Auch die
Kinderkleidung folgte diesem Schema, war Prestigeobjekt und sollte
den Träger eindeutig zu den anderen Ständen hin abgrenzen. Dementsprechend
änderte sich die Mode der Oberschicht weitaus häufiger als jene
der unteren Schichten. Die Frage, ob eine solche Kleidung bequem
und der Entwicklung der Kinder förderlich sei, stellte sich erst
gar nicht.
In der Kindheitsphase, die je nach Zeitepoche und Sozialisation
bis zum Alter von 4 bis 7 Jahren andauern konnte, unterschieden
sich Mädchen und Jungen äußerlich kaum voneinander (es sei denn
durch Attribute wie Waffen/Peitschen/Steckenpferd oder Puppe),
da beide Geschlechter Kleider trugen.
Äußerlich unterschied sich die Kinderkleidung dieser Altersphase
von derjenigen erwachsener Frauen lediglich durch ein paar Details:
Um den Kindern beim Laufenlernen behilflich zu sein, sie andererseits
aber auch am Krabbeln zu hindern, was als tierisch galt, befestigte
man am rückwärtigen Ärmelansatz sogenannte Gängelbänder. Darüber
hinaus trugen Kinder zumeist eine Schürze. Den Kopf bedeckte entweder
ein sogenannter Fallhut, eine Wulst, die vor Verletzungen schützen
sollte, oder aber ein Kinderhäubchen.
Das Kleid eines etwa 3-jährigen Mädchens aus der Textilsammlung
Max Berk soll aus einer Dresdner Apothekerfamilie stammen und
von der Mutter einer Hofdame der Kaiserin Charlotte von Mexiko
getragen worden sein. Die delikat gemusterte, altroséfarbene Seide,
mit farblich differenzierten Rosenbouquets auf dezent kariertem
Fond, lässt Rückschlüsse auf die hohe soziale Stellung der Trägerin
zu. In Verbindung mit dem Schnitt verweist sie – entgegen der
Datierung des ehemaligen Sammlers auf 1780 – auf eine etwas frühere
Entstehung um etwa 10 bis 20 Jahre. Das hinten geschnürte Kleid
besitzt ein zeittypisches Décolleté, charakteristische Ärmel,
die lediglich den Oberarm bedecken und mit Spitze verziert sind,
eine Schnebbentaille und einen angekräuselten Rock mit kleiner
Schleppe. Innen angenähte Seidenbänder waren zum Raffen des Rockes
gedacht.
Kristine
Scherer
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