18.3.20

Kulturerbe-Blog statt Besuchsprogramm

Schwetzinger Schlossgarten

Die Schwetzinger Schloss-Achse

Als Kurfürst Ludwig V. 1527 neben einem kleinen steinernen Gebäude einen vierstöckigen Wohnturm als Jagdschloss errichtete, baute er ihn so, dass er vom Fenster des Turms aus genau in Richtung des Königstuhls blicken konnte. Das war für ihn wichtig - er war humanistisch gebildet und sah den Königstuhl als den pfälzischen Musenberg, als den Parnassos der griechischen Antike.

Blick auf der Garten-Achse von der Rückseite des Teichs bis zum Schloss und weiter auf den Königstuhl. Blick auf der Garten-Achse von der Rückseite des Teichs bis zum Schloss und weiter auf den Königstuhl.

Soweit ist das fürstliche Planung, und es ist leicht zu begreifen, dass das von jedem anderen Punkt in der Umgebung so bewerkstelligt hätte werden können.

Wer allerdings die Tatsache, dass nach der anderen Seite, nach Westen, genau der Gipfel der Kalmit in dieser Achse lag, erkannte, das ist nicht bekannt. Das spätmittelalterliche Schlösschen Schwetzingen wurde jedenfalls von seinen niederadligen Bauherrn ganz sicher nicht genau auf diesen Punkt auf der Linie Königstuhl - Kalmit gesetzt.

Kurfürst Carl Ludwig baute in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts seinen kleinen Garten hinter dem Schloss vermutlich in der Verlängerung der vom Königstuhl her ziehenden Achse. Symmetrie war zu seiner Zeit genauso Bauprinzip wie später zu Zeiten des Kurfürsten Carl Philipp, der diese Achse auch zur Grundlinie seines symmetrisch angeordneten Gartens machte - oder die seines Vorgängers übernahm.

Carl Philipp jedenfalls war so begeistert von dieser das kurpfälzische Oberrheintal durchziehenden Achse, dass in den 1720er Jahren der Bischof von Speyer (das war damnals Damian Hugo von Schönborn) in der Verlängerung dieser Achse nach Westen Bäume schlagen ließ. Wenns dem Nachbarn gefiel, tat er ihm diesen Gefallen.

Mit der Neuanlage des Gartens ab 1748 dann wurde der Blick zur Kalmit zu einem wichtigen Element für den Garten und seine Blick-Beziehungen. Und das ist bis heute so geblieben.

Aber - ganz wichtig - das ist purer Zufall. Dieser Zufall aber wurde gnadenlos ausgenutzt!

Bei Führungen durch den Garten wird der als "Paradies" oder "Arkadien" vorgestellt. Und fremde Besucher sind überrascht, dass "Paradies" und "Arkadien" gewissermaßen bis zum erkennbaren Horizont reichen.

Es bleibt noch die Straße, die auf dieser Ache nach Heidelberg gebaut wurde. Verschiedentlich heißt es, dass Carl Ludwig sie bauen ließ, um schneller zu seiner Louise von Degenfeld zu kommen. Eher unwahrscheinlich. Vor allem deswegen, weil die Straße nicht bis ans Schloss weiter geführt werden konnte. Den heutigen Schlossplatz ließ erst Carl Theodor trocken legen und als Vorplatz des Schlosses ausbauen.

Die Straße ist aber schon zu Zeiten des Kurfürsten Johann Wilhelm kurz nach 1700 zumindest angedacht gewesen, da sich das gewaltige Neubauprojekt vor den Toren der Stadt Heidelbeg mit seiner Rückseite an diesen Straßenzug angelehnt hätte. Carl Theodor war dann derjenige, die sie als Allee mit Maulbeerbäumen bepflanzte, um die Seidenraupenzuckt und damit die Seidenproduktion in der Kurpfalz zu fördern. Vergeblich.

Auf dieser Achse wurde dann gegen Ende des 19. Jahrhunderts die Bahnlinie Heidelberg - Schwetzingen gebaut - und in den 1960er Jahren wieder stillgelegt. Feld-, Fuß- und Radweg ziehen fast durchgängig zwiwschen Schwetzingen und Heidelberg auf dieser Trasse. In Heidelberg selbst liegen Heinrich Lanz- und Franz Knauff-Straße auf diesem alten Zug, und der trifft ungefähr da, wo die Bahnlinie im Gaisberg verschwindet, auf den Berg. Was da gleichermaßen aufschlug, wird noch nicht verraten.

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