6.11.20

Thomas Jefferson 1788 zu Besuch in Schwetzingen

(ssg) Thomas Jefferson, der spätere US-Präsident, stattete auf seiner Rheinreise 1788 Schwetzingen einen Besuch ab. In seinem Reisetagebuch, das später auch veröffentlicht wurde, schreibt er über sein Schwetzingen-Erlebnis.

Mather Brown: Porträt Thomas Jeffersons, 1786 Schlossgarten Schwetzingen: Arkadengang und Minervastatue Wiesentälchen und Tempel der WaldbotanikMather Brown: Porträt Thomas Jeffersons, 1786. Wikimedia Commons /PD

Schlossgarten Schwetzingen: Arkadengang und Minervastatue

Wiesentälchen und Tempel der Waldbotanik

Jefferson in Schwetzingen

Thomas Jefferson schreibt in seinem Reisebericht vom 16. Tag seiner Rheinreise im Jahr 1788. Er urteilt ganz als Kind seiner Zeit: Jefferson war selbst als Architekt tätig. Kein Wunder also, dass ihm der ältere – französische – Teil des Gartens überhaupt nicht gefällt: „Die Gärten von Schwetzingen zeigen, wieviel Geld man ausgeben kann, um etwas Häßliches zu machen.“ Viel mehr seinem – und dem aktuellen Geschmack – entsprechen die Partien des Gartens, die dem Konzept des Englischen Landschaftsgartens folgen: „Was jedoch das Englische Viertel genannt wird, erlöst das Auge von den engen Baumreihen und den runden und quadratischen Wasserbecken, aus denen der größte Teil des Gartens besteht. Es gibt noch einige erträgliche Beispiele für griechische Architektur und eine gute Ruine. Auch das Vogelhaus ist beachtlich. Es besteht aus etwa 8 Fuß breiten Zellen, die im Kreis angelegt sind, auf einer Fläche mit etwa 40 bis 50 Fuß Durchmesser. Die Zellen haben Türen, teils aus Draht oder Glas und darin stehen kleine Sträucher.“

Fruchtbares Land und Wildschweine des Kurfürsten

Sein Blick erfasst auch die umgebende Landschaft und ihre Bewirtschaftung: „Die Rheinebene ist an dieser Seite 12 Meilen breit, begrenzt von den Hügeln der Bergstraße. Diese scheinen 800 bis 1 000 Fuß (ca. 300 Meter) hoch zu sein. Die unteren Hänge sind mit Reben bepflanzt, aus denen der sogenannte „vin de Nichar“ (Neckarwein) gewonnen wird. Oberhalb wachsen Walnüsse. Ganz oben gibt es einige besonders kultivierte Parzellen. Die Ebene ist im allgemeinen dunkelbraun, vorwiegend mit Getreide bestellt. An einige Stellen pflanzten sie Kartoffeln und lassen anderes Land offen für Mais und Tabak. Viele Pfirsiche und andere Obstbäume wachsen an den unteren Hängen der Berge. Direkt hinter Käferthal ist mit Kiefern bestandenes ausgedehntes Brachland. Hier hat der Kurfürst ungefähr 200 gezähmte Wildschweine gehalten. Ich sah ungefähr 50 davon. Die schwersten, so wurde mir gesagt, würden ungefähr 300 Pfund wiegen.“

Das Reisetagebuch des späteren Präsidenten

Thomas Jeffersons Reisebericht, hier zitiert nach einer Ausgabe von 1991, die eine übersetzte Fassung vorstellt, zeigt, dass er eine Rheintour machte – eine ganz klassische Reiseroute, die wenige Jahrzehnte später dann mit dem Reiseführer von Baedeker zum touristischen Standard wurde. Jefferson war in den Jahren 1785 bis 1789 Botschafter in Paris – in der Zeit der französischen Revolution. In seinem Reisebericht gibt er reiselustigen Landsleuten in der Neuen Welt Ratschläge und Hinweise, die auch dankbar angenommen wurden. Der Weinliebhaber Jefferson kaufte außerdem erlesene Rheinweine – und Rebensetzlinge.

Gründervater der USA

Thomas Jefferson (1743–1826) ist einer der Gründerväter der Vereinigten Staaten. Von 1801 bis 1809 war er der dritte amerikanische Präsident. Er war der maßgebliche Verfasser der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung. Umfassend gebildet, war er ein erklärter Verfechter der Aufklärung und ein Förderer der Wissenschaften; seine Bibliothek mit 6.500 Bänden bildete den Grundstock für den Wiederaufbau der Library of Congress nach dem Krieg von 1812. Außerdem war Jefferson – ein Vertreter des Klassizismus – als Architekt tätig. Seine Residenz in Monticello und die Universität von Virginia, beide von ihm errichtet, gehören zum UNESCO-Welterbe.


Aktuell sind Schloss und Schlossgarten Schwetzingen wegen der Corona-Pandemie geschlossen.

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