Archäologie in Heidelberg
Die Archäologischen Dauerausstellung
im Kurpfälzischen Museum Heidelberg
Heidelberg und das Untere Neckarland galten zu allen Zeiten
als bevorzugter Siedlungsplatz der Menschen. Die lößbedeckten
Flächen des Neckarschwemmkegels, den der Fluß
zu Urzeiten bei seinem Austritt aus dem Odenwald aufschüttete,
wurden seit jeher landwirtschaftlich genutzt und dienen
noch heute als fruchtbares Ackerland. Und ebenso wie heute
vielbefahrene Autobahnen und Zugstrecken diese Landschaft
kreuzen, so verliefen hier auch früher wichtige Handels-
und Verkehrswege zu Wasser und zu Lande.
So verwundert es nicht, daß die archäologischen
Hinterlassenschaften dieser Region besonders reich und vielschichtig
sind:
- sie reichen von dem ältesten europäischen
Menschenfund, dem Unterkiefer des Homo erectus aus Mauer,
vielfältigen Siedlungsfunden aus der Jungsteinzeit,
wie der Mehrfachbestattung der Michelsberger Kultur aus
Heidelberg-Handschuhs-heim, über die Bronzezeit bis
zu den Kelten, die auf dem Heiligenberg eine noch heute
als Bodendenkmal erhaltene mächtige Ringwallanlage
errichteten;
- sie umfassen die Römerzeit, in der Heidelberg sich
von einem bedeutenden Militärstützpunkt mit mehreren
Kastellanlagen zu einem florierenden Wirtschaftsstandort
mit ausgedehnten Töpfereibetrieben entwickelte, dessen
Wohlstand sich auch in den Grabinventaren des ca. 1350 Bestattungen
umfassenden Gräberfeldes in Neuenheim widerspiegelt;
- sie stammen aus den unruhigen Zeiten der späten
Kaiserzeit und der Völkerwanderungszeit, in denen die
römischen Siedlungen in Heidelberg und Ladenburg zerstört
wurden, der römische Staat neue Grenzkastelle am Rhein
errichtete, als deren vorgeschobener rechtsrheinischer Brückenkopf
der Burgus von Ladenburg diente, und schließlich alamannische
Siedler das fruchtbare Ackerland am Neckar in Besitz nahmen;
- sie kommen auf uns in Gestalt reicher Grabfunde aus
den Reihengräberfeldern in Heidelberg-Kirchheim und
Wiesloch aus der Zeit der Merowinger, als sich unser heutiges
Siedlungsbild mit der Gründung zahlreicher Dörfer
herausbildete, die heute Stadtteile des modernen Heidelbergs
geworden sind;
- und sie erzählen letztlich vom mittelalterlichen
Klosterleben in der Benediktinerabtei St. Michael auf dem
Heiligenberg ebenso, wie vom städtischen Leben in der
frühneuzeitlichen Residenzstadt Heidelberg, wie es
uns unmittelbar aus den Latrinengruben der Bürgerhäuser
in der Altstadt überliefert ist.
Die archäologische Dauerausstellung des Kurpfälzischen
Museums in Heidelberg vermittelt somit anhand der archäologischen
Funde, die seit über 100 Jahren bei Ausgrabungen in
der Stadt und im Umland geborgen wurden, die Geschichte
der Menschen dieser Region von 700 000 v. Chr. bis 1700
n. Chr. In dem großzügigen Museumsneubau, der
1991 eingeweiht wurde, stehen für die archäologische
Abteilung in sieben Räumen ca. 1600 m2 Ausstellungsfläche
zur Verfügung. Damit kann ein Großteil der Funde
erstmals ihrer Bedeutung entsprechend gezeigt werden. Das
Ausstellungskonzept versucht dabei, die Fundstücke
nicht nur als ästhetisches Einzelobjekt zu präsentieren,
sondern sie in ihren ehemaligen kulturhistorischen Kontext
zu stellen. Diesem Zweck dienen neben zahlreichen Modellen
auch die lebendigen Illustrationen, durch die der Alltag
der Menschen aus den verschiedenen Zeitepochen erfahrbar
gemacht werden soll. Nicht zu wissen was vor seiner
Geburt geschah, heißt immer ein Kind zu bleiben",
sagt Cicero. In der Hoffnung, daß in Zukunft nicht
nur viele Kinder mehr über ihre Vorfahren erfahren
möchten, sondern auch viele Erwachsene durch einen
Blick zurück, ihren eigenen Standort in
der Geschichte besser einordnen können, möchte
das Kurpfälzische Museum in Heidelberg möglichst
viele Menschen zu einem Besuch der archäologischen
Ausstellung einladen.
Martin Kemkes, M.A., in: Archäologische
Nachrichten aus Baden 53 (1995) S. 15-16
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