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1.7.24

Kloster Ochsenhausen

Zum 400. Jubiläum: Heilige Leiber für kurze Zeit wieder zu sehen

(ssg) Die „Heiligen Leiber“ von Kloster Ochsenhausen sind bedeutende religiöse und kulturelle Zeugnisse aus dem 17. Jahrhundert. Seit 400 Jahren befinden sich drei der vier Reliquien in Kloster Ochsenhausen. Die kunstvoll und reich verzierten Gebeine sind für wenige Tage zu sehen : Zum Festgottesdienst am Sonntag, 30. Juni, um 10.00 Uhr wurden die Abdeckungen der Glassarkophage entfernt. Bis Sonntag, 7. Juli, können alle Interessierten die Heiligen Leiber besichtigen.

Klosterkirche Ochsenhausen, Kanzel. Foto: kulturer.beKlosterkirche Ochsenhausen: Reliquienleib der Hl. Emerentia. Foto: Christian Katschmanowsli, ssgKlosterkirche Ochsenhausen, Kanzel. Foto: kulturer.be

Klosterkirche Ochsenhausen: Reliquienleib der Hl. Emerentia. Foto: Christian Katschmanowsli, ssg

Festgottesdienst und Reliquienschau
Sie sind in kostbare barocke Gewänder gehüllt und mit fein gefertigten Klosterarbeiten geschmückt. Die Heiligen Leiber von Kloster Ochsenhausen sind wertvolle Reliquien. Im Jahr 2024 jährt sich ihre Überführung in die Klosterkirche zum 400. Mal. Anlässlich dieses Jubiläums fand am Sonntag, 30. Juni, um 10.00 Uhr der Festgottesdienst zu Ehren St. Peter und Paul sowie der Heiligen Leiber in der Klosterkirche St. Georg statt. Die ansonsten vor Blicken mit bemalten Holztafeln verschlossenen Glassarkophage sind anschließend während der Öffnungszeiten der Klosterkirche für eine Woche, bis zum Sonntag, 7. Juli, zu sehen. Die Basilika ist montags bis samstags zwischen 9.00 und 17.00 Uhr geöffnet. An Samstagen ist sie über die Mittagszeit von 12.00 bis 13.00 Uhr geschlossen. Am Sonntag stehen ihre Pforten ab 13.00 bis 17.00 Uhr offen.

Einblicke in die Glaubenspraxis
Dr. Christian Katschmanowski, Konservator der Region Bodensee / Oberschwaben bei den Staatlichen Schlössern und Gärten Baden-Württemberg, freut sich, dass die kunstvoll geschmückten Reliquien für einige Tage der Öffentlichkeit zugänglich sind: „Die Gebeine der Heiligen sind ein wichtiges religiöses und kulturelles Zeugnis. Sie spiegeln die Glaubenspraxis wider und dokumentieren darüber hinaus die Verbindung, die von Ochsenhausen nach Rom bestand.“ Denn dass die oberschwäbische Benediktinerabtei in den Besitz der Heiligen Leiber gelangte, war ein Glücksfall: Pater Placidus Spieß aus Kloster Ochsenhausen freundete sich bei seinem Studium an der Universität Freiburg mit Franz Chullot an. Dieser besorgte in Rom Heilige Leiber für sein Heimatkloster St. Blasien und brachte auch den Benediktinern in Ottobeuren und Ochsenhausen Reliquien. So kamen drei der heute vier Heiligen – die Gebeine von Innozenz, Maximus und Emerentiana – am 28. Mai 1624 ins Kloster Ochsenhausen. Die Heilige Justina wurde erst 1691 überführt, sie war ein Geschenk des Kapuzinerordens.

Träger göttlicher Gnade
Die Heiligen Leiber erfüllten für Jahrhunderte eine wichtige Funktion für die Gläubigen. „Das ganze Mittelalter hindurch und erst recht im Zeitalter der Katholischen Reform trachtete man, heilige Gebeine zu erhalten. Sie galten als Träger göttlicher Gnade und Kraft und erfüllten auch einen pädagogischen Zweck, um das religiöse Leben in den Klöstern Oberschwabens zu entfalten“, erläutert Pater Johannes-Baptist (Schmid), Administrator der Seelsorgeeinheit St. Benedikt Ochsenhausen, die Hintergründe. Die Bedeutung der Reliquien wird schon bei der Überführung der Gebeine im Rahmen einer feierlichen Prozession deutlich: Ab Tannheim, das damals zur Klosterherrschaft Ochsenhausen gehörte, trugen vier Männer die Reliquien mit Kreuz und Fahnen. Schützen und zahlreiche Gläubige begleiteten den feierlichen Prozessionszug. Mehr als 5.000 Menschen begrüßten die Ankunft der Reliquien in Ochsenhausen, wo sie auf den Seitenaltären der Klosterkirche verehrt wurden. Um die kostbaren Gebeine zu schützen, wurden sie während des Dreißigjährigen Krieges in unterirdischen Gewölben versteckt. Ende des 17. Jahrhunderts wurden die Skelette von Gutenzeller Schwestern eingekleidet. Die heutige Fassung stammt aus späterer Zeit, nämlich von den Ennetacher Schwestern aus dem Jahr 1749.

Von den Katakomben Roms in deutsche Klöster
Nach der Wiederentdeckung der spätantiken Katakomben in Rom im 16. Jahrhundert wurden zahlreiche Gebeine als die sterblichen Überreste frühchristlicher Märtyrer identifiziert. Der Besitz einer solchen Reliquie galt als Ausdruck einer besonderen Frömmigkeit und versprach Prestige. Infolgedessen wurden vielfach Gebeine in die Klöster und Kirchen nördlich der Alpen überführt, wo sie eine besondere Verehrung erfuhren. Ein Schwerpunkt dieses Reliquienkultes lag in Bayern, Oberschwaben und im Allgäu. Die Heiligen Leiber galten als reale Zeugnisse des göttlichen Heilsplans und Verheißung der himmlischen Herrlichkeit – starben die Märtyrer doch aus Überzeugung für ihren Glauben.

Kloster Ochsenhausen

Klosterkirche St. Georg
1. April bis 31. Oktober
Mo – Fr 9.00 – 17.00 Uhr
Samstag 10.00 – 12.00 und 13.00 – 17.00 Uhr, Sonntag 13.00 bis 17.00 Uhr.

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