Projekt kulturer.be
11.11.20
Oranienbaum? Oranienburg, das ist bekannt, aber was hat es mit Oranienbaum auf sich?
Oranienbaum mit seinem Barockschloss liegt nur wenige Kilometer von Wörlitz entfernt. Ein echtes Barockschloss sogar, nicht wie bei uns eines aus der Spätzeit, als der Barock schon ins Rokoko überging.
Oranienbaum ist ein – an rheinischen Verhältnissen gemessen – außergewöhnliches Ensemble aus Schloss, Stadt und Garten. Der Name Oranienbaum deutet auf die Bauherrin, deren Herkunft allerdings einige Bezüge zur Kurpfalz aufweist:
Ganz oben: Schloss Oranienbaum, Frontansicht
Links: Chinesische Dekoration
Oben: Saal mit Ledertapete und Porzellanpräsentation
Bauherrin war Henriette Catharina von Oranien-Nassau, die Frau des Fürsten Johann Georg II. von Anhalt-Dessau. Dieser war der Sohn des Fürsten Johann Casimir und damit Enkel der Pfalzgräfin Dorothea und Urenkel des Heidelberger Kuradministrators Johann Casimir. Henriette Catharina ihrerseits war die Tochter des Prinzen Friedrich Heinrich von Oranien und dessen Frau Amalie zu Solms-Braunfels, die als Hofdame der Kurfürstin Elisabeth Stuart mit ihrer Fürstin nach den Niederlanden ins Exil gekommen war. Das allerdings nur am Rande, die Bedeutung von Oranienbaum geht tiefer.
Im Schloss wird die oranische Herkunft der Schlossherrin zelebriert. Die anhaltinische Herkunft geht dagegen fast unter. Immerhin sind es vier Schwestern, die nach Mitteleuropa heiraten, und jede von ihnen pflanzt – sinnbildlich – einen Oranienbaum:
Im Grunde ist es bewundernswert, welches Selbstbewusstsein diese vier Oranierinnen gezeigt – und in die Tat umgesetzt – haben.
Den Oranienbaum in Oranienbaum gibt es wirklich. Er steht, aus Metall mit goldenen Blättern (als Kopie) auf dem großen Markt- und Paradeplatz, das Original steht im Schloss.
Insofern ist die Vernetzung mit dem Haus Oranien tatsächlich etwas ganz Besonderes, was Oranienbaum auch kennzeichnet.
Das Schloss überstand die DDR-Zeit in desolatem Zustand. Die Unterbringung des Landesarchivs hier rettete zwar das Schloss vor dem völligen Verfall, trug aber auch nur dazu bei, dass der verhindert wurde, besondere Pfleglichkeit kam dem Schloss nicht zu. Wer den jetzigen, restaurierten, Zustand mit dem von 1990 vergleicht, den überkommt das kalte Grausen.
Die Innenräume sind indessen wieder restauriert und zeigen ausgezeichnete Dekorationen in chinesischem Stil. Lebensgroße Figuren, vermutlich von Hand auf die Seide der Wandbespannung gemalt. Höhepunkt ist indessen ein Saal im Seitenflügel. An der Schmalseite – man sieht, wenn man sich dem Saal nähert, schon eine goldene Dekoration auf hellblauem Grund, die sich beim näheren Hintreten als Schauwand für chinesische Porzellane erweist. Der Raum selbst ist mit einer goldgeprägten Ledertapete ausgestattet
Der Schlosspark hat die Zeiten im Wesentlichen überstanden. Das Rasenparterre ist sichtbar, die Boskette umschließen die offene Fläche. Die Perlen aber sind im Wäldchen versteckt: Da steht eine chinesische Pagode, da steht auch, malerisch am Wasser gelegen, ein chinesisches Teehaus.
Dieses gibt zu einer kurzen Recherche Anlass, was eigentlich der Hintergrund eines „chinesischen“ Gartens ist, etwa im Unterschied zum englischen, was sich ja dann auch zum „Jardin anglo-chinoise“ vermischt.
Des Rätsels Lösung ist recht einfach: Von der Konnotation abgesehen, dass ein chinesischer Garten eine fernöstliche Weisheit allegorisiert, greift der Garten m chinesischen Stil die Architekturen der fließenden Gewässer in den Palastgärten Chinas auf – ein Element, das die englischen Gärten mit ihren Modellierungen und ihrem planmäßigen Bewuchs mit vereinzelt stehenden Bäumen so, zumindest anfangs, nicht haben.
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