31.3.21

Kloster Heiligkreuztal

Die Christus-Johannes-Gruppe zeigt das letzte Abendmahl am Gründonnerstag

(ssg) Die Zeit vor Ostern ist in der biblischen Tradition eine Zeit der Stille: Davon erzählt der Brauch der Fastenzeit heute noch. Im Kloster Heiligkreuztal verkörpert die berühmte Christus-Johannes-Gruppe den Geist der Passionszeit. Die kostbare Skulptur aus dem 14. Jahrhundert spiegelt die Frömmigkeit der Zisterzienserinnen vor 700 Jahren wider ‒ und zeigt ein besonders in Oberschwaben beliebtes Motiv des letzten Abendmahls.

Skulptur Christus und Johannes in der ehemaligen Klosterkirche Heiligkreuztal. Foto: LMZ/Dieter JägerEhemalige Klosterkirche Heiligkreuztal, Innenansicht zuum AltarraumSkulptur Christus und Johannes in der ehemaligen Klosterkirche Heiligkreuztal. Foto: LMZ/Dieter Jäger

Klosterkirche, Innenansicht. Foto: kulturer.be

Christus und Johannes beim Abschiedsmahl

Sie ist eine von 40 erhaltenen Christus-Johannes-Gruppen weltweit und ein seltenes Zeugnis des tiefen Glaubens, der um 1300 in den oberschwäbischen Nonnenklöstern herrschte: Die „Christus-Johannes-Gruppe“ im Kloster Heiligkreuztal zeigt Johannes, den Lieblingsjünger Christi, der seinen Kopf beugt und sich an die Brust Jesu lehnt. Das Motiv des letzten Abendmahls, am Donnerstag vor Ostern, bildet die beiden Figuren in einem sehr emotionalen Moment ab ‒ beschrieben wird dieser in Kapitel 13, Vers 23‒25 des Johannesevangeliums: „Einer von den Jüngern lag an der Seite Jesu; es war der, den Jesus liebte. Simon Petrus nickte ihm zu, er solle fragen, von wem Jesus spreche. Da lehnte sich dieser zurück an die Brust Jesu und fragte ihn: Herr, wer ist es?“

Der Bibeltext, der davon berichtet, ist von hoher theologischer Bedeutung: Er enthält die Einsetzungsworte des Abendmahls. Der Tag, an dem das bedeutungsreiche Abendmahl stattfand, ist heute der Gründonnerstag: der Tag vor Karfreitag, dem Tag der Kreuzigung Christi. Er trägt seinen Namen allerdings nicht nach der Farbe, sondern vom mittelalterlichen Wort für Greinen oder Weinen. Der Künstler hat für seine Darstellung jedoch einen anderen, menschlichen Blick gewählt: den auf das Zutrauen des Johannes in Christus. Diese Form der innigen Darstellung war in den Frauenklöstern Oberschwabens ein sehr beliebtes Andachtsmotiv.

In der Heiligkreuztaler Figurengruppe ist Johannes, der Lieblingsjünger Jesu, etwas kleiner dargestellt; er ruht am Herzen seines Meisters. Der Jünger hat seinen inneren Frieden gefunden und sein leicht geöffneter Blick ist in sich gekehrt. Jesus hält ihn sanft umfasst, was ein ergreifendes Gefühl der Geborgenheit und der Zusammengehörigkeit zum Ausdruck bringt. Beide Figuren tragen mit Goldborten reich verzierte farbige Gewänder: Die Falten beider Gewänder verlaufen im selben Schwung und Rhythmus, was das Gefühl der Zusammengehörigkeit verstärkt. Die dargestellte Nähe zwischen Johannes und Christus sollte sich auf die Ordensfrauen in Heiligkreuztal übertragen und zur Meditation anregen.

Ein kostbarer Schatz im Donautal
Die Figurengruppe entstand um 1320 möglicherweise in einer Konstanzer Werkstatt, die sich im Umkreis von Meister Heinrich befindet – einem Bildhauer aus Konstanz, der um 1300 mehrere Christus-Johannes-Gruppen gearbeitet hat. Die Skulptur aus Nussbaumholz ist 101 Zentimeter hoch, 65 Zentimeter breit und an ihrer Rückseite ausgehöhlt. Die Bemalung der Gruppe stammt aus dem Barock: Im 18. Jahrhundert war eine Lüsterfassung mit metallenen Schimmer beliebt. Damit ließen sich edle Materialien nachahmen. Das Exemplar, das sich im ehemaligen Zisterzienserinnenkloster in Heiligkreuztal erhalten hat, ist ein besonders schönes Stück – noch dazu am originalen Platz. Seit einigen Jahren steht die „Johannesminne“, wie das hölzerne Andachtsbild genannt wird, gut sichtbar für Besucherinnen und Besucher in einer gotischen Nische der Chorstirnwand.

Passion und Ostern sind oft Themen der Kunst. Kein Wunder: Es sind zentrale christliche Themen und über viele Jahrhunderte waren die Kirchen die wichtigsten Auftraggeber der Künstler. Die Passion bietet einen großen Reichtum an emotionalen Bildmotiven der religiösen Kunst über Jahrhunderte: neben dem Abschiedsmahl den Einzug Jesu in Jerusalem, die Festnahme, Verurteilung, Verspottung und schließlich die Kreuzigung des Messias. In vielen Klöstern und Kirchen haben sich die eindrucksvollen Zeugnisse der Frömmigkeit früherer Zeiten erhalten. Für viele Menschen waren die Darstellungen des Leidens Christi wohl tröstlich – und der emotionale Gehalt der Geschichte inspirierte die Künstler durch alle Epochen besonders stark.

Kloster Heilgkreuztal
Aktuell ist Kloster Heiligkreuztal wie alle Monumente der Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg ebenso wie alle Kultureinrichtungen geschlossen.

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