16.9.20

Dreiländermuseum Lörrach

"Kunst und Nationalsozialismus“

Sonderausstellung beleuchtet die badische Kunst in der NS-Zeit

(dlml) Es ist ein ambitioniertes Projekt, das im Dreiländermuseum jetzt begonnen hat. Die Ausstellung „Kunst und Nationalsozialismus“ geht der Frage nach, wie wir heute Kunst bewerten können, die während des Dritten Reiches entstanden ist. 113 Werke sind ausgestellt, 12 Künstler und ihr Verhältnis zum NS-Staat wurden exemplarisch ausgewählt. Erstmals wird das Verhältnis von Kunst und NS-Diktatur im Land Baden umfassend beleuchtet.

Hermann Burte (eigentlich Strübe), Anker am Rhein (1934)Adolf Riedlin, 3 Arbeiter (um 1937)Hermann Burte (eigentlich Strübe), Anker am Rhein, Öl auf Leinwand, 1934. Der v.a. als Dichter im Dritten Reich geschätzte Hermann Burte war auch Maler. Die Perspektive zeigt den Blick von Baden über den Rhein ins Elsass, das 1918 wieder von Deutschland an Frankreich abgetreten werden musste und doch aus Burtes Sicht zur „gemeinsamen alemannischen Heimat“ gehörte. Sammlung Dreiländermuseum (BKBu 111)

 

          Philipp Flettner, Porträtkopf Adolf Hitlers (1939/40)

Philipp Flettner, Porträtkopf Adolf Hitlers, Bronzeguss, 1939/40. Die Büste wurde für den großen Saal des Kaiser-Wilhelm- Instituts im faschistischen Rom in Auftrag gegeben. 1944 befreiten amerikanische Soldaten Rom, vermutlich geriet die Büste in diesem Zusammenhang als Beutekunst in die USA, von wo sie das Dreiländermuseum für seine Sammlung ankaufte. Sammlung Dreiländermuseum (PFle46)

Adolf Riedlin, 3 Arbeiter, Öl auf Leinwand, um 1937. Eine Arbeiterkolonne steht im Mittelpunkt auch seines Freskos im Freiburger Gaswerk, für das Riedlin 1937 einen öffentlichen Auftrag erhielt. Im selben Jahr wurden Bilder von Riedlin aber auch als „entartet“ im Augustinermuseum beschlagnahmt. Sammlung Dreiländermuseum (BKRi 32)

Corona hatte das ursprünglich für Mai geplante Projekt verzögert. Der 200 Seiten starke Katalog erscheint im September. Am 2. Oktober beginnt ein Programm mit 40 Veranstaltungen, das bis zum Ausstellungsende am 30. Mai 2021 die Thematik von vielen unterschiedlichen Seiten beleuchtet. Schon jetzt ist die Ausstellung aber für individuelle Besucher geöffnet. Der Besuch lohnt, viele Kunstwerke sind das erste Mal zu sehen.

Nicht nur das Werk bekannter badischer Künstler während der NS-Zeit wird vorgestellt, eine umfassende historische Dokumentation erhellt die Zeit und die Umstände ihres Entstehens. Direktor der Landeskunstschule in Karlsruhe wurde 1933 Hans Adolf Bühler, der eine erste Femeausstellung organisierte, entlassen dagegen der ehemalige Direktor August Babberger. Mitglieder der 1935 aufgelösten Freiburger Künstlervereinigung Secession galten nach 1945 als Opfer des Regimes, obwohl die Gruppe sich dem NS-Staat eng verbunden fühlte. Mitglieder wie Adolf Riedlin erhielten 1937 staatliche Aufträge, zugleich wurden Werke von ihm als „entartet“ beschlagnahmt. Auch Badens großer Kunstkeramiker Max Laeuger erhielt Aufträge für das Gelände der Olympiade in Berlin 1936. Ein erfolgreicher Bildhauer war damals Philipp Flettner, dessen für Rom beauftragte Hitlerbüste wohl als Beutekunst in die USA kam und dort vom Dreiländermuseum zurückerworben wurde.

Kuratiert wurde die Ausstellung von der US-amerikanischen Kunsthistorikerin Barbara Hauß, die nicht nur hervorragende Kenntnisse über Badens Kunstgeschichte besitzt, sondern auch einen Blick von außen in das Projekt einbrachte. Entstanden ist eine Ausstellung, die ein vielschichtiges Mosaik der damaligen Kunst zeigt und deutlich macht, dass eine einfache Teilung zwischen Regimetreue und Verfolgung zu kurz greift. Die Ausstellung hat sich zum Ziel gesetzt, hier ein sehr viel differenzierteres Bild zu vermitteln.

Weitere Infos: www.dreilaendermuseum.eu

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