27.10.17

Deutschordensmuseum Bad Mergentheim

„Endlich Schnee! Holzschnitte des Jugendstils“

Sonderausstellung vom 20. Oktober 2017 bis 18. Februar 2018

(dom) Kalte, klare Luft atmen, eine angenehme Kühle auf der Haut spüren; die Landschaft ist wie in Watte verpackt, es ist ganz still – die Sehnsucht nach Schnee und ihre Erfüllung ist in der Ausstellung „Endlich Schnee! Holzschnitte des Jugendstils“ möglich. Rund 120 Winterlandschaften und Darstellungen vom Vergnügen auf dem Eis und im Schnee aus der mehr als 2.500 Blätter umfassenden Sammlung des Münchners Felix Häberle werden zum Jahreswechsel 2017/18 im Deutschordensmuseum Bad Mergentheim gezeigt. Winterlandschaften führen in die Ausstellung ein, das Dorf im Winter sowie Mensch und Tier im Winter bilden weitere thematische Bereiche. Der tiefe Winter und die einst schneereiche Zeit um Weihnachten und Neujahr werden abgebildet und auch der Winter in der Stadt sowie Wintersportvergnügen wie Schlittenfahren und Eislaufen sind zu betrachten. Mit dem Erwachen des Frühlings endet die Schau.

Karl Johne, Bergwinter, Farbholzschnitt aus der Sammlung Felix Häberle, München

Kindliche Freude erfasst uns, wenn der Schnee fällt. Leider kann man damit nicht zuverlässig rechnen. Wir wünschen uns den Schnee, der leise rieselt, der Klimawandel hingegen macht Schnee zum seltenen Ereignis oder zur Katastrophe. 1565 malte Pieter Brueghel der Ältere (1525/30-1569) mit „Jäger im Schnee (Winter)“ als einer der ersten Künstler eine große Winterlandschaft. Das Gemälde bildet sowohl die Mühen des Winters als auch das Vergnügen ab. Seitdem ist das Thema Schnee aus der Kunst nicht mehr wegzudenken.

Hedwig Jarke, o. T. (Zwei Birken), Farbholzschnitt aus der Sammlung Felix Häberle, MünchenOben: Karl Johne, Bergwinter, Farbholzschnitt aus der Sammlung Felix Häberle, München. Foto: Foto Besserer, Lauda-Königshofen

Links: Hedwig Jarke, o. T. (Zwei Birken), Farbholzschnitt aus der Sammlung Felix Häberle, München. Foto: Foto Besserer, Lauda-Königshofen

In der Zeit des Jugendstils, an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert, waren Winterdarstellungen vor allem im traditionsreichen Medium des Holzschnitts beliebt. Die zu jener Zeit stark vom japanischen Farbholzschnitt beeinflusste traditionsreiche Drucktechnik ermöglichte die Herstellung ebenso eindrücklich-plakativer wie dekorativer Grafiken. Gleichzeitig erfolgte, ausgelöst durch die boomende Industrialisierung, die Wiederentdeckung der Landschaft als Sehnsuchtsort naturentfremdeter Städter.

Die neue, aus Fernost kommende Formsprache nahm ihren Weg Mitte des 19. Jahrhunderts über London und Paris. Zunächst wurde sie von avantgardistischen Künstlern wie Paul Gauguin, Vincent van Gogh oder Félix Vallotton aufgenommen und auf europäische Inhalte übertragen. Dieses Phänomen – Japonismus genannt – prägte auch den Jugendstil: Die rein flächig gestalteten japanischen Farbholzschnitte inspirierten die Künstler, vermehrt auf die Ausdruckskraft der einfachen Umrisslinie und das klare Gegeneinander farbiger Flächen zu setzen. Auf diese Weise gewinnt das Motiv an Prägnanz – mit sparsamen Mitteln wird eine starke Wirkung erzielt.

Der Holzschnitt, eine der ältesten Drucktechniken, gehört zu den Hochdruckverfahren, d.h. diejenigen Teile einer Grafik, die gedruckt werden sollen, sind erhaben, alles andere wird aus dem Druckstock, meist ein Hartholz, herausgeschnitten. So bleiben Stege und Flächen stehen, auf die direkt Farbe aufgetragen wird. Die Farbe wiederum wird auf den Druckträger, das Papier, abgegeben. Beim Farbholzschnitt wird mit mehreren Druckstöcken gearbeitet, die passgenau übereinander gedruckt werden – ein aufwändiger Vorgang. Seine Blütezeit hatte der Farbholzschnitt um 1900 in Wien, in München, Dresden, Weimar, die künstlerische Avantgarde hatte die Technik aufgegriffen. Im Rahmen der „Kunst für alle“-Bewegung spielte der Holzschnitt als preiswertes Kunstwerk eine Rolle: So hatten die Bürger nun die Möglichkeit, Artefakte käuflich zu erwerben.

10 Künstlerinnen und 37 Künstler sind in dieser Ausstellung vertreten; es finden sich bekannte Namen wie Carl Moll, Walther Klemm oder Carl Thiemann, von dem knapp 20 Arbeiten gezeigt werden können. Klemm und Thiemann bildeten für drei Jahre eine Ateliergemeinschaft und waren beide Mitglieder der „Wiener Secession“. Doch auch zu Unrecht vergessene Holzschneiderinnen und Holzschneider sind zu entdecken, z. B. Broncia Koller-Pinell, deren Haus Treffpunkt der Wiener Intellektuellen und Künstler war: Gustav Klimt, Alma und Gustav Mahler, Egon Schiele.

Eine „Schnee-Oase“ mit passendem Hintergrund, Schneemann und Liegestühlen lädt in der Ausstellung zum Ausruhen und Fotografieren ein. Winterliche Reminiszenzen wie Schlitten, Skier, Schlittschuhe ergänzen die Präsentation.

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