Die prachtvollen Lorcher Chorbücher (1511-1512)
zeugen von der Hoch-und Glanzzeit des klösterlichen
Lebens und Schaffens zu Beginn des 16 Jahrhunderts in
Lorch. Zu ihrer Erstellung versammelte man die besten
Schreiber, Buchmaler und Notenspezialisten aus Süddeutschland,
die die wertvollen Pergamentblätter der drei erhaltenen
Handschriften – ursprünglich waren es fünf – bearbeiteten.
Der Auftrag war so groß, dass man dafür wahrscheinlich
eine eigene Werkstatt in Lorch einrichtete!
In den Bänden wurden alle Gesänge des klösterlichen
Kirchenjahres aufgeschrieben. Heute sind noch drei der
Chorbücher in der Württembergischen Landesbibliothek
in Stuttgart erhalten. Alle drei Chorbücher sind
auf lateinisch geschrieben. Zwei dienten dem Stundengebet.
Aus dem Dritten sangen die Mönche während der
Messgottesdienste.
Bestechend schön: die Illustrationen der Bücher.
Sie bezaubern noch heute durch ihre Lebendigkeit und
durch ihre Farbenpracht. Die Bücher enthalten insgesamt
108 Bildinitialen und Bordürenrahmen, die den Beginn
größerer kirchlicher Feste wie Fronleichnam
oder Pfingsten gestalten, und 63 ornamentale Zierinitialen
am Beginn kleinerer kirchlicher Feste. Besonders realistisch
sind häufig die religiösen Szenen dargestellt,
aber auch Alltägliches aus der Umgebung des Klosters
ist zu sehen.
Auftraggeber der Chorbücher war Abt Sebastian Sitterich
aus Lorch. Er legte die Inhalte fest, wählte die
Künstler aus und sorgte für die Finanzierung
der kostspieligen Werke. Als Stifter und Sponsoren sind
unzählige Personen in den Handschriften aufgezählt.
Allen voran, der Landesherr Herzog Ulrich von Württemberg.
Nur mit ihrer Unterstützung konnte das Kloster die
Kosten zum Beispiel für Pergament und Farben aufbringen.
Dass diese drei Folianten heute noch zu bewundern sind,
ist nicht unbedingt selbstverständlich, denn das
Kloster und damit auch die Bibliothek wurden 1535 aufgelöst.
Die Bände verschwanden. Erst 1587 wurden sie von
zwei ehemaligen Lorcher Mönchen an das nicht reformierte
Benediktinerkloster Neresheim verkauft. Dort blieben
sie bis ins 18. Jahrhundert. Dann wanderten sie als Geschenk
des Abtes von Neresheim nach Stuttgart: an Herzog Carl
Eugen, der ein passionierter Sammler von alten Bibeln
und religiösen Handschriften war. Seitdem werden
sie sorgsam aufbewahrt und gehütet. Sie sind heute
im Besitz der Württembergischen Landesbibliothek:
Die herzogliche Sammlung ist ein bedeutender Grundstock
der heutigen Bibliothek.
Bild: Aus dem Lorcher Chorbuch Cod. mus. fol I 63, S.
151r. Seite zu Fronleichnam:
Am unteren Rand ist eine Fronleichnamsprozession
zu sehen.
Die Chorbücher führen die
notwendigen Gesänge
in der Reihenfolge auf,
wie sie dem Ablauf
des Kirchenjahres entsprechen.
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