Karl der Große und die Schweiz


Rundgang durch die Ausstellung

 

Die Ausstellung ist als Rundgang mit acht thematischen Schwerpunkten konzipiert. Gegen 200 bedeutende Exponate von 48 Leihgebern aus dem In- und Ausland, zahlreiche Medienstationen, Filmsequenzen und Hörstationen in stimmungsvollen Räumen vermitteln ein facettenreiches Bild vom ersten Kaiser und seiner Zeit, vom damaligen Europa und der Schweiz.

Prolog – Karl der Grosse und das Fränkische Reich

Die Ausstellung beginnt mit einer Einführung in die Zeit und das Leben Karls des Grossen gefolgt von der Darstellung des Fränkischen Reiches anhand einer animierten Karte. Hörstationen zum Leben Karls des Grossen und eine Übersicht der Ereignisse ergänzen die Exponate, wie etwa die Reiterstatue des karolingischen Herrschers, eine Leihgabe aus dem Musée du Louvre in Paris.

Kreis der Gelehrten

Karl pflegte intensive Kontakte zur intellektuellen Elite seiner Zeit. Er hat Gelehrte aus Italien, Spanien, Irland und dem eigenen Frankenreich an seine Residenz nach Aachen berufen und sich von ihnen beraten lassen: Theologen, Wissenschaftler, Schriftgelehrte und Baumeister. Eine Auswahl seiner einflussreichsten Gelehrten und Berater werden in einem Oktogon – das dem Grundriss der Pfalzkapelle in Aachen nachempfunden ist – vorgestellt. Zu dieser Runde gehörten Haito, Basler Bischof und Vertrauter Karls des Grossen, Karls Biograf Einhard und der wichtigste und engste Berater unter ihnen: Alkuin. Briefe Alkuins an Karl den Grossen oder die früheste Biografie über den Kaiser in der Ausstellung sind wichtige historische Dokumente dieser Zeit.

Karls Reformen – Bildung und Münzwesen

Die Gelehrten leiten in den dritten Bereich, in die Reformen, insbesondere in die Bildungsreform über: eine Erneuerung der Schriftlichkeit, von Lesen und Schreiben der lateinischen Sprache. Handschriften aus der Stiftsbibliothek St.Gallen, aus der Zürcher Zentralbibliothek und der Burgerbibliothek Bern veranschaulichen den

Wechsel zu der unter Karl dem Grossen neu eingeführten Schrift: der karolingischen Minuskel. Diese wirkt heute noch in den Druckschriften Times oder Antiqua nach.

Eine weitere wichtige Reform war die Münzreform. Von Karls Vater Pippin vorbereitet, hat Karl der Grosse das Münzsystem im ganzen Reich vereinheitlicht. Die karolingische Münzreform setzte im 8. Jahrhundert den silbernen Denar als alleinigen Münzwert durch. Auch das ein Versuch, die Vereinheitlichung des heterogenen Fränkischen Reiches voranzutreiben.

Klöster – Gebet und Bildung

Träger der neuen Bildungsreform waren die Klöster, von denen Karl im ganzen Reich über 230 errichten liess. Im Gebiet der heutigen Schweiz prägten grosse wie auch kleinere Männer- und Frauenklöster die Klosterlandschaft. Auf dem Touchscreen kann die karolingische Klosterlandschaft der Schweiz erkundet werden. Ein 1877 gebautes Modell des berühmten St.Galler Klosterplans zeigt, wie sich Theologen unter Karl dem Grossen eine ideale Klosterstadt vorgestellt haben. Ein virtueller Gang durch die bis ins Detail rekonstruierten Räumlichkeiten der Klosteranlage ergänzt das Modell. Nebst dem Kloster St.Gallen werden das unter Karls Vater Pippin gegründete Kloster Disentis und das von Karl gegründete Kloster Müstair vorgestellt.

 

Buch- und Elfenbeinkunst

Dieser Teil der Ausstellung führt in die faszinierende Welt der karolingischen Buchkunst. Ab dem ausgehenden 8. Jahrhundert entstehen prächtige Handschriften mit teilweise Purpur eingefärbten Pergamentseiten und Einbänden mit Elfenbeintafeln. Das an Karls Hof in Aachen ansässige Zentrum der Buchkunst strahlt weit in das Fränkische Reich hinein.

Präsentiert wird Buchkunst aus verschiedenen Zentren des Fränkischen Reiches, zu denen auch das Kloster St.Gallen gehörte. Dort werden auch die geschnitzten Elfenbeintafeln aufbewahrt, die Karl der Grosse zu seiner Kaiserkrönung erhielt und als Leihgaben in der Ausstellung zu sehen sind. Zu den Highlights in diesem Teil der Ausstellung gehört der Liber Viventium – das Buch der Lebenden und Toten – entstanden im Kloster Pfäfers kurz nach Karls Tod. Das reich bemalte Werk – eine Leihgabe des Stiftsarchivs St.Gallen - listet gegen 4'500 Namen verbrüderter Mönche, von Stiftern oder Wohltätern auf – darunter auch Karls Vater Pippin, Karl der Grosse und sein Bruder Karlmann.

Kirche und Religion – Karl als Schutzherr der Kirche und der Christen

Vom Papst zum Kaiser gekrönt verstand sich Karl der Grosse als Schutzherr der Kirche und der Christen. Das aus der Domschatzkammer Aachen stammende Brustkreuz wird Karl dem Grossen zugeschrieben. Gefunden bei der Graböffnung im Jahre 1000 erinnert es an Karl als gläubiger Christ. Als ihn Papst Leo III. im Jahre 800 zum Kaiser krönte, übernahm Karl – so wie vor ihm sein Vater Pippin – die Verantwortung für die Verbreitung des Christentums. Er hat zahlreiche Kirchen bauen lassen, die Liturgie vereinheitlicht und die Bibel revidieren lassen. Von seinen Bestrebungen, die Verbreitung des Christentums voranzutreiben, zeugt in der Ausstellung unter anderem das älteste erhaltene Vaterunser in deutscher Sprache, eine der zahlreichen Leihgaben der Stiftsbibliothek St.Gallen.

In diesem Teil der Ausstellung sind Reliquiare und weitere Kirchenschätze versammelt, die vom Reichtum des karolingischen Erbes aus der Schweiz zeugen.

Pfalzen – Bauboom herrschaftlicher Residenzen

Karl der Grosse hat die Architektur verändert. Er liess nördlich der Alpen die ersten monumentalen Steinbauten seit der Römerzeit erstellen: Die Pfalzanlagen. Es sind Herrschersitze und – verteilt im ganzen Fränkischen Reich – Machtsymbole auf Zeit für einen Herrscher, der immerfort auf Reisen war. Architektur und Funktion orientieren sich dabei an römischen Kaiserpalästen – auch das ein sichtbares Zeichen von Karls Rückgriff auf die Spätantike und das frühe Christentum. Seine Lieblingsresidenz war Aachen.

Auf dem Lindenhof entsteht in karolingischer Zeit die erste repräsentative Königspfalz. Wir stellen sie vor und geben Einblick in das Zürich des 8. und 9. Jahrhunderts. Präsentiert wird in diesem Zusammenhang eine Urkunde aus dem Jahr 807, in der zum ersten Mal die Siedlung an der Limmat erwähnt wird.

Karl war nicht nur König und Kaiser, sondern auch Krieger. Mit seinen fast jährlichen Kriegszügen hat er weite Gebiete erobert und christianisiert. Besonders zu erwähnen sind die langanhaltenden kriegerischen Auseinandersetzungen mit den heidnischen Sachsen, deren Niederlage mit der Taufe ihres Anführers, Widukind, und der Christianisierung der Sachsen endete. Karolingische Waffen aus dem In- und Ausland geben Zeugnis der Kriegsführung Karls des Grossen und Aufschluss über die Ausrüstung der Karolinger.

Epilog – Karl der Grosse: Legenden und Mythen

Kaum ist Karl der Grosse 814 in Aachen gestorben, wird er zum Mythos, und zahlreiche Legenden ranken sich um seine Person. Beleg dafür ist eine um 883 vom St.Galler Mönch Notker verfasste Biografie – die Gesta Karoli Magni – von der eine Abschrift vorgelegt wird.

Eine Übersicht über die Ereignisse nach Karls Tod im Jahr 814 bis zum Ende der Dynastie der Karolinger 888 legt dar, wie das Fränkische Reich nach Karls Tod wieder in Einzelgebiete zerfällt.

Zahlreich sind die Werke, die den frühen und bis heute anhaltenden Karlskult in Zürich belegen. Darstellungen auf Glasscheiben, Gemälden und Silberpokalen zeigen ihn als vermeintlichen Gründer des Großmünsters oder verehren ihn als einen Heiligen.

Dass auf europäischer Ebene sowohl Frankreich wie auch Deutschland Karl den Grossen als ihren Herrscher beanspruchen, symbolisieren – als Ausklang der Ausstellung – zwei einander gegenübergestellte Porträts: das Idealporträt Karls des Grossen als deutschen Kaiser aus der Werkstatt Albrecht Dürers und der französische «Charlemagne» des Historienmalers Louis-Félix Amiel von 1839.

    Text: lmz
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