29.11.18

Mittelalterliche Architekturzeichnung des Freiburger Münsterturms angekauft

Ausstellung im Augustinermuseum ab 2020

(stfr) Die Städtischen Museen Freiburg, die Erzdiözese Freiburg und die Ernst von Siemens Kunststiftung sind gemeinsam neue Eigentümer der kürzlich entdeckten Bauzeichnung des Freiburger Münsterturms aus dem 15. Jahrhundert. Finanzielle Unterstützung für den Ankauf erhielten die Städtischen Museen Freiburg von der Kulturstiftung der Länder und die Erzdiözese von der Erzbischof Hermann Stiftung, die je ein Drittel des Kaufpreises von insgesamt 420.000 Euro übernommen haben. Die Ernst von Siemens Kunststiftung kam ebenfalls für ein Drittel der Summe auf.

Bauriss des Freiburger Münsterturms, mittleres Drittel des 15. Jahrhunderts, braune Tinte auf Pergament, gemeinsames Eigentum der Ernst von Siemens Kunststiftung, der Erzdiözese Freiburg und der Städtischen Museen Freiburg
© Städtische Museen Freiburg, Foto: Axel Killian

Unten: Ausschnitt Portalzone

Entdeckt hatte den bisher unbekannten Riss der Karlsruher Bauhistoriker und Experte für mittelalterliche Architekturzeichnungen Johann Josef Böker. Er erkannte als Erster, dass es sich um eine Abbildung des Freiburger Münsters handelte. Das Pergament war im Besitz eines süddeutschen Adelshauses und konnte nun über einen Londoner Kunsthändler angekauft werden.

Die sichere Ausführung der freihändigen Zeichnung spricht dafür, dass hier ein Meister am Werk war. Der Plan ist mit Feder in brauner Tinte auf zwei unterschiedlich große, zusammengesetzte Pergamentstücke gezeichnet. In der Höhe misst er 107,5 cm und in der Breite 35 cm.

Um ausschließen zu können, dass es sich bei dem neu aufgefundenen Riss um eine moderne Nachzeichnung oder gar um eine Fälschung handelt, haben die Städtischen Museen Freiburg eine Authentizitätsprüfung in Auftrag gegeben. Die dabei durchgeführten technologischen Untersuchungen, eine C14-Datierung (Radiocarbonanalyse) und Materialanalysen haben ergeben, dass der Riss mehrere hundert Jahre alt ist. Zudem ist die Arbeits- und Zeichenweise typisch für mittelalterliche Konstruktionszeichnungen.

Aus kunsthistorischer Sicht ist die Zeichnung etwa ins mittlere Drittel des 15. Jahrhunderts zu datieren. Erste Überlegungen stellen den Riss in den Kontext vergleichbarer Arbeiten des seit 1420 als Münsterbaumeister in Bern und seit 1446 in Ulm tätigen Matthäus Ensinger. Die Baumeisterdynastie der Ensinger war für die Architektur der Spätgotik von herausragender Bedeutung.

Die Zeichnung des Turmaufrisses entspricht weitestgehend dem gebauten Zustand des Münsters. Ein Unterschied tritt allerdings deutlich hervor: Im unteren Bereich, wo der tatsächliche Turm sich mit einer Vorhalle zum Münsterplatz öffnet, zeigt der Riss ein Figurenportal. Böker und sein Forscherteam vermuten, dass die etwa 100 Jahre nach Vollendung des Turms angefertigte Zeichnung den Plan zu einer Umgestaltung des Eingangsbereichs des Münsterturms dokumentiert, der letztlich jedoch nicht ausgeführt wurde.

Bisher sind sechs mittelalterliche Zeichnungen des Münsterturms bekannt gewesen und in verschiedenen musealen Sammlungen erhalten. Eine weitere ist verschollen und nur im Faksimile überliefert. Insofern ist die Neuentdeckung für die Forschung ein besonderer Glücksfall. Zudem ist nun erstmals einer der seltenen mittelalterlichen Risse zum Freiburger Münsterturm in Freiburg selbst beheimatet. Er gibt Einblick in die Planungs- und Rezeptionsprozesse einer Zeit, aus der nur sehr wenig über die Bautätigkeit am Freiburger Münster bekannt ist.

Die Präsentation und Vermittlung von Kunst und Geschichte rund um das Freiburger Münster sind für das Augustinermuseum von zentraler Bedeutung. Der Riss ist somit eine wertvolle Bereicherung für den wichtigen Sammlungsbereich des Hauses zum Freiburger Münster und seiner Bau- und Ausstattungsgeschichte.

Ab 2020 ist der Münsterriss im bis dahin neu sanierten Teil des Augustinermuseums in der Dauerausstellung zur Stadt- und Münstergeschichte für alle Besucherinnen und Besucher zu sehen. Aufgrund seiner extremen Lichtempfindlichkeit wird das wertvolle Blatt allerdings nur während zwei Stunden pro Woche im Original präsentiert.

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