30.5.18

kulturer.be

Zur "Schwetzinger Achse"

Aus den Vorarbeiten zum Schwetzinger Stadtführer

Immer wieder geistert die Angabe durch die Literatur, die Schlossachse, die von Heidelberg nach Schwetzingen zieht, sei von Schwetzingen aus auf den Dicken Turm des Heidelberger Schlosses ausgerichtet. So schreibt das Rudolf Sillib 1907 ("Schloss und Garten in Schwetzingen"), so zitiert das Kurt Martin 1933 in den "Kunstdenkmälern des Amtsbezirks Mannheim - Stadt Schwetzingen". Eine Jahreszahl wird nicht angegeben, aber die Straße soll auf Karl Ludwig zurückgehen. Martin räumt allerding sogleich ein: "Ein aktenmäßiger Beleg für diese Angabe konnte nicht gefunden werden."

Ein kurzer Blick auf die Landkarte bei Google Earth zeigt allerdings, dass das, was man durch bloßen Augenschein im Schwetzinger Schlosshof schon erkannt, auch tatsächlich so ist: Die Achse zielt exakt auf den höchsten Punkt des Königstuhls. Das dürfte in dieser Ausrichtung das Werk des Kurfürsten Ludwig V. (1508 - 1544) sein, der 1527 seinen Jagdturm nach dem "Parnass", dem Götterberg der Humanisten ausrichtete.

Angedacht hat diese Straße mit ziemlicher Sicherheit Kurfürst Johann Wilhelm (1690 - 1716) bzw. sein leitender Baumeister hier in der Kurpfalz, da das gigantische Schlossprojekt des Architekten Matteo Alberti im Bereich der heutigen Heidelberg Weststadt sich nach hinten zu an diese Achse anlehnt. Ein erster Ansatz zur Verwirklichung der Achse dürfte das 1712 errichtete barocke Portal mit den zwei Wappensteinen am neuen, nach Osten ausgerichteten Zugang zum Schloss gewesen sein. Ob Carl Philipp (1716 - 1742) die Straße angelegt hat, dürfte zweifelhaft sein, da noch der Plan zur Erweiterung des Gartens unter Carl Theodor (1742 - 1799) zwar den Haupteingang, aber weder einen ausgebauten Schlossplatz noch eine Straße in Richtung Heidelberg zeigen.

Die Straße, die schon Ludwig V. "gesehen" hat, geht also wohl doch erst auf Carl Theodor zurück. Wer indessen zum ersten Mal wahrgenommen hat, dass auf der anderen Seite der Achse der Gipfel des Kalmit bei Neustadt an der Weinstraße liegt, ist unbekannt. Insofern ist die Schwetzinger Ausrichtung auf Königstuhl und Kalmit völliger und unberechenbarer Zufall. Nur wurde dieser Zufall zu Carl Theodors Zeiten gnadenlos ausgenutzt - ist vielleicht sogar Ausschlag gebend dafür, dass der Plan, das neue Schloss an der Nordseite des Parks zu errichten und den Park selbst nach Süden zu auszubauen, aufgegeben wurde.

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