Das Bourdalou hat zweifellos Ähnlichkeit mit einer großen
Sauciere. Mit dem Gegenstand verbindet sich jedoch eine delikate,
ganz anders geartete Funktion, als die Form zunächst vermuten
lässt.
Tatsächlich handelt es sich um ein Uringefäß für
den weiblichen Bedarf, das zu Beginn des 18. Jhdts. aufkam. Selbst
nach der Erfindung des Wasserklosetts war der „pot de chambre“ noch
weit verbreitet. Am badischen Hof fand er bis ins 20. Jahrhundert
hinein Verwendung.
Im 18. Jahrhundert trugen die Damen unter den weiten Röcken
generell keine Hose, was den ungehinderten Gebrauch des Bourdalous
erlaubte. Die ausladenden Reifröcke waren zum Sitzen ungeeignet,
das Be- und Entkleiden war eine langwierige Prozedur, die nur
mit fremder Hilfe zu bewerkstelligen war. Für die Verrichtung
der Notdurft war daher ein Gefäß von Vorteil, das
auch im Stehen verwendet werden konnte.
Die Bezeichnung „Bourdalou“ wird posthum auf den
gleichnamigen französischen Hofprediger und Jesuiten Louis
Bourdaloue (1632 - 1704) zurückgeführt, der zwischen
1670 und 1693 am Hof Ludwigs XIV. tätig war. Seine Predigten
waren angeblich so fesselnd und ausschweifend, dass die Zuhörerinnen
für ihre Notdurft den Gottesdienst nicht verlassen wollten.
Historisch belegt ist diese Anekdote allerdings nicht. Die Herleitung
verdeutlicht jedoch den unbefangenen Umgang mit dem „pot
de chambre oblong“, den man für das 18. Jahrhundert
voraussetzen muss.
Eine großzügige und unbürokratische Stiftung
machte den Erwerb des seltenen Frankenthaler Bourdalous im Frühjahr
2010 für die Sammlung des Kurpfälzischen Museums möglich.
Mit dieser außergewöhnlichen Neuerwerbung konnte erfreulicherweise
eine Lücke im Sammlungsbestand geschlossen werden.
Text: kmh |