15.2.08
Das Sibylla-Augusta-Jahr 2008
Von Juli bis September 2008 steht eine Fürstin von Welt im Zentrum
der Aufmerksamkeit: Markgräfin Sibylla Augusta von Baden-Baden.
Sie starb vor 275 Jahren. Die badische Herrscherin lebte von 1675
bis 1733. In diesem Jahr gibt es die Gelegenheit, diese faszinierende
Persönlichkeit aus der weiten Distanz von fast drei Jahrhunderten
kennen zu lernen. Für eine Ausstellung und viele Veranstaltungen
ist ihr Leben und Wirken Thema, in Rastatt und Umgebung. Und was
man dabei zu sehen bekommt, ist, ganz nah, eine Frau mit internationalen
Beziehungen, eine kluge Politikerin mit Weitsicht und vor allem:
eine Kunstsammlerin und Bauherrin auf höchstem europäischem Niveau.
Die Ausstellung in der Barockresidenz Rastatt von Juli bis September
führt vor allem das erstaunliche Niveau der Kunst in der kleinen
Markgrafschaft in jener Zeit vor Augen. "Extra schön" lautet der
Titel der Ausstellung mit einem Zitat der Fürstin: So beschrieb
sie, was ihr die Künstler liefern sollten.
Die Person: Sibylla Augusta
Wann erfährt man etwas vom Leben einer Frau früherer
Jahrhunderte? Selten genug, gerade bei hochadeligen Damen, die,
immer abhängig von mächtigen Männern, im Rahmen der Dynastien
und Herrschaftspolitik, ihr Leben führten: als Tochter, Braut,
Gemahlin, Witwe. Umso rarer sind da die Lebensgeschichten, in
denen es gelingt, das eigenständige Profil einer Frau bis auf
den heutigen Tag zu erkennen. In diesem Sommer gibt es den Blick
auf ein solches Leben: das der Markgräfin Sibylla Augusta von
Baden-Baden. Die junge Frau aus hochfürstlicher Familie verlor
früh den Ehemann, den beträchtlich älteren "Türkenlouis". Und
übernahm, testamentarisch vom Markgrafen vorbereitet, die Herrschaft
im Land. Sie "sanierte" das von unzähligen Kriegen ausgeblutete
Land, verhandelte so geschickt mit dem europäischen Hochadel,
dass ihre Kinder durchweg brillante Partien machten und führte
für den minderjährigen Erstgeborenen viele Jahre lang die Regierung.
Auftraggeberin, Bauherrin, Sammlerin: "Extra schön", die Ausstellung
in der Barockresidenz Rastatt
Was davon heute noch sichtbar ist, sind vor allem ihre künstlerischen
Schöpfungen: Sie holte ein Niveau in das kleine Land, wie es davor
und danach kaum wieder erreicht wurde. Ein Glück, dass von ihren
berühmten Sammlungen vieles erhalten blieb. 2008 präsentiert die
Ausstellung "Extra schön" ihr Wirken - eine Frau des frühen 18.
Jahrhunderts als Landesherrin, als ambitionierte Bauherrin und
als Kunstkennerin auf Augenhöhe mit den ganz Großen der Zeit.
Im Zentrum der Aktivitäten
steht die Ausstellung "Extra schön" in der Barockresidenz Rastatt.
Das Zitat, das den Titel gibt, klingt modern, stammt aber aus
einem Schreiben der Markgräfin. Sibylla Augusta wollte 1721 ihre
Schlosskirche "extra schön" eingerichtet haben und "keineswegs
schlechter als die Schloßzimmer". Ob nun ihr repräsentatives Residenzschloss,
die feierliche, theaterhafte Schlosskirche oder ihr kurios-heiteres
und zugleich kostbares Lustschloss in Favorite Rastatt: Was die
kunstsinnige und machtbewusste Markgräfin bauen und einrichten
ließ - es trägt ganz und gar ihre persönliche Handschrift. Viele
Stücke sind hier zum ersten Mal zu sehen: Kostbare Stickereien
und kunstfertige Klosterarbeiten, hoch verehrte Reliquien und
glänzend fürstliches Tischgerät, eindrückliche Familienbilder
und persönliche Sammelstücke - die Bandbreite ist groß. Die Ausstellung
versammelt Leihgaben aus Florenz, aus adeligen Privatsammlungen
und aus dem Schweizer Kloster Einsiedeln über den Sommer in Rastatt.
Was man sieht, steht alles in engstem Bezug zu Sibylla Augusta:
Es sind Stücke, die sie persönlich aussuchte, Geschenke, mit denen
sie die guten Beziehungen pflegte, Aufträge, die sie selbst mit
präzisen Anweisungen erteilte. Dass all der Geschmack an kostbaren
Dingen einen Zweck hatte, erfährt man auch: Die Regentin schuf
so geschickt die Bühne, auf der sie in der europäischen Politik
mit den Wichtigen verkehren konnte: mit dem Kaiser in Wien, mit
dem französischen König, mit den großen Kirchenfürsten der Zeit.
Die Ausstellung hat damit zwei Zielrichtungen: Sie will eine Epoche
ungewöhnlich kostbarer Kunst wieder sichtbar machen. Und sie will
die unerwarteten Hintergründe einer Politikerin und einer ungewöhnlichen
Frau vor drei Jahrhunderten zeigen. Die Ausstellung ist ein Gemeinschaftsprojekt
der Staatlichen Schlösser und Gärten und des Wehrgeschichtlichen
Museums, das in einer ergänzenden Ausstellung die politischen
und militärischen Umstände der Zeit zeigt: "Das Erbe des Türkenlouis".
Rund um die Barockresidenz Rastatt bieten sich mehrere Möglichkeiten,
in die Zeit der Sibylla Augusta einzutauchen: Perfekt erhalten
ist das Lustschloss Favorite vor den Toren der Residenzstadt Rastatt:
eine nur wenig veränderte Welt der Markgräfin mit kostbaren Sammlungen,
einer glänzenden Schauküche, einem weitläufigen Park mit Eremitage.
Der Besuch dieses berühmten Porzellanschlosses Favorite bei Rastatt
ergänzt die Sonderausstellung perfekt.
"Ein märchenhaft Gebilde,
Dornröschens Zauber gleich": Das Stadtmuseum Rastatt zeigt eine
Sonderausstellung über die Beschäftigung der Künstler mit Schloss
Favorite. Häufig wurde es romantisch und sehnsuchtsvoll verklärt,
in allen Reisebeschreibungen ist es zu finden. Park und Schloss
beflügelten die Fantasie vieler Maler und Schriftsteller. Der
Besuch im Stadtmuseum ist eine gute Ergänzung zur Sonderausstellung
in der Barockresidenz. Nicht zuletzt: Die Markgräfin von Baden-Baden
besaß natürlich mehr als ein Schloss! Ab 1726 ließ sich Sibylla
Augusta Schloss Ettlingen zum Witwensitz ausbauen. Künstlerischer
Höhepunkt: die malerische Ausgestaltung der Schlosskapelle durch
den berühmten Cosmas Damian Asam.
Extra Schön
Markgräfin Sibylla Augusta und ihre Residenz
Sonderausstellung in der Barockresidenz Rastatt
Ein Projekt der Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg
und des Wehrgeschichtlichen Museums Rastatt
10. Juli bis 21. September 2008
dienstags bis sonntags 10 bis 17 Uhr Eintritt:
6 € (Besuch der Ausstellung + Sibylla-Augusta-Führung durch die
Beletage)
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