30.1.20

Die (Neu-)Erfindung der Natur und das Rokoko

Von zeitgenössischen Positionen zurück zu François Boucher – die Staatliche Kunsthalle Karlsruhe präsentiert ein abwechslungsreiches Ausstellungsprogramm 2020

(skk) Die Staatliche Kunsthalle Karlsruhe ist mit Hans Baldung Grien ins Jahr 2020 gestartet. Noch bis zum 8. März ist die Große Landesausstellung zu sehen. In der ersten Hälfte der Laufzeit konnten bereits rund 25.000 Besucherinnen und Besucher begrüßt werden, vor allem seit Jahresbeginn können steigende Besucherzahlen verzeichnet werden. Bis zum Ende der Baldung-Ausstellung finden noch zahlreiche Veranstaltungen des Begleitprogramms statt, darunter Vorträge, Lesungen und Konzerte. Alle Termine sind online auf der Website der Kunsthalle aufrufbar. Im gesamten Jahr 2019 konnten in der Kunsthalle 80.516 Gäste begrüßt werden.

Ausstellungsprogramm 2020

Adolf Schrödter, Brasilianischer Urwald. Um 1868. Staatl. Kunsthalle KarlsruheAdolf Schrödter, Brasilianischer Urwald. Um 1868. Staatl. Kunsthalle Karlsruhe

Inventing Nature. Pflanzen in der Kunst
Pflanzen werden genutzt, gezüchtet, geliebt – und ausgerottet. Sie können heilsam für den Menschen sein oder giftig. Sie sind Grundlage allen Lebens und damit unentbehrlich für unser Wissen über uns. Vor dem Hintergrund des fortschreitenden Klimawandels und des global zunehmenden Umweltbewusstseins nimmt die Ausstellung unser Verhältnis zur Welt der Pflanzen in den Blick. In dialogischen Konstellationen führen Werke aus über 500 Jahren Kunstgeschichte vom Spätmittelalter bis in die Gegenwart den Wandel unserer Bilder und unseres Verständnisses von „grüner“ Natur vor Augen.

Werke aus der Sammlung der Kunsthalle werden mit zeitgenössischen Positionen konfrontiert; sie spiegeln über Epochen- und Genregrenzen hinweg zentrale Interpretationen der Natur. Dem Schwerpunkt der europäischen Naturphilosophie stehen pointierte Positionen aus dem asiatischen und amerikanischen Kulturraum zur Seite. Das Spektrum der Auseinandersetzung reicht von Paradies-Vorstellungen und Wildnis-Darstellungen bis zu Garten-Bildern und botanischen Studien, von Nachahmungen natürlicher Prozesse bis zur Dokumentation von Wachstums- und Verfallsprozessen. Die vielfältigen künstlerischen Positionen setzen Aspekte wie Schönheit, Fragilität und Fruchtbarkeit in ein Spannungsverhältnis und belegen die Fülle der Perspektiven auf die Biosphäre. Plädierten Künstlerinnen und Künstler nach der Aufklärung noch für eine Rückkehr zur Natur, lässt sich im 21. Jahrhundert ein Paradigmenwechsel erkennen: Sie versuchen, ein ästhetisches Bewusstsein dafür zu bilden, dass wir zukünftig neue Aktionsformen, Symbiosen und Synergien mit der Natur suchen müssen.

Die Ausstellung wird kuratiert von Dr. Kirsten Voigt und Dr. Leonie Beiersdorf mit Unterstützung durch den wissenschaftlichen Volontär Sebastian Borkhardt M.A. Sie ist vom 30. Mai bis 27. September zu sehen.

Iss mich! Obst und Gemüse in der Kunst
Die Junge Kunsthalle zeigt vom 18. April bis 4. Oktober die Ausstellung „Iss mich! Obst und Gemüse in der Kunst“. Zu sehen sein werden Kunstwerke mit köstlichen Früchten, saftigem Obst und knackigem Gemüse – eine visuelle Gaumenfreude. Neben dem ästhetischen Genuss der Gemälde und Objekte sollen diese auch zum Nachdenken anregen: Woher kommen unsere Erdbeeren? Wie viel Wasser verbraucht der Anbau von Avocados? Welchen ökologischen Fußabdruck hinterlässt gesunde Ernährung? Ob gemalt, gezeichnet, gehäkelt oder im Film: Die künstlerische Darstellung von Obst und Gemüse ist mindestens so vielfältig wie das Obst und Gemüse selbst. Die Werkstätten der Jungen Kunsthalle werden dazu einladen, das Gesehene in unterschiedlichen Techniken zu erproben. Neben der Betrachtung der Kunstwerke wird es auch Kunst- und Naturerlebnistage sowie Kunstaktionen im Botanischen Garten geben.
Die Ausstellung wird von Dr. Sibylle Brosi, Petra Erler-Striebel und der wissenschaftlichen Volontärin Claudia Sigmund M.A. erarbeitet.

François Boucher, Kniende junge Frau mit Kind. Um 1750. Staatl. Kunsthalle KarlsruheFrançois Boucher, Kniende junge Frau mit Kind. Um 1750. Staatl. Kunsthalle Karlsruhe

François Boucher. Künstler des Rokoko
Vom 14. November 2020 bis 7. Februar 2021 präsentiert die Kunsthalle François Boucher, dessen Kunst als Inbegriff des französischen Rokoko gilt. Seine Komposi-tionen dienten als Vorlagen für Bühnendekorationen, Tapisserien, Möbel und Porzellane und prägten so den Geschmack der Zeit. Die Karlsruher Kunsthalle widmet diesem einflussreichen Künstler und bevorzugten Maler der Madame de Pompadour im Jahr seines 250. Todestags erstmals in Deutschland eine monografische Ausstellung. Das Projekt knüpft an die lange Sammlungstradition des Hauses Baden an. Markgräfin Karoline Luise gab 1759 zwei Pastoralen bei Boucher in Auftrag.

Ausdrucksstarke Einzelstudien, virtuose Kompositionsentwürfe und vollendete Malereien von großer Farbharmonie geben Einblicke in die Arbeitsweise des Künstlers. Im Spannungsfeld zwischen Natur und Kunst entwickelte Boucher eine bis in die Moderne hineinwirkende Bildsprache. Erfindungsreichtum, Imagination und Ironie prägen sein Werk, das fest in der Tradition der Aufklärung verankert ist.
Kuratorin der Ausstellung ist Dr. Astrid Reuter, sie wird von der wissenschaftlichen Volontärin Barbara Bauer M.A. unterstützt.

Digitale Wege ins Museum II: Art of…
Offen, anders, kreativ – mit diesen Worten lässt sich das neue digitale Angebot der Kunsthalle, das im Sommer 2020 online geht, umschreiben. Userinnen und User werden die Möglichkeit haben, Kunstwerke ganz individuell auf völlig neue Weise zu entdecken. Das Angebot – eine mobile Website – wird drei Bereiche haben. Unter der Rubrik „Art of wasting time“ findet man die zur täglichen Stimmung, Lieblingsfarbe oder dem Kleidungsstil passenden Kunstwerke. Der Bereich „Art of creating stuff“ bietet die Möglichkeit, eigene Kunst-Collagen und individuelle, mit Kunstwerken gestaltete Produkte wie Motiv-Shirts zu kreieren. Bei der Auswahl der Kunstwerke hilft ein Chatbot, der interessante Fakten oder weiterführenden Informationen gibt.

Das Angebot „Art of…“ ist ein Baustein der digitalen Strategie der Kunsthalle. Das Projekt wird gefördert durch das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg im Rahmen des Programms „Digitale Wege ins Museum II“. Ab Sommer 2020 unter moodfor.art.

Baumaßnahme und Interim
Der Planungsprozess für die Sanierung des Hauptgebäudes der Kunsthalle läuft auf Hochtouren. Im Sommer kommenden Jahres wird die Kunsthalle schließen, das Hauptgebäude wird im zweiten Halbjahr 2021 komplett geräumt. Der Inte-rimsstandort für die Kunsthalle während der Schließzeit steht fest. Von 2022 bis 2024 wird das Museum im ZKM | Zentrum für Kunst und Medien zu Gast sein und dort ausgewählte Werke ihrer Sammlung präsentieren.

Alle Termine sind online auf der Website der Kunsthalle aufrufbar.

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