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Sizilien und die Unterwasserarchäologie

Für die alten Ägypter war es das „Große Grün“, für die Juden das „Große Meer“ und die Römer nannten es „Unser Meer“. Im Mittelmeer wird seit über 3000 Jahren Kulturgeschichte geschrieben, mit Sizilien im Zentrum. Rund um die größte Insel des Mittelmeeres begegnen sich, wie sonst nirgends in dieser Dichte, die Kulturen Europas, Asiens und Afrikas. So ist Sizilien heute nicht zufällig das führende Zentrum der Unterwasserarchäologie. Zum Schutz und zur Erforschung der Unterwasserfundplätze wurde in Palermo eine einzigartige Institution gegründet: Die Soprintendenza del Mare. Mit neuesten archäologischen und naturwissenschaftlichen Methoden erforscht und sichert sie die im Meer versunkenen Schätze.

Die Ausstellung „Im Meer versunken“ präsentiert mehr als 150 Objekte, die in den letzten Jahren aus dem Meer geborgen wurden: Dazu gehören Handelsgüter, Statuen, Münzen, Keramik und Waffen. Die meisten Funde sind erstmals außerhalb Italiens zu sehen. Die Ausstellung stellt nicht nur die Hochkulturen selbst, sondern auch die Hauptdarsteller in den Mittelpunkt, die den vielbeschworen Dialog der Kulturen im Mittelmeer überhaupt erst ermöglichten: Die Seefahrer und ihre Schiffe.

Oben: Amphoren des römischen Schiffes aus spätrepublikanischer Zeit vor der Cala Minnola auf Levanzo. Soprintendenza del Mare, Regione Siciliana, Palermo.

Amphore von der Fundstelle Pantelleria Salvo Emma. Soprintendenza per i Beni culturali e ambientali di Siracus.

Links: Basen römischer Säulen im Hafen von Sottomonastero auf Lipari. Soprintendenza del Mare, Regione Siciliana, Palermo.

Unten: Rammsporn aus der Schlacht bei den Ägadischen Inseln, 241 v. Chr. Soprintendenza del Mare, Regione Siciliana, Palermo.

Bronzeapplik in Form eines Seepferdes, Fundort Bonn. Foto: Jürgen Vogel, LVR-LandesMuseum Bonn.

Modellrekonstruktion eines spätrömischen Küstenfrachters, Foto: RGZM, Volker Iserhardt und Rene Müller.

Ob Phönizier, Griechen, Römer, Araber oder Normannen, sie alle prägten die Welt des Mittelmeeres. Der Auftakt der Ausstellung geht auf das spannungsvolle Verhältnis der antiken Kulturen zum Meer ein. Der Rundgang startet mit der Statue des phönizischen Gottes Reschef. Sie wurde aus dem Wrack eines 3000 Jahre alten phönizischen Handelsschiffes geborgen. Die Ausstellung zeigt kostbare griechische Keramik, versunken um 300 v. Chr. vor der Insel Lipari. Ein Gefäß zum Transport von Parfüm, ein Meisterwerk römischer Handwerkskunst, versank mit anderen Luxusgütern für den sizilianischen Markt vor der Hafenstadt Kamarina. Eindrucksvolle Marmorfragmente erinnern an die gefährliche Reise eines byzantinischen Transportschiffes, das zur Zeit Kaiser Justinians (ca. 482 – 565) eine komplette Kirchenausstattung aus dem Marmara-Meer vor Konstantinopel nach Italien transportieren sollte - und sein Ziel nie erreichte.

Höhepunkt sind drei schwergewichtige bronzene Rammsporne, faszinierende Zeugnisse antiker Kriegskunst, die erst vor wenigen Jahren in einer Tiefe von über 80 Metern gefunden wurden. Sie waren die tödlichen Waffen der Galeeren, die am 10. März 241 v. Chr. vor den ägadischen Inseln im Meer versanken. An diesem Tag siegten die Römer in einer Schlacht von welthistorischer Bedeutung über die vereinigte Streitmacht der Punier und versenkten oder erbeuteten 120 feindliche Schiffe. Dieser Sieg beendete den ersten Punischen Krieg und legte die Grundlage für das zukünftige römische Weltreich. Eine eigens angefertigte aufwendige CAD-
Rekonstruktion schildert in packenden Bildern das Aufeinanderprallen der über 100 Kriegsschiffe.

So lässt die Ausstellung Geschichten und Geschichte von weltumspannender Bedeutung lebendig werden, illustriert durch Schiffsmodelle und moderne Medien. Am Nachbau einer römischen Galeere kann der Besucher selbst zum Ruder greifen, angefeuert durch einen Schlagmann, natürlich in Latein (mit Untertiteln).

Die Ausstellung ist ein Kooperationsprojekt der Soprintendenza Del Mare, Palermo und des COBRA Museum Konsortiums, das sich aus folgenden Institutionen zusammengeschlossen hat: Ny Carlsberg Glyptoteket, Copenhagen, Ashmolean Museum, University of Oxford, LVR-LandesMuseum Bonn und Allard Pierson Museum Amsterdam.

Zur Ausstellung in Bonn erscheint eine begleitende Broschüre von 86 Seiten mit kurzen Einführungstexten zur Geschichte Siziliens und der Unterwasserarchäologie von Sebastiano Tusa und Florina Agneto, mit Steckbriefen der versunkenen Schiffe, erläuternden Texten zur Ausstellung und zahlreichen Zitaten antiker Autoren zum Thema Meer und Schiffe. Die Broschüre ist ausschließlich im Museumsshop zum Preis von 3,- Euro erhältlich.

Im Meer versunken
Sizilien und die Unterwasserarchäologie
12. Oktober 2017 – 11. März 2018
LVR-LandesMuseum Bonn

Text: LVR-Landesmuseum Bonn

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