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Bauwerke

Merkurtempel

Die Baugeschichte

Der Merkurtempel wurde 1784 als letztes Bauwerk im Schwetzinger Schlossgarten begonnen. Der Gartentheoretiker Hirschfeld berichtet 1785 von einer ägyptische Anlage, einem Monument des Königs Sesostris, in dessen Gewölbe „Begräbnisse und Mumien“ aufgestellt werden sollten. Das erschien plausibel, da tatsächich die ägyptischen Könige der 12. Dynastie Bodenreformen durchführen, Kanäle bauen und damit Land kultivierten. Der Merkurtempel wäre demnach ein dekmal für Änliche Anstrengungen des Kurfürsten. Ein anderer Schrftsteller berichtet allerdings vom Grabmal des Propheten Mohammed, was mitr dem Bezug auf die gegenüber liegende Moschee ebenfalls berechtigt klang.

Eine weitere Quelle ist die Promemoria von 1787. Nach einer Planänderung unterbreitet Pigage dem Kurfürsten den Vorschlag, lediglich eine Ruine zu bauen: Der Merkurtempel ist als Gegenüber zur Moschee gedacht. So gelesen steht die Moschee für das Leben, den Tag, der Merkurtempel für die Nacht und den Tod.

Weitere Bedeutungsebenen eröffnen sich über die Anspielung auf ein aus der Antike überkommenes Turmgrab, danach wäre der Tempel ein Ort der Besinnung, des Nachdenkens über die letzten Dinge. Der Bezug zur Moschee ergibt sich dann aus der Gegenüberstellung: Wer an der Weisheit der Welt Teil hat, braucht den Tod nicht mehr zu fürchten.

Auf Merkur beziehen sich die Wandreliefs aus wetterfestem Stuck an den Außenwänden des Tempels.

Schlossgarten Schwetzingen: MerkurtempelDas Bauwerk
Der Merkurtempel ist auf sechseckigem Grundriss entwickelt und hat vier überwölbte Geschosse. Die Meisterschaft des Architekten Nicolas de Pigage zeigt sich in der Konstruktion der Kuppel über dem obersten Geschoss, dem Belvedere-Geschoss. Die Öffnung in der Kuppel, die den Charakter des Gebäudes als Ruine heraushebt, würde normalerweise die ganze Konstruktion zum Einsturz bringen, da der Schub des Gewölbes nicht aufgefangen würde. Hier wäre ein geschlossener Zugring notwendig. Der Architekt des 18. Jahrunderts jedoch führte an der Basis der Kuppel einen eisernen Ringanker ein und verankerte ihn in den obersten Kämpfersteinen. Damit übernimmt das ganze Obergeschoss des Tempels die Fuktion des Ringankers und ist in der Lage, den Kuppelschub aufzunehmen. Dieser Ringanker wurde erst bei der jüngsten Instandsetzungsmaßnahme vom Architekten der Restaurierung gefunden und im Sinn seines Tragverhaltens saniert.

Die Instandsetzung
Die Sanierung einer gebauten Ruine stellt eine besondere Herausforderung dar. Da die gebauten Ruine während der letzten 200 Jahre gewissermaßen "natürliche" Schäden erlitten hat, stellt sich die Frage nach dem ursprünglichen Zustand der Ruine. Zahlreiche Voruntersuchungen und eine Bestandsaufnahme zusammen mit einer intensiven Archivrecherche führen in vielen Punkten zu eindeutigen Hinweisen auf den bauzeitlichen Zustand. Unter Berücksichtgung von Standfestigkeit und Haltbarkeit wurden nur die Steine repariert oder ersetzt, deren Zustand die Sicherheit des Gebäudes beeinträchtigt hatten.

An einer Weggabelung unmittelbar vor dem Merkurtempel zeigt sich das Geheimnis der Anlage: Gleich, wohin der Besucher seinen Schritt wendet, den Merkurtempel wird er erst nach einem Umweg sehen.

Weggabelung vor dem Merkurtempel

Relief mit Hermes-Szene

Relief mit TierschädelMerkurtempel mit Spiegelung

Der Merkurtempel selbst, errichtet von Nicolas de Pigage, 1787-1792, wurde als Ruine erbaut. Als Totentempel wurde er einem römischen Kuppelgrab nachempfunden und ist damit ein Symbol der Vergänglichkeit. Auf seiner Südseite breitet sich ein Felsengebiet mit dem Zugang zu einer Grotte. Auch diese Felsen, von denen Stücke bis in den Teich gestürzt zu sein scheinen, spielen auf den Charakter als Totenmal an. Die Grotte ist gleichzeitig der Unterbau des Merkurtempels.

Über den Zugängen zum Tempel sind Reliefs angebracht:
Hermes/ Merkur hat den Wächter Argos eingeschläfert, um ihm Io in Gestalt einer Kuh zu rauben.
Darunter: mit Bändern geschmückter Stierschädel als Symbol des Totenkults (über einem der Fenster)

Merkurtempel und Moschee stehen sich am Seitenarm des großen Teichs gegenüber und spiegeln sich in seinem Wasser, je nach dem, wo der Betrachter steht. Er ist in Gänze nur über dese Wasserfläche hinweg zu sehen, in der er sich spiegelt. Nähert sich der Besucher auf dem Landweg, verbirgt er sich dem Blick.

   
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