10.3.20

Mit Herzblut und Haltung

Prof. Dr. Astrid Pellengahr seit März als neue Direktorin des Landesmuseums Württemberg im Amt

(lmw) Der Wechsel an der Spitze des Landesmuseums Württemberg ist nicht nur für die rund 150 Mitarbeiter*innen des Museums ein mit Spannung erwarteter neuer Abschnitt – auch die Öffentlichkeit nimmt großen Anteil an dem Ereignis: Zum Festakt am 3. März anlässlich des Wechsels in der Direktion waren 600 interessierte Gäste in die Sparkassenakademie gekommen. Sie alle nutzten die Gelegenheit, die neue wissenschaftliche Direktorin Astrid Pellengahr kennenzulernen und Wesentliches über die Ausrichtung ihrer künftigen Arbeit zu erfahren. Herzblut ist für die neue Chefin im Alten Schloss eine Grundvoraussetzung, um die Aufgaben im Kulturbereich anzugehen.

Prof. Dr. Astrid Pellengar, seit März 2020 Leiterin des Landesmuseums Württemberg. © Landesmuseum Württemberg, Foto Hendrik ZwietaschProf. Dr. Astrid Pellengar, seit März 2020 Leiterin des Landesmuseums Württemberg. © Landesmuseum Württemberg, Foto Hendrik Zwietasch

Professorin Dr. Astrid Pellengahr, 1967 in Heide (Schleswig-Holstein) geboren, ist ein Mensch, der die Museumsarbeit „von der Pike auf“ gelernt hat. Die studierte Kulturwissenschaftlerin und Soziologin hatte zunächst das Stadtmuseum Kaufbeuren und das Deutsche Jagdmuseum München geleitet. Seit 2014 betreute sie als Leiterin der Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen in Bayern rund 1250 Museen. Daneben ist Pellengahr Mitglied in zahlreichen Kuratorien und wissenschaftlichen Beiräten von Museen und Kultureinrichtungen und hat immer wieder Lehraufträge an Universitäten wahrgenommen.

Astrid Pellengahr sieht in der Besucherorientierung so etwas wie einen roten Faden, der ihre bisherigen beruflichen Stationen und ihre künftige Arbeit verbindet. Um ein breites Publikum zu erreichen, sind für Pellengahr verbindliche Qualitätsstandards unerlässlich, angefangen von einer klar verständlichen Konzeption der Ausstellungen über die Struktur der Texte bis hin zu einem zeitgemäßen Medieneinsatz. Dabei ist es eine Selbstverständlichkeit, dass die Umsetzung der gesteckten Ziele von einer regelmäßigen Besucherforschung begleitet wird.

Die Ausrichtung an den Wünschen und Bedürfnissen der Besucherinnen und Besucher beinhaltet für die neue Direktorin, dass das Landesmuseum weiterhin und vermehrt Anknüpfungspunkte an die Gegenwart bietet. Das Museum besitzt ein enormes Potenzial als Wissensspeicher und Ort, an dem kritische Reflexion ermöglicht und die Welt in ihrer Multiperspektivität dargestellt wird. Zugleich darf die „Leichtigkeit“ nicht aus dem Blick geraten: Für ALLE sollten in den Schausammlungen attraktive Angebote vorhanden sein, und zwar im analogen wie im digitalen Raum. Der Schlüssel hierfür liegt in der kulturellen Bildung, die im Landesmuseum bereits einen hohen Stellenwert einnimmt, was Astrid Pellengahr zu schätzen weiß: „Museumsarbeit ist permanente Übersetzungsarbeit, deshalb gehört die Vermittlung für mich als integraler Bestandteil immer dazu“. Pellengahr ist es hierbei auch wichtig, Menschen mit besonderen Bedürfnissen zu erreichen und noch stärker mit dem Publikum in den Dialog treten. Aus ihrer bisherigen Erfahrung mit inklusiven Ansätzen im Museum möchte sie auch über ihre künftige Arbeit den Leitsatz stellen: „Nicht ohne uns über uns!“

Worauf sich Astrid Pellengahr besonders freut: Ein so großes Haus wie das Landesmuseum, mit derart vielfältigen Sammlungen bietet große Chancen zur interdisziplinären Zusammenarbeit zwischen Archäolog*innen, Kunsthistoriker*innen, Ethnolog*innen, Restaurator*innen und eben der Kulturvermittlung.

Dem Thema Digitalisierung müssen sich heute alle Museumsmacher stellen. Astrid Pellengahr sieht hier – gerade in Baden-Württemberg, wo die digitale Transformation gezielt angegangen wird – große Gestaltungsmöglichkeiten: „Wir denken das Museum noch zu oft als ummauerten Raum“. Den analogen Raum hält sie weiterhin für wichtig, als Ort der Begegnung mit Originalen, die ihre Faszination auch im digitalen Zeitalter nicht einbüßen. Aber die Museen sollten die Möglichkeiten des erweiterten Raums nutzen, den das Digitale bietet. Das heutige Publikum sei es gewohnt, sich die Inhalte auf eigene Weise kreativ anzueignen und in neue Kontexte zu bringen. Pellengahr spricht inzwischen am liebsten vom „postdigitalen Museum“, ein Begriff, der das gegensätzlich Denken zwischen analogem und digitalem Raum hinter sich gelassen hat.

Zwei große Projekte, die von Cornelia Ewigleben mit großem Engagement begonnen wurden, möchte Astrid Pellengahr im Sinne ihrer Vorgängerin erfolgreich weiterführen bzw. zum Abschluss bringen: das Kindermuseum und die Umgestaltung der Dürnitz als Kulturlobby. Das Junge Schloss, das in diesem Jahr sein zehnjähriges Bestehen feiert, schätzt Pellengahr als „nicht mehr wegzudenkender kultureller Nahversorger“ für Familien und Kinder. Die Dürnitz kann nach ihrer Wiedereröffnung als offener Willkommensbereich deutlich signalisieren, dass das Museum weiterhin ein Ort der Relevanz sein möchte und zugleich noch diverser werden kann, „ein weltoffenes Haus, dessen Arbeit auf einem freiheitlich-demokratischen Verständnis fußt“. Damit ist auch die Haltung der neuen Direktorin klar umrissen.

 

 

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