16.11.21

Schlossgarten Schwetzingen

Buchensetzlinge aus Katalonien für den Schlossgarten

(ssg) Ein europäisches Netzwerk für den Schlossgarten Schwetzingen: Am Montag konnte Barbara Saebel, Landtagsabgeordnete und Sprecherin für Denkmalschutz und Kulturerbe, gemeinsam mit Marie Kapretz, der Leiterin der Vertretung Kataloniens in Deutschland, Buchensetzlinge aus den Pyrenäen in der Baumschule der Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg am Rande des Schlossgartens setzen. Der symbolische Akt ist ein Signal: Es braucht europaweite Zusammenarbeit, um den Folgen des Klimawandels zu begegnen.

Prof. Dr. Hartmut Troll, Gartenkonservator der Staatlichen Schlösser und Gärten, Landtagsabgeordnete Barbara Saebel MdL, Sprecherin für Denkmalschutz und Kulturerbe, Marie Kapretz, die Vertreterin der Regierung von Katalonien in Deutschland.Die Stars des Tages: Buchensetzlinge aus KatalonienDie Stars des Tages: Buchensetzlinge aus KatalonienProf. Dr. Hartmut Troll, Gartenkonservator der Staatlichen Schlösser und Gärten, Landtagsabgeordnete Barbara Saebel MdL, Sprecherin für Denkmalschutz und Kulturerbe, Marie Kapretz, die Vertreterin der Regierung von Katalonien in Deutschland. Foto: SSG.

Die Stars des Tages: Buchensetzlinge aus Katalonien. Foto: kulturer.be

Setzlinge aus den Pyrenäen

Prominente Taufpaten für kleine Bäume: Gemeinsam pflanzten die Landtagsabgeordnete Barbara Saebel und Marie Kapretz, Leiterin der deutschen Vertretung Kataloniens, am Montag die Buchensetzlinge im Schlossgarten Schwetzingen. Der Baumnachwuchs aus dem Süden wird Teil des großen Nachzuchtprojekts, mit dem die Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg versuchen, den berühmten Schlossgarten für den Klimawandel zu ertüchtigen und zugleich in seinem historischen Erscheinungsbild zu bewahren. Die Setzlinge fanden ihren Platz in einer Versuchsbaumschule, mit der die Staatlichen Schlösser und Gärten seit diesem Jahr geeignetes Pflanzmaterial für die Nachpflanzungen im immer trockener werdenden Schlossgarten heranziehen.

klimawandel als europäische Aufgabe
Barbara Saebel, Landtagsabgeordnete und Sprecherin für Denkmalschutz und Kulturerbe, wies bei diesem Termin darauf hin, dass kaum irgendwo im Land der Klimawandel bereits jetzt so deutlich zum Problem geworden sei wie hier im Schlossgarten Schwetzingen: „Hier am Oberrhein, insbesondere rund um Schwetzingen und Mannheim, werfen wir einen Blick in die Zukunft des Klimas.“ Man habe daher in den letzten Jahren bereits in den Fraktionsinitiativen des Landtags immer wieder den Schlossgarten Schwetzingen bedacht, um Projekte jenseits des üblichen Pflegeaufwands zu ermöglichen. „Ziel ist nicht nur, das Gartendenkmal hier zu retten, sondern fürs ganze Land an Lösungen zu arbeiten und gleichzeitig mit allen Akteuren bundesweit und sogar mit unseren Freunden in Europa im Austausch zu sein. Denn der Kampf gegen Klimawandel und die Anpassung an ihn gelingen nur gemeinsam.“ Die Verbindung nach Katalonien kam über die „Vier Motoren für Europa“ zustande, ein Zusammenschluss der vier wirtschaftlich stärksten Regionen Europas: Baden-Württemberg, Katalonien, Lombardei und Rhône-Alpes.

Baumschulen für die Zukunft des Gartens

Prof. Dr. Hartmut Troll, Gartenkonservator und Leiter des Bereichs Historische Gärten bei den Staatlichen Schlössern und Gärten Baden-Württemberg, erläuterte die Schritte: „In unserer Versuchsbaumschule im Schlossgarten Schwetzingen werden Techniken und Gehölze zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels erprobt. Ein erster Schritt, der später in der diesen Winter wieder hergestellten sogenannten Kleinen Baumschule weitergeführt wird.“ Mit der Baumschule knüpfen die Staatlichen Schlösser und Gärten an historische Vorbilder im Schlossgarten an. „Unsere Absicht ist es, mit der Wiederbelebung eigener Baumschulen bestens angepasste Gehölze für Nachpflanzungen zu erhalten.“ Dabei werden Sämlinge aus dem Garten oder aus Forstbaumschulen schrittweise an die Verhältnisse gewöhnt, in denen sie später im Schlossgarten wachsen sollen. „Auch der Erhalt genetischer Ressourcen unserer wertvollen Altbäume spielt eine wesentliche Rolle; zudem können so der Wissenstransfer gewährleistet und traditionelle Baumschultechniken gepflegt werden“, erklärte Hartmut Troll.

Ziel ist der Erhalt des authentischen Bildes
Besonders die Buchen in Schwetzingen sind stark durch den Klimawandel gefährdet. Um hier alle Möglichkeiten auszuschöpfen, diese für das authentische Bild des Schlossgartens wichtige Art dauerhaft zu erhalten, sind die Staatlichen Schlösser und Gärten gleich auf mehreren Wegen unterwegs: Zum einen wird die im Garten selbst aus Sämlingen aufgehende Naturverjüngung verschiedener Gehölzarten weiter kultiviert, zum anderen werden Jungbäume aus dem In- und Ausland herangezogen und zwar aus Gebieten, die wärmer und trockener sind, als es der Standort Schwetzingen gegenwärtig bereits ist. Außerdem wird versucht, den Boden optimal aufzubereiten: durch Pflanzenkohle-Zusatz oder indem die Wurzeln mit Algen und Mikroorganismen gestärkt werden.

Jüngster Zugang zur Baumschule aus Katalonien

Setzlinge aus trockeneren Gebieten haben die Gartenfachleute der Staatlichen Schlösser und Gärten bereits einige in ihrer Obhut, etwa vom Oberrheingraben, aus dem Westerwald oder aus dem fränkischen Hügelland. Vor wenigen Wochen kamen Buchen aus Ostpolen an der Grenze zur Ukraine dazu. Ein Erasmus-Aufenthalt von Dr. Malawski von der University of Life Sciences in Lublin ergab den dafür notwendigen Kontakt. Die Lieferung aus Katalonien ist nun der jüngste Neuzugang für die Baumschule des Schlossgartens. Katalonien stellt die südliche Verbreitungsgrenze der Buche dar. Die Bäume kommen aus dem Valle de Arán im Herzen der Pyrenäen.

Europaweite Vernetzung

Diese Maßnahmen sind Teil der aus den vom baden-württembergischen Landtag freigegebenen Sondermitteln finanzierten Adaptionsstrategien an die Folgen des Klimawandels. „Was wir derzeit tun, ist nur mit Hilfe eines Wissensnetzwerkes im europäischen Maßstab realisierbar“, erklärte Hartmut Troll. Der Kontakt nach Spanien kam über das Büro der Landtagsabgeordneten Barbara Saebel zustande. Sie eröffnete den Kontakt mit Marie Kapretz, der Vertreterin Kataloniens in Deutschland – und über diese Verbindung wurde der Kontakt zu den Baumschulen in den Pyrenäen hergestellt.

Anknüpfen an historische Tradition

Gartenkonservator Hartmut Troll zitierte den Gartenkünstler Friedrich Ludwig von Sckell (1750‒1823). Sckell, der den Schlossgarten Schwetzingen wesentlich prägte, schrieb von der „Notwendigkeit der Baumschul-Anlagen ausländischer und einheimischer Bäume und Sträucher bei großen Garten-Anlagen“ und erklärte die Notwendigkeit pragmatisch: „Pflanzen, in loco gezogen, sind schon da, wo sie die Gärten der Natur schmücken sollen, sowohl an das Klima, wie an die Erde gewöhnt, so daß man auf Ihr Gedeihen und Fortkommen weit sicherer rechnen kann, als auf solche Pflanzen, die man erst aus entfernten Gegenden und Himmelsstrichen muß kommen lassen.“ Die Ideen des historischen Gartenarchitekten rücken jetzt in den Zeiten des Klimawandels als vielversprechende nachhaltige Strategie wieder in den Fokus – und zugleich wird mit seinen Ideen auch die verloren gegangene Tradition der Baumschulen und damit kulturelles Erbe wiederbelebt.

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