Menschen am Rand des Eises


 
  

Schon im ausgehenden 19. Jahrhundert war dem Reallehrer Konrad Merk und seinem Kollegen D. Wepf bei ihren Ausgrabungen am Kesslerloch und am Schweizersbild in der Gegend von Schaffhausen aufgefallen, dass die meisten Knochenfunde von Rentieren stammten. Deshalb wurde schon bald von Rentierjägern gesprochen.

Das Rentier ist eines der typischen Tiere der Arktis. Sein dichtes Winterfell schützt vor Kälte und mit seinen langen Beinen hat es genügend Bodenfreiheit, um sich auch bei tieferem Schnee fortzubewegen. Wegen seiner genügsamen Nahrungsansprüche hat es ein großes Verbreitungsgebiet von der Taiga bis wie hinauf in die baumlose Tundra. In der Eiszeit konnte es sein Areal immer wieder nach Mittel- und Westeuropa ausweiten und ist zeitweise bis zu den Pyrenäen vorgedrungen.

Für die Rangstellung der Tiere ist das Geweih von großer Bedeutung, ebenso für den Zugang zum Futter. Die männlichen Tiere besitzen größere Geweihe und imponieren damit während der Brunft. Die berühmt gewordene, besonders realitätsnahe Gravierung eines Rentieres auf dem Lochstab vom Kesslerloch wurde immer als „äsendes“ Rentier beschrieben. Sein naturalistische Körperhaltung entspricht aber wohl eher solch einer Imponierhaltung während der Brunft. Neben diesen herausragenden Objekten aus der archäologischen Sammlung des Rosgartenmuseums, belegen vor allem die Werkzeuge und Jagdgeräte den Erfindungsreichtum der späteiszeitlichen Menschen, um in einer lebensfeindlichen Umwelt zu überleben.

Als die Menschen vor etwa 15.000 Jahren die Höhle am Kesslerloch im Kanton Schaffhausen/CH erstmals aufsuchten, war die Region bereits weitgehend eisfrei. Die Landschaft wurde von einer artenreichen Kräutervegetation geprägt, die am ehesten als Steppen-Tundra bezeichnet werden kann. In Südwestdeutschland und in der Nordschweiz bot die Landschaft den Tieren zwischen Alpenrand und Schwäbischer Alb ideale Lebensbedingungen. Die meisten Fundstellen des Jungpaläolithikums sind bezeichnenderweise Höhlen und Felsschutzdächter, sogenannte Abris, entlang der Südflanke der Alb und des Schweizer Jura. Wie das Kesslerloch boten sie einen natürlichen Schutz und eigneten sich hervorragend als Wohnplatz und Jagdlager.

Neuere Untersuchungen lieferten Hinweise auf ein Aufsuchen der Höhle bereits um 13.300 v.Chr. Dafür sprechen auch die absolut kaltzeitlichen Faunenreste, die bei den Altgrabungen am Kesslerloch gefunden wurden. Rentier, wollhaariges Nashorn und Mammut sind durch Knochenreste belegt, Moschusochsen durch die figürliche Darstellung auf einem Geweihbruchstück.

Die Ausstellung im Rosgartenmuseum bietet Einblicke in das Leben am Ende der Eiszeit vor 15.000 Jahren. Sie macht anhand von Originalen und Rekonstruktionen vertraut mit den Menschengruppen, die als Jäger unsere Region am Rand des Eises durchstreiften. Immer auf der Suche nach den großen Rentier- und Pferdeherden, die ihre wichtigste Jagdbeute und Nahrungsquelle waren.

     

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