Thema: Backsteingotik


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Geknetet, geformt, gebrannt - der Backstein
 

Tausende, bei großen Bauten Millionen Steine - einzeln von Hand in Gewölben, Portalen, Giebeln und Friesen vermauert.

Der Backstein gehört zu den ältesten Baumaterialien der Menschheit. Erstmals tauchte er in der sogenannten Happara-Kultur am Indus und im altbabylonischen Reich auf. Das Ischtartor aus Babylon aus der Zeit um 570 v. Chr., heute in den Staatlichen Museen zu Berlin, weist bereits glasierte Backsteine auf. In Europa sorgten vor allem die Römer für die Verbreitung der Backsteinbaukunst. Backstein war der ideale Baustoff für das Römische Reich und seine gewaltigen Bauvorhaben in Europa und Vorderasien. Die Bauten der Römer sind allerdings durch putz oder Marmorplatten verkleidet. Von Oberitalien aus gelangte der Backstein um die Mitte des 12. Jahrhunderts in Deutschland zuerst nach Verden und Jerichow. Seine flachen Grünlinge waren hier noch aus Lehm geschnitten. Gebrannt wurde in einfachen Feldbrandöfen. Sonderformen wie zum Beispiel Kapitelle mussten einzeln zugeschnitten oder nach dem Brand mit dem Meißel zugehauen werden.


Wo kein Sandstein zur Verfügung stand, fertigte man aus gebackenen Formsteinen den Zierat der Gotik. Abermillionen von Backsteinen wurden aufeinandergetürmt, zu Ehren Gottes und zu Ehren der eigenen Bürgerschaft: Das ist das Land der Backsteingotik.
Im Bild: Giebel des Rathauses von Stralsund

Um 1200 wurden die Backsteinformate größer und gleichmäßiger. Lehm oder Ton wurde in Holzkästen oder auch Holzrahmen gestrichen. Um die Form des Quadersteins zu variieren, legte man profilierte Hölzer in die Kästen, so dass auch komplizierte Formsteine mit Rundungen entstanden. Denn anders als beim Naturstein, aus dem der Steinmetz Zierrat einzeln mit dem Meißel herausarbeitete, wurde beim Backsteinbau mit vorgefertigten Formsteinen gearbeitet. Sie wurden zu Profilen an Gesimsen oder Rundstäben und zu geometrischen Schmuckfriesen zusammengesetzt.

Die überregional arbeitenden Bauhütten verwendeten auch oft einheitliche Formate für die Ziegel, die vor allem unter dem Begriff Klosterziegel bekannt wurden.

Die Backsteinherstellung erforderte eine hoch entwickelte Produktionstechnik und ein hohes Maß an Organisation. Geeignete Lehm- oder Tonvorkommen mussten erschlossen werden, das Material mit Sand oder Wasser gemischt, gut durchgeknetet und abgelagert werden. Im Winter ließ man das Material durchfrieren, weil es durch die Kälteeinwirkung verfeinert wurde. Riesige Mengen Brennholz mussten beschafft werden, um die Rohlinge schließlich zu brennen.

Wie in den Städten des Südens bestand der Zierrat aus Wimpergen und Rosetten, aus Simsen und Friesen - nur nicht aus Haustein, sondern aus in großen Mengen gefertigten Formsteinen.
Im Bild: Fenster der St. Jacobi-Kirche, Stralsund

Für den Bau der 1276-80 errichteten Hauptburg der Marienburg, südöstlich von Danzig, wurden beispielsweise gut drei Millionen Backsteine verbaut. Acht Öfen waren in Betrieb, in denen bei zwei Bränden pro Jahr jeweils etwa 40 000 Backsteine pro Ofen bei mindestens 800 Grad gebrannt werden konnten.

Backsteine wurden als Massenware produziert. Aber anders als bei der heutigen industriellen Herstellung von Steinen hatte jeder aus Ton gebrannte Backstein sein eigenes Gesicht.

Text © Hansestadt Wismar

Formsteine des 13. und 14. Jahrhunderts
Stralsund, im Dielenhaus Frankengasse 28
Mit Formsteinen wurden zierliche Muster gebildet. Flächen und Linien wurden durch Verwendung dunkel glasierter Ziegel aufgebrochen.
Bild: Klosterruine Eldena

Farbvariationen

Flächen wurden gerne abwechselnd mit schwarzglasierten und unglasierten Ziegeln gemauert, um durch die Farbvariationen die Leere der Fläche zu vermeiden.
Bild: Beinhaus Bad Doberan

     

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