Kreuzgang
und Klausur
Die
gregorianische Reform des 11 Jh. verlangte ein regelmäßiges
("reguliertes") Leben der an der Kathedrale lebenden Kanoniker
und die Einrichtung von Räumen, die denen der Mönche in
Klöstern entsprachen.
Im folgenden Jahrhundert ermöglichte der wirtschaftliche
und politische Fortschritt die Anlage eines solchen Kanonikerbezirks
mit Kreuzgang, Kapitelsaal, Reflektarium und Damitarium.
Der Kreuzgang wurde mit dem Nordflügel begonnen; dem wenig
später der im 13. Jh. vollendete Ostflügel angefügt wurde.
Durch wirtschaftliche Schwierigkeiten wurden Süd- und Westflügel
erst im 19. Jh. angefügt.
Das Zentrum des Kreuzgangs wird von einem Garten eingenommen,
hier befand sich ehemals der Friedhof der Kanoniker (geweiht
1183).
Der Klausurbezirk wurde nach der Revolution als Nationaleigentum
verkauft und anschließend teilweise zu Wohnungen umgebaut.
Die romanischen Flügel des Kreuzgangs sind mit einer Rundtonne
überwölbt, die durch Rechteckvorlagen versteift ist.
Die Arkaden zum Kreuzgarten links bestehen aus gekuppelten
Drillingsfenstern mit schlanken Doppelsäulen zwischen schmalen
Pfeilern. An den Ecken diese Pfeiler zusammen und bilden
Mauerblöcke mit Raum für reichen plastischen Schmuck.
Sowohl die äußeren Pilaster als auch die an den Ecken zusammenstoßenden
Pilaster tragen dabei Figuren: Petrus und Johannes im NW,
Paulus und ein weiterer Apostel im NO, dazu die Kirchenpatrone
Trophimus (NW) und Stephanus (NO).
Die Flächen zwischen den Piastern tragen Reliefs mit szenischen
Darstellungen: Das leere Grab Christi mit Engeln und Wächtern,
dazu die 3 Frauen beim Einkauf der Spezereien (Trophimus
Pfeiler), Christi Himmelfahrt und Steinigung des Stephanus
(Stefanus-Pfeiler).
Die Pfeilerskulpturen des N-Trakts können als der Höhepunkt
der romanischen Skulptur in der Provence betrachtet werden
und wurden vermutlich noch während der Arbeit am Portal
von St. Gilles begonnen (ca. 1140-50).
Stilistisch bleiben diese Figuren noch dem Mauerblock verhaftet:
Die Hände liegen eng am Körper an, der Blick ist streng
frontal gehalten, die Gewandfalten sind fast reliefartig
in den Block geschnitten.
Die begleitenden Apostelfiguren dagegen verraten bereits
einen freieren Umgang, der sich beispielsweise in der gelösteren
Körperhaltung und dem fließenderen Fall der Gewandfalten
zeigt. Darin Zeigt sich die fortschreitende Annäherung an
die Antike, was das Verständnis von Plastik betrifft.
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