Projekt kulturer.be
9.12.24
(blm) Ob Kaffee to go, Plastikverpackungen im Supermarkt oder Fast-Fashion im Online-Shop: Unsere Gesellschaft produziert heute mehr Müll als je zuvor – etwa eine halbe Tonne pro Person jährlich in Deutschland. Doch was können wir tun, um der Müllflut entgegenzuwirken? Mit genau dieser Frage haben sich die Volontärinnen und Volontäre des Badischen Landesmuseums auseinandergesetzt und präsentieren ab dem 6. Dezember ihre neue Ausstellung „Kann das weg? Von Abfällen und Einfällen“ im Schloss Karlsruhe. Die Schau bietet kreative Ansätze, wie Ressourcen geschont und Abfälle im Alltag reduziert werden können.
To Go-Becher, Mehrwegbecher und Faltbecher, letzterer Osmanisches Reich, Ende 17. Jh. © BLM, Foto: ARTIS – Uli Deck
Der Ideenbaum bietet die Möglichkeit, eigene Gedanken und Wünsche in der Ausstellung zu hinterlassen. © BLM, Foto: ARTIS – Uli Deck
Die Ausstellung hinterfragt die Wegwerfmentalität unserer Zeit und lädt dazu ein, genauer hinzusehen: Kann das weg? Oder lohnt es sich, die Dinge weiter zu benutzen? Müll begleitet die Menschheit seit jeher, doch der Umgang damit hat sich im Laufe der Geschichte immer wieder verändert. Erhalten, Reparieren, Umarbeiten und Recyclen – die Ausstellung zeigt anschaulich, wie in verschiedenen Epochen und Kulturen vermeintlich nutzlose Dinge erhalten, umfunktioniert oder wiederverwendet wurden.
„Das Thema Umwelt, Klimakrise und Müll betrifft uns alle, und wir brauchen Lösungen“, betont das Team der Volontärinnen und Volontäre im Badischen Landesmuseum. Den entscheidenden Impuls zur Ausstellung gab es übrigens durch den Besuch auf einem Recyclinghof, bei dem die enormen Mengen an Müll direkt vor Augen lagen. Diese eindrückliche Erfahrung inspirierte die jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu der Idee, Abfall nicht nur als Problem, sondern auch als spannendes Museums- und Gesellschaftsthema aufzugreifen. Beim Stöbern durch die Depots, die Online-Datenbank des Museums und nach vielen Recherchen entschieden sich die Volontäre für 37 Museumsobjekte – von der Antike über das Mittelalter bis zur Gegenwart. Alle ausgewählten Stücke geben einen lebendigen Eindruck davon, wie sich der Umgang mit Müll über die Jahrhunderte wandelte und welche überraschenden Möglichkeiten es gibt, Dinge neu zu nutzen.
Besonders imposant und ein Beispiel für die Wertschätzung von Dingen ist eine antike Preisamphore aus Griechenland: Vor über 2.500 Jahren wurde sie als Siegpreis an Wettkämpfer vergeben. Obwohl sie stark beschädigt war, entschieden sich die Menschen damals, die Amphore mit aufwendigen Techniken zu reparieren, statt sie wegzuwerfen. Kleine Löcher und bleierne Nieten halten die Bruchstücke zusammen und ermöglichen es dem Objekt, die Jahrtausende zu überdauern. Ein weiteres Beispiel für den kreativen Umgang mit vermeintlichem Müll ist eine moderne Tasse aus recyceltem Kaffeesatz. Sie ist nicht nur besonders wärmeisolierend und fühlt sich durch ihre natürliche Oberfläche angenehm in der Hand an, sondern erzählt auch eine spannende Geschichte, die Gesprächsstoff bietet. Gleichzeitig steht sie für innovative Ansätze im nachhaltigen Design und zeigt, wie alltägliche Abfälle in nützliche und langlebige Produkte verwandelt werden können. Die in der Ausstellung gezeigten Objekte verdeutlichen, dass nachhaltiges Denken und Handeln nicht unbedingt eine moderne Erfindung sind, sondern über viele Epochen und Kulturen hinweg eine zentrale Rolle gespielt haben.
Die interaktive Gestaltung der Ausstellung lädt die Besucherinnen und Besucher dazu ein, selbst aktiv zu werden. Hands-on-Stationen bieten die Möglichkeit, eine Trinkflasche aus einem getrockneten Kürbis zu berühren oder ein Musikstück zu hören, das auf einem ausgestellten Do-it-yourself-Instrument gespielt wurde. Ein besonderer Höhepunkt ist der „Ideenbaum“, an dem Gäste ihre Tipps und Gedanken zur Müllvermeidung hinterlassen können. Diese persönliche Beteiligung macht die Ausstellung zu einem Erlebnis für alle Generationen.
Nachhaltigkeit ist nicht nur Thema, sondern auch Leitgedanke der Ausstellung. Das zehnköpfige Team hat dafür gesorgt, dass viele Gestaltungselemente und Materialien für Ausstellungsaufbau und -design wiederverwendet wurden: Sockel und Holz stammen aus früheren Ausstellungen, alte Plakate wurden recycelt und Verpackungsmaterialien kreativ verwendet. Eine „Ideen-Glühbirne“ markiert auf der gesamten Ausstellungsfläche nachhaltige Elemente und erklärt, wie diese eingesetzt wurden. Dieses Konzept macht die Ausstellung selbst zu einem Vorbild für ressourcen- und umweltschonendes Handeln. Um das Engagement für Nachhaltigkeit und Zugänglichkeit zu unterstreichen und möglichst viele Menschen mit dem Thema zu erreichen, ist die Ausstellung „Kann das weg?“ im ersten Oberschoss kostenfrei zugänglich.
Ein weiterer Fokus liegt auf der Vernetzung mit der Stadtgesellschaft. Das Team hat lokale Initiativen wie das ReparaturCafé Karlsruhe e.V. und die Offene Werkstatt in der Kulturdose eingebunden, um langfristige Kooperationen zu schaffen. Interviews mit diesen Akteurinnen und Akteuren geben spannende Einblicke in die Welt des Reparierens und zeigen, wie Alltagsgegenstände wieder nutzbar gemacht werden können. Eine interaktive Karte lädt die Besucherinnen und Besucher dazu ein, eigene Projekte und Ideen zu verorten, um Teil eines wachsenden Netzwerks zu werden, das auch über die Laufzeit der Ausstellung hinaus bestehen soll.
Zur Ausstellung erscheint ein Katalog, der die Inhalte vertieft und Einblicke in historischen Perspektiven, kreative Ansätze und nachhaltige Ideen bietet. Er ergänzt die Ausstellung und macht die Themen auch über den Besuch hinaus zugänglich.
„Kann das weg? Von Abfällen und Einfällen“
6. Dezember 2024 – 28. September 2025
Volontär*innen-Ausstellung, Schloss Karlsruhe
Di–Do, 10–17 Uhr, Fr–So, Feiertage 10–18 Uhr
Eintritt kostenfrei
Weitere Informationen unter: www.landesmuseum.de
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Pexels, Ksenia Chernaya |
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