen die Schweden in den Krieg ein und besetzten zwischenzeitlich die Kurpfalz. Dadurch wurde Heidelberg für kurze Zeit wieder protestantisch, ehe die kaiserlichen Truppen die Stadt kurz darauf wieder einnahmen.

Im Westfälischen Frieden, der 1648 den Dreißigjährigen Krieg beendete, erhielt Friedrichs Sohn Karl I. Ludwig die verkleinerte Pfalz und die aberkannte, als neugeschaffene achte, Kurwürde zurück. Jedoch hatten die Herrscher der Kurpfalz viel von ihrem vormaligen politischen Gewicht eingebüßt, standen sie doch nun nur noch an letzter Stelle in der Reihe der Kurfürsten und mussten auf das Erztruchsessenamt verzichten. Nachdem der im englischen Exil aufgewachsene Karl Ludwig im Oktober 1649 in Heidelberg eingezogen war, veranlasste er den Wiederaufbau der durch den Krieg verwüsteten Stadt und siedelte Zuwanderer aus der reformierten Schweiz an. Karl Ludwig setzte sich für einen Ausgleich der Religionen ein und erkannte das lutheranische und das reformierte Bekenntnis als gleichberechtigt an. Im Jahr 1652 konnte die während der bayrischen Besatzung aufgelöste Universität wieder eröffnet werden. Die Berufung des Juristen Samuel von Pufendorf brachte der Hochschule Renommee ein, wenn auch der Versuch, Baruch Spinoza für die Universität Heidelberg zu gewinnen, erfolglos war. [nach oben]

Text: Wikipedia (leicht verändert)

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