Revolution 1848/49

 

Lorenz Brentano (1813 - 1891)

Geboren am 4. November 1813 in Mannheim, nach dem Studium der Rechtswissenschaft 1831 bis 1834 in Freiburg und Heidelberg, anschließend juristische Laufbahn in Bruchsal und beim Hofgericht in Rastatt. Im Juli 1848 am Hofgericht des Unterrheinkreises in Mannheim.

Ende Dezember 1845 als Mannheimer Abgeordneter in der Zweiten Kammer des badischen Landtags, ebenso nach der Neuwahl April 1846 ein. Wegen der Begründung seines Gesetzesantrags über die Unabhängigkeit der Richter geriet er mit dem Präsidenten des Justizministeriums Jolly in ein heftiges Rededuell. Im Herbst 1846 spaltete sich von der Kammeropposition eine radikalere Richtung ab, der auch Brentano angehörte. Auch dem am 9. Dezember 1847 neu eröffneten Landtag gehörte Brentano wieder an. In diesem unterstützte er vor allem den Antrag Bassermanns, eine Vertretung der deutschen Kammern beim Frankfurter Bundestag zu schaffen.

Mitglied der Nationalversammlung in Frankfurt als Abgeordneter des zweiten (Radolfzell, Engen, Stockach und Hüfingen) und des neunten (Lahr, Ettenheim, Haslach und Wolfach) badischen Wahlbezirks. Im August 1848 Antrag, die Wahl des wegen des Aprilputsches 1848 flüchtigen Hecker für die Nationalversammlung anzuerkennen; nach Ablehnung des Antrags baldiger Rückzug aus dem Parlament.

Erster Vorsitz im provisorischen Landesausschuß der Volksvereine in Baden. Als die von Brentano und seinen Parteifreunden geforderte Auflösung der Kammer bei der Mehrheit auf Ablehnung stieß, verließen Ende Februar und Anfang März 1849 die Anhänger der Linken die Kammer. In der Zwischenzeit propagandi-stische Erfolge als Verteidiger der Freischärler Struve, Blind und Fickler in den Freiburger Hochverratsprozessen. Als Oppositionspolitiker hatte er sich bei der Regierung so unbeliebt gemacht, daß diese zu Beginn des Jahres 1849 seine Wahl zum Oberbürgermeister von Mannheim nicht anerkannte.

Nach anfänglichem Zögern - er nahm an der bekannten Volksversammlung vom 12. und 13. Mai 1849 in Offenburg nicht teil - stellte sich Brentano an die Spitze der Umsturzbewegung, die - unterstützt durch Truppenmeutereien - inzwischen das ganze Baden ergriffen hatte. In die ursprünglichen Pläne Brentanos paßte es allerdings nicht, daß Großherzog Leopold infolge dieser Vor-gänge das Land verließ. Die Übernahme der staatlichen Gewalt in Karlsruhe erfolgte so durch eine Exekutivkommission der Revolutionäre, der neben Brentano, Peter, Eichfeld und Goegg angehörten, und durch einen fast 30köpfigen Landesausschuß. Abgelöst wurden diese Körperschaften am 1. Juni 1849 durch eine aus fünf Mitgliedern be-stehende provisorische Regierung, und nachdem am 10. Juni eine gesetzgebende Versammlung gewählt worden war, setzte diese drei Tage später als Regierungsspitze das Triumvirat Brentano-Goegg-Werner ein, in dem die beiden Letztgenannten aber nur eine nebensächliche Rolle spielten. Mit dem Herannahen der siegreichen preußischen Truppen flohen am 25. Juni die revolutio-nären Machthaber nach Freiburg. Während Brentano jetzt zu Unterhandlungen bereit war, setzte Struve die Fortsetzung des Widerstandes durch. Brentano zog hieraus seine Folgerungen. In Begleitung der Abgeordne-ten Ziegler aus Karlsruhe und Thiebauth aus Ettlingen floh er in der Nacht vom 28. auf 29. Juni aus Freiburg in die Schweiz. Mit einer im Druck veröffentlichten Erklärung vom 1. Juli suchte er von seinem Asyl aus diesen Schritt zu rechtfertigen.

Am 6. Juni 1850 in Abwesenheit vom Hofgericht des Mittelrheinkreises in Bruchsal zu lebenslänglichem Zuchthaus und zu Schadensersatzleistungen verurteilt, darauf weitere Flucht von der Schweiz nach Nordamerika. In Potsville (Pennsylvania) Gründung der deutschen Zeitung „Der Leuchtturm". 1859 Eintritt als Redaktionsmitglied in die „Illinois-Staatszeitung" in Chikago, an der er es bis zum Mitbesitzer des Unternehmens brachte. Als Präsident des Stadt-rats von Chikago unter anderem Einsatz für den Deutschunterricht an den öffentli-chen Schulen. 1872 nordamerikanischer Konsul in Dresden. Obwohl durch landesherrliches Dekret vom 7. August 1862 seine Zuchthausstrafe erlassen worden war, wagte er erst wieder badischen Boden zu betreten, nach-dem man ihm auf seine Anfrage von Zürich aus versichert hatte, daß auch die noch nach § 17 des badischen Strafgesetzes bestehenden Folgen seiner Verurteilung außer Kraft gesetzt seien. In Chikago, das ihm zur zweiten Heimatstadt geworden war, starb Brentano am 17. September 1891.

 
Engelbert Strobel: Lorenz Brentano. Einer der Hauptanführer der Revolution 1849. In: Badische Heimat 49, Heft 2, 1969 S. 153-155

 

 

   

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